Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen
laut, als dass sie jemand hören könnte, und sie würgte das Gespräch ab.
» Ich hab Besseres zu tun. « Sie stand von der Bank auf.
Der Mann an der Mülltonne torkelte auf sie zu. » Du darfst ihn auch für ihn halten. «
Als Lucy die Alkoholfahne der beiden roch, wuchs ihr Unbehagen, aber Viper hielt nichts davon, Angst zu zeigen. » So was Winziges könnte ich gar nicht finden. «
Die beiden Männer brachen in johlendes Gelächter aus. Obwohl Lucy nun die Knie zitterten, war sie begeistert von ihrer Coolness. Dieser Sommer war doch nicht vergeudet gewesen. Nur dass ihr geistreicher Spruch die Tür zu einer Freundschaft aufgestoßen hatte, die sie nicht wollte – die zwei kamen ihr nun nämlich bedrohlich nahe.
» Du gefällst mir « , sagte der Bärtige.
» Komm mit, wir gehen rein und saufen einen zusammen « , lud sein Kumpel sie ein.
Sie schluckte. » Sicher. Gehen wir. «
Aber die beiden rührten sich nicht vom Fleck. Lucy wurde von ihren Ausdünstungen übel.
» Haste ’nen Macker? « Der Bärtige kratzte sich am Bauch, wie Panda es früher getan hatte, nur dass das hier echt war.
» ’nen weiblichen Macker « , erwiderte sie. » Ich steh nicht auf Jungs. «
Sie fand, das war ein kluger Schachzug, aber der Blick, den die beiden wechselten, war nicht ermutigend, und der Bärtige zog sie mit den Augen förmlich aus.
» Du hast eben nur noch nicht den Richtigen gefunden. Stimmt’s, Wade? «
» Klar doch, als hätte ich das nicht schon oft gehört. « Sie brachte ein spöttisches Grinsen zustande.
Ein Zaun versperrte den Zugang auf die andere Seite des Gebäudes, also würde sie an den beiden vorbeischlüpfen müssen, um zurück zum Parkplatz zu gelangen. Lucy hatte sich auf der Insel immer sicher gefühlt, aber nun fühlte sie sich nicht mehr sicher, und ihr Viper-Gesicht entglitt ihr allmählich.
» Lasst uns was trinken gehen « , sagte sie.
» Nicht so eilig. « Der Kerl namens Wade fasste sich an den Schritt. » Scottie, geh pinkeln. «
» Geht nicht. Ich hab ’nen Ständer. «
Ihr Gestank ließ Lucy würgen. Ihr Herz begann zu rasen. » Ich brauch einen Drink « , sagte sie rasch. » Ihr könnt mitkommen oder hier draußen bleiben. «
Aber als sie versuchte, an ihnen vorbeizukommen, hielt Wade ihren Arm fest. » Mir gefällt es hier draußen. « Er packte so fest zu, dass es wehtat. » Bist du wirklich eine Lesbe? «
» Lass mich in Ruhe. « Ihre Stimme klang plötzlich schrill, ihre ganze Coolness war verschwunden.
Ein Mann platzte dazwischen. Ein Ritter in glänzender Rüstung. Er stand an der Ecke des Gebäudes und sah zu ihnen. » Alles okay da hinten? « , rief er.
» Nein! « , schrie sie.
» Die Perle hier ist hackedicht « , rief Wade zurück. » Hör nicht auf sie. « Er umfasste Lucys Hinterkopf und drückte ihr Gesicht in sein stinkendes T-Shirt, sodass sie nicht mehr schreien konnte.
Es stellte sich heraus, dass ihr Ritter in schimmernder Rüstung gar kein Ritter war, sondern nur mal wieder einer der vielen Typen, die nicht in unangenehme Situationen hineingezogen werden wollten.
» Na schön. « Lucy hörte sich entfernende Schritte.
Sie hatte keinen Panda, der sie beschützte, keinen Secret Service.
Überleg dir gut, was du willst.
Der Druck auf ihren Hinterkopf gegen seine Brust ließ nicht nach. Sie konnte nicht schreien. Konnte kaum atmen. Sie war auf sich allein gestellt.
Lucy fing an, sich zu wehren. Stemmte sich gegen ihn, wand sich, erreichte nichts. Sie versuchte, nach Luft zu schnappen, zog aber den Kürzeren. Je mehr sie kämpfte, desto stärker wurde sein Griff. Sie kämpfte härter. Holte mit dem Fuß aus. Die harte Schuhspitze traf.
» Miststück! Schnapp dir ihre Beine. «
Ihr Kopf war plötzlich frei, aber als sie zu schreien begann, hielt Scottie ihr eine Hand auf den Mund. Wade packte ihre Beine, ihre Schuhe plumpsten herunter. Sie stieß einen stummen Schrei aus, der ihr überhaupt nichts nutzte.
» Wohin mit ihr? «
» Dort drüben, hinter die Bäume. «
» Ich bin als Erster dran. «
» Idiot. Ich hab sie zuerst gesehen. «
Sie würden sie vergewaltigen. Sie schleppten sie weg. Scottie, der Typ, der ihr mit einer Hand den Mund zuhielt, umklammerte mit der anderen ihren Hals und schnürte ihr dabei die Luft ab. Sie krallte sich an seinem Arm fest, bohrte die Fingernägel hinein, aber der brutale Druck auf ihre Luftröhre ließ nicht nach. Sie trugen sie in den Schutz der Bäume. Der Griff um einen ihrer Fußknöchel lockerte sich.
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