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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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er sich am Abend wieder zu ihr. Aber diesmal zitterte er vor Ehrfurcht und Rücksicht. Für Olivia wurde es wieder eine schreckliche Folter, aber er war dankbar selbst für die kleinste Gnade, und sie ertrug seine ungeschickten Zärtlichkeiten, die stammelnden Liebesbeteuerungen und sein Flehen um ihre Zuneigung mit reiner Willenskraft. Olivia bekämpfte die Übelkeit und erlaubte sich nur den einen Gedanken: Ein Geschäft ist ein Geschäft. Der Preis muß bezahlt werden. Freddie hatte seinen Teil des Abkommens erfüllt, und auch sie würde sich an die Spielregeln halten.
    *
    Olivia haßte Madras.
    Madras liegt nur zehn Grad nördlich des Äquators, und im Gegensatz zu Kalkutta gibt es dort keinen Winter. Es ist das ganze Jahr über feucht und heiß. Die schwüle Atmosphäre saugte wie ein trockener Schwamm ihre Energie auf. Sie wohnten in einem sauberen, kleinen, weißgetünchten Bungalow. Er gehörte Freunden, die auf Reisen waren. Und wie alle Häuser der Europäer war er bequem eingerichtet, und es gab viel Personal. Wenn man morgens früh genug die Bambusjalousien herabließ, blieb es in den Zimmern tagsüber einigermaßen erträglich kühl. Aber für Olivia wurde Madras ein Ort, mit dem sich schrecklichste Übelkeit verband. Der Brechreiz ließ sie nicht mehr aus seinen Klauen. Inzwischen konnte sie keinen Bissen mehr bei sich behalten. Manchmal mußte sie sich stundenlang völlig entkräftet hinlegen. Sie hatte das Gefühl, ohne Freddies zuverlässige Hingabe und Verständnis wäre sie verrückt geworden.
    Ein Poloturnier war der Anlaß gewesen, daß Madras zum Ort der Flitterwochen wurde. Es fand im Militärstützpunkt Fort St. George statt. Freddie freute sich ungemein auf die bevorstehenden Spiele.
    »Kommst du heute nachmittag«, fragte er schüchtern zwei Tage nach ihrer Ankunft, »und siehst dir das Spiel an?«
    Schaudernd preßte Olivia ein Taschentuch an den Mund und wartete darauf, daß das Würgen nachließ. »Ich werde es nicht durchhalten, Freddie. Und wenn mir übel wird, dann bringe ich dich nur in eine peinliche Situation.«
    »Oh.« Er wirkte schrecklich enttäuscht. »Wie lange dauert diese, äh … Krankheit noch?« fragte er errötend.
    »Etwa einen Monat, denke ich.« Olivia schämte sich plötzlich. Er verlangte so wenig von ihr und hatte kaum je eine Bitte geäußert. Sie seufzte und sagte dann: »Wenn ich mich den Vormittag über hinlege, habe ich mich bis nachmittags vielleicht soweit erholt, daß ich das Spiel durchhalte. Ich habe dich noch nie Polo spielen sehen und möchte mir diese Gelegenheit doch nicht entgehen lassen.«
    Wenn sie ihm den Mond überreicht hätte, wäre er nicht glücklicher gewesen. »Wunderbar! Wunderbar! Die Leute wollen dich alle kennenlernen, besonders natürlich die Damen. Also nach dem Spiel würde ich sie alle gerne zum Essen und vielleicht einem Glas Bier einladen.« Er wich ihrem Blick aus und fragte dann: »Kannst du hier etwas vorbereiten, oder sollen wir im Fort bleiben?«
    Das war eine solche Kleinigkeit, und sie brachte es nicht über sich, ihm das abzuschlagen. »Natürlich kann ich hier etwas vorbereiten. Die Dienstboten sind in Ordnung. Ich muß nur die Anweisungen geben.«
    Überglücklich schloß er sie stürmisch in die Arme. »Mein Gott, ich möchte, daß alle, daß die ganze Welt sieht, wie glücklich ich bin, und daß ich die beste aller Frauen gewählt habe.«
    Olivia hätte am liebsten geweint.
    Will er mich – oder sich davon überzeugen?
    Das jungverheiratete Paar stand bei den ›Schreibtischhengsten‹ in Madras gesellschaftlich ebenso hoch im Kurs wie bei den ›Wühlmäusen‹ in Kalkutta und wurde von den Engländern entsprechend behandelt. Bei dem Spiel am Nachmittag gab sich Olivia Freddie zuliebe alle Mühe, aber die Unterhaltung langweilte sie zu Tode. Die Damen schmeichelten ihr und äußerten nur Liebenswürdiges, aber Olivia wußte, insgeheim hielt man sie für ein gerissenes geldgieriges Aas, das sich den Birkhurst-Erben mit amerikanischer Unverfrorenheit geangelt hatte. Die Männer waren wie üblich etwas nachsichtiger. Der Charme und die Intelligenz der neuen Mrs.Birkhurst schienen sie sogar zu bezaubern. Hinter dem Rücken ihrer Frauen und Töchter waren sie sich darüber einig, sie sei viel zu gut für den dummen Birkhurst. Aber dann fragten sie sich: Wer wäre das genaugenommen nicht gewesen?
    Freddie kümmerte es nicht, daß seine entzückende Frau ihn in Gesellschaft ausstach, und freute sich über ihren Erfolg.

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