Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer ist Martha? (German Edition)

Wer ist Martha? (German Edition)

Titel: Wer ist Martha? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjana Gaponenko
Vom Netzwerk:
Fremden gehört. So wie Sie es wollten.« Lewadskis Kinn nickt und legt sich als welkes Blatt auf einen zugeschneiten Teich. Unter seinem Hemd wird es Frühling. »Sie wissen alles selbst ...«
    »Ein Kosmonautencocktail für die Dame.«
    »Wie hübsch, sogar mit einer gezuckerten Zitronenscheibe ... ein Saturnring!«, entzückt sich das Weißgesicht.
    »Eine Ausländerin«, meint Herr Witzturn.
    »Wie wir alle«, flüstert Lewadski.
    »Ich schreibe an einem Buch über einen alten Mann«, erzählt die junge Dame mit dem Kosmonautencocktail dem Barmann. »Ein einsamer alter Mann kehrt zurück in die Stadt seiner Kindheit, um dort zu sterben, so dass sich der Kreis schließt.«
    »Das hört sich nach einer spannenden Geschichte an«, sagt der Barmann mit frostiger Miene.
    »Hier in dieser Bar«, erzählt die bleiche Kosmonautin, »verprasst mein Held sein Vermögen, alles, was er hat. Darum muss ich alle Cocktails durchprobieren, die ein betagter Herr bestellen würde, zum Beispiel Cocktails, die in seiner Jugend populär waren.«
    »Erlauben Sie mir eine Bemerkung«, sagt der Barmann. »Ein alter Herr würde eher an einem Tisch da drüben am Fenster sitzen oder ganz nah am Klavier. Die Theke wäre kein Platz für ihn.«
    »Eine Ausländerin«, hört Lewadski Herrn Witzturn murmeln. »Und immer noch kein Strom.« Ob ich meine Augen geschlossen oder geöffnet halte, ist an sich nebensächlich, denkt Lewadski, es geht mir gut. Es geht mir gut. Gut ...
    »Es kommt darauf an, wie alt Ihr Romanheld ist. So ein Kosmonautencocktail zum Beispiel wurde in den sechziger Jahren gern getrunken.« Der Barmann scheint aus einer Millésimé-Champagner-Flasche zu sprechen.
    »Ich nehme an«, tönt die junge Dame aus einer Finlandia-Flasche, »dass mein Landsmann Gagarin zum Cocktailnamen beigetragen hat.«
    »Der erste Mensch im Weltraum«, hallt es aus dem gläsernen Versteck der Barmanns.
    »Sie kommt aus der Sowjetunion«, knurrt Herr Witzturn Lewadski ins Ohr, so dass dessen Lider flackern.
    »Ich weiß nicht«, sagt die Russin, »ob er wirklich der erste Mensch im Weltraum war.«
    Die Sowjetunion gibt es nicht mehr, will Lewadski zu Herrn Witzturn sagen, doch um dies zu tun, müsste er die Augen öffnen. Oder den Mund. Das Lachen des Barmanns klingt wie zerplatzende Kohlensäureperlen.
    »Vor ihrem Landsmann war doch niemand da oben.« Lewadski stellt sich vor, wie ein Auge des Barmanns den Flaschenhals hochschwimmt.
    »Ich weiß nicht«, wiederholt die Kosmonautin hartnäckig, »ob Gagarin der erste Mensch im Weltall war. Vielleicht waren andere Wesen lange vor ihm da. Zum Beispiel als sie beschlossen haben, unsere Erde aus bestimmten Gründen zu verlassen.«
    »Aus welchen Gründen?«, will der Barmann wissen.
    »Um den Affen eine Chance zu geben, würde ich sagen.«
    »Klug, sehr klug«, amüsiert sich der Barmann, »vielleicht sollten diese Affen dem Beispiel der ersten wahren Kosmonauten folgen und den Tieren eine Chance geben?«
    »Ich plädiere für die Pferde«, sagt die Russin. Bevor wir alle zum Mars fliegen, sollten wir die Pferde ins rechte Licht rücken.« Der Barmann findet Hunde spannender. Mögen die Hunde herrschen!
    »Die meisten sind überzüchtet«, wendet die Russin ein, »und außerdem ist der Hund ein halber Mensch. Zu verdorben. Wölfe wären besser, denn sie sind ...«, die Russin denkt nach, »die Affen der Hundewelt.«
    »Mögen die Wölfe unsere Städte besiedeln«, jubelt der Barmann, »unsere Autos fahren! Mögen ...«
    »Ein klar denkender Wolf würde seine Pfoten von unserer Zivilisation lassen«, unterbricht ihn Herr Witzturn. Der Barmann legt die Hand auf den Schüttelbecher, der sofort beschlägt, und verharrt so mit eingezogenen Lippen. Ein Parfümschleier weht Lewadski ins Gesicht.
    »Ein dichter Wald mit Efeu, Farnen und Moosen selbstverständlich«, antwortet die Russin, »das wäre eine Wolfszivilisation.« Herr Witzturn lacht.
    »Der Wald liegt im Sterben! Ich fürchte, dass Ihr Wolf doch lernen muss, unsere Autos zu fahren.«
    »Er wird es nicht unter Folter tun«, kontert die Russin, »er wird sein Geschäft so lange auf die ausgedörrte Erde verrichten, bis ein prächtiger Waldteppich sie bedeckt, und wenn es ihn sein Wolfsleben kostet!«
    Eine wahre Dichterin, denkt Lewadski.
    »Gimlet, Hot Toddy, Americano, Mai Tai ...«, zischt der Barmann, als wäre er in wildem Hass auf die Cocktails entflammt. »Bourbon Highball, Harvey Wallbanger, Sours, White und Black Russian, um es auf den

Weitere Kostenlose Bücher