Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen

Titel: Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips

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Muskel in ihrem Körper.
    Die letzten paar Tage hatte sie von der Morgendämmerung bis zum Einbruch der Dunkelheit draußen verbracht, um die Bienenstöcke für den Sommer vorzubereiten. Sie orientierte sich an den Empfehlungen in den Büchern. Vorsichtig entfernte sie Rahmen, sah nach den Königinnen, ersetzte die alten Brutwaben durch neue und stellte ein paar neue Stöcke auf. Sie reinigte das Bienenhaus von oben bis unten und wischte den Staub von Hunderten von Gläsern, die mit der Ernte des letzten Sommers gefüllt waren. Als sie fertig war, klebte sie Myras Etiketten auf.
    Schleuderhonig
    Charity Island, Michigan
    Bree hatte früher davon geträumt, Malerin zu werden. Das Karussell auf den Etiketten stammte von einem Aquarell, das sie gemalt hatte, als sie sechzehn war, ein Geburtstagsgeschenk für Myra. Myra gefiel das Bild so gut, dass sie Bree gefragt hatte, ob sie das Motiv für ihre Etiketten verwenden dürfe.
    Bree trocknete sich ab, rubbelte sanft über die vielen Bienenstiche, von denen die älteren juckten wie verrückt. An diesem Tag war sie nur einmal gestochen worden. Es war ein schönes Gefühl, auf etwas stolz zu sein.
    Sie entdeckte Toby im Wohnzimmer, ausgestreckt auf der Couch, wo er mit seinem Nintendo DS spielte, den sie ihm als Geschenk mitgebracht hatte. Das Zimmer hatte sich nur wenig verändert im Laufe der Jahre. Pfirsichfarbene Wände, ein hell- und dunkelblau geblümter Teppich, dicke Polstermöbel und zwei Siamkatzen aus Porzellan rechts und links auf dem Kaminsims. Star und sie hatten sie Beavis und Butt-Head getauft.
    Es war fast elf. Toby sollte schon im Bett liegen, aber wenn sie etwas sagte, würde er so tun, als hörte er sie nicht. Sie hob seine Cornflakes-Schüssel auf.
    » Ich werde morgen den Straßenstand aufmachen. « Es klang mehr wie eine Frage als eine Feststellung.
    » Es wird keiner anhalten « , erwiderte er, ohne von seinem Spiel aufzusehen.
    » Wir sind hier direkt an der Hauptstraße zum Südstrand. Hier ist ständig Verkehr. Wenn wir den Stand ein wenig herrichten, denke ich, dass er den Leuten auffallen wird. « Sie hatte keine Ahnung, ob das so sein würde oder nicht. » Ich brauche dafür deine Hilfe. Darum solltest du jetzt besser ins Bett gehen. «
    Er rührte sich nicht.
    Sie musste entschlossener auftreten, aber sie wusste nicht, wie, also flüchtete sie in die Küche. Sie hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, und obwohl sie keinen Hunger hatte, zwang sie sich, den Kühlschrank zu öffnen. Die Fächer enthielten nur Milch und Aufschnitt. Sie schob die Tür wieder zu und warf einen Blick in die Speisekammer, wo Dosennahrung, Cornflakes, Nudeln und Bohnen lagerten. Nichts machte sie an. Nichts außer …
    Das einzelne Honigglas, das sie mit ins Haus genommen hatte, stand auf der Anrichte. Der Honig hatte im Sonnenlicht die Farbe von goldenem Bernstein gehabt, nun, im künstlichen Licht der Küche, wirkte er dunkel wie Ahornsirup. Bree nahm das Glas in die Hand und musterte das fantasievolle Etikett mit dem Karussell. Schließlich drehte sie den Deckel. Mit einem leisen Plopp ging er auf.
    Sie tauchte die Spitze ihres Zeigefingers in den Honig. Schloss die Augen. Führte den Finger an die Lippen.
    All die Sommer in ihrer Kindheit strömten auf sie ein. Sie schmeckte eine schwache Note von Kirschblüten, eine Prise Löwenzahn, Klee und Erdbeere, einen Hauch Geißblatt und eine Spur Sauerbaum, alle Aromen frisch und sauber wie ein Junimorgen. Sie tauchte den Finger ein zweites Mal hinein und schmeckte die länger werdenden Sommertage, wenn die Bienen von den Lavendelblüten und Brombeersträuchern angezogen wurden und das Aroma noch einmal veränderten. Dann kam der August, wenn der Sommer sich dem Ende neigte und der Honig kräftig wurde – Distel, Salbei und Alfalfa.
    Im Nu verflog ihre Müdigkeit, und einen Moment lang kam es ihr vor, als würden sämtliche Geheimnisse des Lebens an ihrem Finger kleben.
    Am nächsten Morgen bekam Bree Toby nicht aus dem Bett, also machte sie sich allein an die Arbeit. Ihre Arme taten weh, als sie die alte Schubkarre mit Pinseln, Rollen, Lumpen und Lackdosen belud, die sie im Lagerschuppen entdeckt hatte. Unbeholfen manövrierte sie die Karre durch die Einfahrt. Der Straßenstand, grau und verwittert, befand sich im Schatten einer hundertjährigen Eiche. Ein Schrägdach und ein Bretterboden stützten die drei Wände, unter der Holztheke waren zwei morsche Regalbretter befestigt. Ohne den kleinen Verschlag für