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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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verrückten Impuls heraus ging Olivia durch das Gedränge auf ihn zu. Moitra sah sie sofort, brach erstaunt mitten im Satz ab und verbeugte sich tief vor ihr.
    »Bitte, treten Sie auf diese Seite, Madam!« Er eilte auf sie zu und führte sie mit der in Bengalen traditionellen steifen Höflichkeit Frauen gegenüber an einen etwas ruhigeren Platz. »Die Kulis sind rücksichtslos und haben keine Manieren«, erklärte er schnell.
    Olivia wußte nicht, was sie eigentlich hier wollte, aber aus einem unbestimmten und unerklärlichen Drang heraus lächelte sie und ließ ihn gewähren. »Danke, Mr.Moitra. Wie ich sehe, ist heute eines Ihrer Schiffe eingelaufen«, sagte sie freundlich und mit klopfendem Herzen.
    »O ja, Madam.« Er hob stolz die Brust. »Es kommt aus Boston, Ihrem Boston«, fügte er hinzu, als gäbe es unzählige Bostons. »Es bringt Baumwolle, Gin und Tabak.« Olivias schmeichelhaftes Interesse machte ihn kühn, und er schimpfte über die Zollbeamten, von denen er dieselbe Meinung hatte wie Donaldson, die er aber in manierlicheren Ausdrücken äußerte.
    »Moment mal«, murmelte Olivia, nachdem Moitra gesagt hatte, was er sagen wollte, »das ist doch ein Klipper, nicht wahr?«
    Er warf sich noch mehr in die Brust. »Ja, o ja. Nur Trident hat in indischen Häfen amerikanische Klipper liegen.«
    »Natürlich.« Ihr Herz schlug noch heftiger. »Und das Schiff heißt … Ganga, wenn ich mich nicht irre?« Um nicht ohnmächtig zu werden, klammerte sie sich an das Eisengeländer in ihrem Rücken.
    »Nein, die Ganga ist das Schwesterschiff. Das ist die Jamuna.« Er lachte. »Wir haben mehrere amerikanische Klipper, Madam Birkhurst. Wie sich Madam vielleicht erinnern, ist die Ganga ein Dampfschiff. Sie liegt noch in New York.«
    »Und der Besitzer …?« Olivia vergaß alle Vorsicht und wurde in ihrer Angst tollkühn.
    »Ist ebenfalls dort. Der Sarkar – das heißt mein Herr – bleibt bei dem Schiff, glaube ich.« Er klopfte auf ein dickes Bündel mit Briefen, die er in der Hand hielt. »Unser abgepackter Tee verkauft sich in New York ganz ausgezeichnet.«
    Olivias Blick richtete sich auf die Briefe, und einen verrückten Augenblick lang glaubte sie, der Versuchung nicht widerstehen zu können, ihm die Briefe zu entreißen, sie auf der Stelle zu öffnen und zu lesen. Dann rief sie sich energisch zur Ordnung, unterdrückte den absurden Impuls und gewann ihre Ruhe wieder. Sie erinnerte sich daran, daß Jai Raventhorne ihretwegen ebensogut auf dem Grund des Hudson River liegen könnte. »Ach ja!« Ihre Stimme klang eisig, und sie bestrafte Moitra für die eigene Unvernunft. »Ich freue mich, daß Trident Stärke bei den Starken sucht, Mr.Moitra, aber Sie können von mir wohl kaum erwarten, daß ich mich mit Ihnen darüber freue.« Mit einem kalten Lächeln ließ sie ihn stehen.
    Sie ärgerte sich zwar über das sinnlose Gespräch, tröstete sich aber mit der gewonnenen Gewißheit, daß nicht einmal Ranjan Moitra, der vertraute Stellvertreter seines Herrn, etwas von Estelles Anwesenheit an Bord der Ganga wußte. Von einem rein egoistischen Standpunkt aus gesehen, war das eine gute Nachricht. Wenn man klug genug war, konnte man offenbar selbst in einem Dorf wie Kalkutta ein Geheimnis wahren!
    *
    Früh am nächsten Morgen, als Olivia sich bereits auf den Weg zu Farrowsham machen wollte, meldete man ihr einen Besucher. Der Visitenkarte nach, die ihr der Diener reichte, handelte es sich um Kapitän Mathieson Z. Tucker, Kapitän der Maid of Galveston, einem Schiff der Lone Star Linie, das aus Houston kam. Wie er auf der Karte vermerkt hatte, brachte er Geschenke und Nachrichten für sie von Mr.Sean O’Rourke.
    Außer sich vor Freude eilte Olivia die Treppe hinunter, um Kapitän Tucker zu begrüßen. »Wie freundlich von Ihnen, persönlich vorbeizukommen!« Sie nahm seine riesige Hand und ließ sie nicht mehr los. »Habe ich richtig verstanden, Sie haben meinen Vater gesehen und ihn gesprochen?«
    »Aber ja, Madam. Und noch mehr als das, Mrs. äh, Brixton …?«
    »Birkhurst.«
    »Entschuldigung, Mrs.Birkhurst … Ich war auf seiner Hochzeit. Und es war eine richtige schöne Hochzeit, wie es sich für einen so guten Mann wie Ihren Vater gehört.« Er drückte ihre Hand und schüttelte sie, daß ihr die Finger schmerzten. Dabei fielen ihm die dichten, leuchtend roten Haare in die Stirn. »Aber von Ihrer Hochzeit, Madam, hat Ihr Vater nichts gesagt. Deshalb war ich heute morgen zuerst bei den Templewoods.«
    »Ach ja,

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