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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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einen Trenchcoat, und ich befürchte, nichts darunter. Ich kann ihr Parfüm riechen. Chanel. Ganz klar Chanel. Franziska liebt Chanel. Franziska wäre gern eine zweite Coco. Freie Liebe und so, wenn ich das recht in Erinnerung habe. Ich kenne nur den Film mit Audrey Tautou.
    Reiß dich zusammen. Keine Kompromisse. Schmeiß sie raus.
    »Hallo, Mark«, haucht Franziska. Ich muss mich schnell wieder setzen. Sie streichelt mir übers Haar. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Noch sammle ich mich für den Gegenschlag. Franziska setzt sich auf meinen Schoß. Ich öffne die Augen. Sie ist unter ihrem Trenchcoat tatsächlich nackt. Mein Herz rast. Ich bin wie gelähmt. Trotzdem schaffe ich es mit letzter Kraft, mich zu wehren. Ich schubse Franziska von meinem Schoß, springe auf, packe sie am Handgelenk, ziehe sie hinter mir her durch die Praxis. Klack, klack, klack, klack, klack, klack. Ich öffne die Eingangstür und werfe sie raus.
    »Bei dir hackt’s wohl!«, schreie ich. Ich werde sonst nie laut.
    Franziska sieht mich mit einer Mischung aus Verachtung und Verlangen an. »Du gehörst mir«, faucht sie.
    »Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank.«
    Franziska lacht. Es klingt geisteskrank. Sie kommt wieder auf mich zu. Am liebsten würde ich ihr die Tür vor der Nase zuschlagen, aber ich will das jetzt klären. »Verschwinde aus meinem Leben. Ich heirate Luisa. Punkt.«
    »Und was wäre, wenn deiner Luisa etwas zustoßen würde?«
    »Ich, ich …« Ich weiß nicht, was ich sagen soll. »Hau bloß ab, du …«
    »Sonst?«
    »Hole ich die Polizei.«
    »Gut«, sagt Franziska vollkommen aufgeräumt. Als hätte sie mir nie gedroht. Als würden wir uns in Vertragsverhandlungen befinden und nur noch schnell das Kleingedruckte durchgehen. So schafft sie wieder Vertrauen und geht langsam auf mich zu. Klack, klack. Klack, klack.
    Ich weiß nicht, welcher Film, aber auf jeden Fall falscher Film. Franziska streckt ihre Hand aus und berührt mit dem Handrücken meine linke Wange. Sie kommt noch ein Stück näher. Am liebsten würde ich weinen, weil ich nicht mehr weiterweiß. Wie kriege ich das Miststück endlich los? Ich entscheide mich dafür, mich jetzt einfach möglichst passiv zu verhalten.
    »Ich vermisse dich so sehr«, wispert Franziska in mein Ohr. Ich meine, ihre Zungenspitze an meinem Ohrläppchen zu spüren.
    In dem Moment ertönt das Aufzugsignal, die Türen schieben sich zur Seite, Franziska zieht meinen Kopf zu sich, umgreift mit ihren Armen meinen Nacken und schiebt mir ihre Zunge in den Hals.
    »Mark«, flüstert Luisa, ganz leise.
    Franziska lässt von mir ab, dreht sich um, lächelt Luisa an und verschwindet dann im Aufzug. Die Fahrstuhltüren schließen sich.
    »Ich kann dir das erklären.«
    Luisa hat Tränen in den Augen.
    »Es ist nicht, wie es aussieht. Das schwöre ich. Das musst du mir glauben. Luisa, bitte.«
    Luisa
    Nein, natürlich nicht. Es ist nie, wie es aussieht. Oder? Kann man wirklich so viel falsch verstehen, wenn man sieht, wie der eigene Freund mit einer anderen knutscht?
    Mark streckt die Hand nach mir aus und macht einen Schritt auf mich zu. Ich mache einen zurück, Richtung Aufzug. Ich würde gerne irgendetwas sagen, aber dann würde ich losheulen. Mark schaut mich an wie eine teure Vase, die in Scherben liegt, und genauso fühle ich mich auch – nur nicht teuer. Nein, eigentlich sogar ziemlich wertlos. Ich mache kehrt, laufe zur Treppe und renne die vier Stockwerke runter. Die Holzstufen knarzen laut, trotzdem glaube ich, ich höre Mark schluchzen. Aber das kann auch ich selbst sein.
    Während ich zur nächsten U-Bahn-Station marschiere, wähle ich Maries Nummer. Ich bekomme aber keinen klaren Satz raus, es ist ein einziges Gewimmer, in dem die Worte »Mark« und »Idiot« ziemlich oft vorkommen.
    »Luisa, ich verstehe nur die Hälfte. Wo bist du jetzt?«
    »Münchner Freiheit, ungefähr.«
    »Gut. Du steigst jetzt in den Bus und fährst zu mir nach Hause. Ich bin noch im Büro, aber ich gehe jetzt sofort, dann müssten wir gleichzeitig ankommen. Falls du vor mir da bist, kauf schon mal eine Zahnbürste.«
    Zahnbürste. Ja, warum nicht? Ich muss nicht zu Mark zurück. Ich kann bei Marie bleiben.
    Marie ist empört, als ich ihr erzähle, dass mein Freund offenbar wieder in den Sog von Franziska der Grausamen geraten ist. Wir bestellen höllenscharfes thailändisches Essen und malen uns aus, wie wir Franziskas komplette Garderobe und ihr Auto in Brand stecken und Mark an den Füßen am

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