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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Uhr?«
    »Kurz vor Mitternacht. Komm, wenn du kannst.«
    Sie wollte sicher sein, daß keine Einzelheit dieser wichtigen Verabredung übersehen wurde, und fragte: »Weißt du, wo das Haus meines Onkels steht?«
    Die Absurdität der Frage wurde ihr sofort bewußt. Jai sah sie verblüfft an. Dann lachte er leise, verschränkte die Hände, damit sie einfacher aufsitzen konnte, und sagte: »Wer kennt in Kalkutta nicht das Haus von Sir Joshua Templewood?« Als sie im Sattel saß und er den Gurt noch einmal nachgezogen hatte, veränderte sich seine Stimmung bereits wieder. Er streichelte gedankenverloren Jasmines Hals. Seine perlgrauen Augen verloren ihren Glanz, wandten sich von Olivia ab und richteten sich in die Ferne. Wenn sein angespannter Gesichtsausdruck etwas verriet, dann war es Trauer. »Du verdienst etwas sehr viel Besseres, als ich dir geben kann, Olivia. Ich wünschte …«
    »Nicht!« Sie beugte sich hinunter und legte ihm den Finger auf die Lippen. »Wünsche dir nichts. Es bringt Unglück. Laß geschehen, was geschehen wird. Ich kann es ertragen.«
    Er murmelte etwas und ging zu Shaitan. Erst als Olivia schon halb zu Hause war, drangen seine leisen Worte in ihr Bewußtsein. »Ich bete darum, daß ich es auch ertragen kann.«
    Im Augenblick verstand sie es nicht – im Augenblick nicht.
    *
    Dassera -Tag!
    Am nächsten Abend würden die Versenkungen beginnen. Zahllose wunderschöne Bildnisse der zehnarmigen Göttin – Olivia hatte gesehen, wie sie in Kumartuli hingebungsvoll gemacht worden waren – würden zum Hooghly gebracht werden, den man den ›Ganges‹ von Bengalen nannte, und der heilig war, um sie in seinem Wasser zu versenken. Heute, am zehnten Tag der Feierlichkeiten, würde man Durga ehren. Es wurde gefeiert, getanzt und gesungen. Man überreichte Geschenke, trug neue Kleider, verteilte Mandeln und aß Berge von Süßigkeiten. Selbst die Stadt der Weißen hallte wider vom ausgelassenen Treiben der dort lebenden Inder – Trommeln wurden geschlagen. Man hörte Zymbeln, Gesang, klingelnde Glöckchen und das helle Lachen von Kindern. Im Haus der Templewoods hatten die vielen Dienstboten in ihrem Wohnbereich einen Altar mit dem Bildnis der Durga errichtet.
    »Oh, dieser Lärm, dieser Lärm !« Lady Bridget hielt sich schaudernd die Ohren zu. »Ich wünschte, sie würden uns mit ihren schrecklichen heidnischen Ritualen verschonen. Warum müssen wir alle darunter leiden?«
    »Das Fest ist doch nur einmal im Jahr, Tante Bridget«, tröstete sie Olivia. »Für sie ist es ein großes Ereignis, und es bedeutet ihnen so viel!«
    »Gott sei Dank ist es nur einmal im Jahr! Aber wenn es nicht dieses Fest ist, dann feiern sie ein anderes. Ein Wunder, daß wir nicht schon alle taub sind.«
    Für das Personal war es ein Feiertag, aber Sir Joshua und Arthur Ransome waren sehr geschäftig. Sie besuchten, wie es am glücksbringenden Dassera-Tag Sitte war, alle ihre hinduistischen Lieferanten, Agenten, Händler und Geschäftspartner. Im Austausch brachten Diener der reichen indischen Geschäftspartner schon am frühen Morgen Obstkörbe und Süßigkeiten. Estelle war wie üblich nicht zu Hause, und Olivia verzog sich mit einem Buch in den Garten, denn Tante Bridgets Klagen gingen ihr allmählich auf die Nerven. Sie wollte in aller Ruhe – wenn man dieses Wort angesichts der fiebernden Ungeduld, mit der sie den nächsten Abend erwartete, gebrauchen konnte – Sturmhöhe lesen, das Cousine Maude Tante Bridget geschickt hatte. Cousine Maude schrieb, der Roman sei in London eine literarische Sensation. Die mitreißende Liebesgeschichte hatte eine unbekannte Jungfer mit dem Namen Emily Brontë geschrieben. Sie war die Tochter eines Pfarrers aus Yorkshire und lebte in weltfremder Abgeschiedenheit. Olivias Wahl der Lektüre erwies sich als richtig. Das Buch war so spannend und bewegend, von einer solchen Schönheit und Leidenschaft, daß sie es nicht aus der Hand legen konnte.
    Sie saß unter dem breiten Ashoka -Baum, an dessen Ast sie die schöne blaue Vanda-Orchidee gebunden hatte. Die lavendelfarbenen Blüten inmitten der glänzenden, flaschengrünen Blätter erinnerten sie an Jai. Plötzlich näherte sich ihr vom Küchengarten Babulal. Er faltete zur Begrüßung scheu die Hände und legte ihr eine Ringelblume vor die Füße. Dann fragte er zögernd, ob die Missy Mem ihnen vielleicht die große Ehre erweisen würde, nach dem Abendessen an ihren Feierlichkeiten teilzunehmen.
    Olivia war von dieser einfachen,

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