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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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vordergründig normales Leben führen. Sie konnte soziale Kontakte aufbauen, einem geregelten Beruf nachgehen und sich einigermaßen zusammenreißen.«
    »Du lügst. Wieso hätte Mark sich in eine Frau verlieben sollen, die völlig durchgedreht ist?«
    »Wie gesagt, man hat es dann nicht mehr so gemerkt. Ich habe ihm zwar gesagt, dass er die Finger von ihr lassen soll, aber ich konnte ihm schlecht ihre Krankenakte vorlegen. Am Anfang dachte ich, das wird eh nur eine kurze Geschichte mit den beiden. Und später hat er nicht mehr auf mich gehört. Er war total verknallt in sie.«
    »Und dann hat sie ihn verlassen.«
    »Ja. Aber vorher hat sie mich verlassen. Also, ich meine, sie hat die Therapie abgebrochen. Sie meinte, sie käme jetzt selbst klar, außerdem würde sie jetzt Yoga machen, das gäbe ihr mentalen Auftrieb. Als könnte Yoga eine Therapie ersetzen«, sagt Barnie verächtlich und rümpft die Nase. »Es klappte eine Weile tatsächlich. Die Beziehung mit Mark hat ihr Halt gegeben. Aber dann ging es wieder los mit ihrer Sucht nach Aufmerksamkeit. Sie hat mit anderen Männern geschlafen, das weißt du ja. Wahrscheinlich hat Mark nur von einem Bruchteil der Affären erfahren. Diese Typen hat sie nicht einfach nur kennengelernt und flachgelegt, sie hat sie systematisch verfolgt und eingewickelt.«
    »Aha.«
    »Ich weiß, das klingt alles ziemlich unglaubwürdig. Aber es ist die Wahrheit.«
    Überfordert verschränke ich die Arme vor der Brust. So gut kann Barnie doch gar nicht schauspielern. Oder?
    »Warum ist Franziska jetzt wieder hier?«
    »Das weiß ich nicht. Zufall, nehme ich an. Aber das mit Mark ist kein Zufall. Er steht auf ihrer Liste, weil er überhaupt nicht mehr an ihr interessiert ist. Er heiratet eine andere, das reizt sie am meisten.«
    »Barnie, erzähl mir keinen Quatsch! Ich habe die beiden beim Knutschen gesehen. Er wirkte höchst interessiert!«
    »Ich weiß nicht genau, was du gesehen hast, aber bist du sicher, dass diese Situation nicht ohne Marks Zutun entstanden ist? Solche Sachen sind genau ihr Ding. Als Siebzehnjährige hat sie der Frau ihres Deutschlehrers Nacktfotos von sich geschickt und es so hingestellt, als hätte er sie um die Bilder gebeten.«
    »Sorry, aber das klingt mir ein bisschen zu abgefahren. Ich meine, du könntest mir alles erzählen, ich kann das überhaupt nicht nachprüfen.«
    Barnie seufzt tief. Dann greift er in seine Aktentasche, zieht einen blauen Ordner heraus und schiebt ihn mir über den Tisch.
    »Doch, das kannst du.«
    Ich schlage den Ordner auf. Schon das erste Schriftstück sieht äußerst vertraulich aus. Es ist eine Diagnose der Klinik, in deren Psychiatrie Franziska mehrere Monate verbrachte. Die ganzen psychologischen Fachtermini sagen mir nichts, aber angehängt sind die Erkenntnisse aus ihrer Gesprächstherapie, seitenweise. Barnie hat die Wahrheit gesagt. Da findet sich die Geschichte mit den Nacktfotos, die mit dem Huhn und noch einige andere. Offenbar hat sie Mark noch die dezenteste Behandlung angedeihen lassen. Ihr Arzt empfahl in einem Gutachten, sie mehrmals wöchentlich psychotherapeutisch zu behandeln, da ein Rückfall sonst wahrscheinlich wäre. Ich lasse den Ordner sinken und schaue Barnie an.
    »Wenn du das Mark damals nicht gezeigt hast – wieso zeigst du es mir jetzt?«
    »Weil sie jetzt dabei ist, etwas zu zerstören.«
    »Das hat sie damals mit Mark doch auch getan.«
    »Ich sage ja, es war dann einfach zu spät. Ich habe die Klappe gehalten. Diesen Fehler will ich nicht noch einmal machen.«
    Ich stehe auf und stelle die Blumen in eine Vase. Währenddessen wandern meine Gedanken. Drei Tage lang war ich der Meinung, Mark habe mich beschissen. Jetzt sieht es aus, als wäre Mark reingelegt worden.
    »Wo ist er?«
    »Vor der Tür. Er wartet im Auto auf mich.«
    »Ich gehe zu ihm. Du bleibst hier«, entscheide ich.
    »Was, wieso denn?«
    »Du wirst jetzt Marie erklären, was los ist. Dabei kannst du sie gleich um Entschuldigung bitten. Der Trauzeuge und die Brautjungfer sollten friedlich miteinander umgehen.«
    »Heißt das, die Hochzeit findet statt?«, fragt Barnie zaghaft.
    »Mal sehen.«
    Auf der Straße finde ich Mark in Barnies Auto. Er sieht erschrocken aus, als er mich statt Barnie aus der Tür kommen sieht. Ich gehe zur Fahrertür, öffne sie und steige ein.
    »Luisa«, sagt Mark leise.
    »Stimmt das, was Barnie mir gesagt hat?«
    »Jedes Wort.«
    »Okay. Dann erzähl mir jetzt bitte deine Version dieser Szene im Flur. Ich werde

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