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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Lächeln erstarrte und verschwand. Sie wandte den Kopf ab und blickte in den Garten.
    Ein ungewöhnlich langes Schweigen breitete sich aus, das nur die lauten Schreie der Pfauen im Park unterbrachen – häßliche Schreie im Vergleich zu ihrer majestätischen Schönheit. Aus dem Augenwinkel sah Olivia, daß Arvind Singh das Kind noch immer auf dem Arm hielt und es ungläubig und blaß vor Schreck ansah. Dann neigte er den Kopf, küßte den Kleinen auf die Stirn und gab ihn der Amme zurück. Aus der Tasche zog er einen roten Samtbeutel, ähnlich dem, den Kinjal dem Baby gegeben hatte, mit den Goldmünzen, die man traditionell einem Neugeborenen mit den Segenswünschen schenkte. Er schob den Beutel behutsam unter die Decke. Dabei zitterten seine Hände.
    »Meine Frau hat mir oft gesagt, daß Sie sehr mutig sind, Olivia.« Er kam zu ihr, und in seiner Erregung bemerkte er die persönliche Anrede nicht. »Ich habe das Ausmaß Ihres Mutes unterschätzt. Ich bete zu den Göttern, daß sie stets Ihnen und Ihrem Sohn zur Seite stehen mögen.« Er war so bewegt, daß seine Stimme bebte.
    Olivia lächelte eisern. »Glauben Sie, wir werden göttliche Hilfe brauchen?«
    »O ja.« Arvind Singh setzte sich schwer atmend. »O ja, das werden Sie! Für meinen Anteil in dieser Sache muß ich um göttliche Verzeihung bitten …« Er war tief bekümmert.
    Sie hob stolz und entschlossen das Kind. »Hoheit, niemand hat daran einen Anteil. Ich bin allein für mein Schicksal verantwortlich!«
    Bei ihren sarkastischen Worten schüttelte er nur traurig den Kopf. »Vergessen Sie nicht, Jai wird nicht ewig auf Reisen sein …«
    »Das versichern mir viele. Aber ich fürchte seine Rückkehr nicht«, erwiderte sie mit beißender Verachtung, »Ihr Freund kann mir nichts mehr antun, Hoheit.« Sie schwieg und zögerte einen Augenblick, dann sagte sie entschlossen: »Vielleicht ist Ihnen bekannt, vielleicht aber auch nicht, daß er meine Cousine Estelle Templewood mit auf die Reise genommen hat.«
    Arvind Singh wurde rot und senkte den Kopf. »Ja, es ist mir bekannt. Weder Kinjal noch ich wußten von diesem abscheulichen Plan, das kann ich Ihnen versichern. Jais Rache ist unverzeihlich und verachtenswert – aber wir wissen beide, seine Besessenheit grenzt an Wahnsinn.«
    »Er hat Glück, einen Freund wie Sie zu haben«, murmelte Olivia spöttisch belustigt, »der ihn immer wieder verteidigt!«
    Arvind Singh erhob sich, trat zu ihr und berührte ihre Hand. »Ich bin auch Ihr Freund, Olivia«, sagte er sanft, »Jetzt mehr denn je.«
    Sie schämte sich sofort ihrer Bitterkeit. »Ja, ich weiß. Ohne Sie und Kinjal wäre ich zusammengebrochen oder sogar gestorben.«
    »Sie müssen Indien verlassen!«
    Er sagte das so unvermittelt, daß Olivia ihn verblüfft ansah. »Nichts würde ich lieber tun. Aber im Augenblick ist es nicht möglich. Warum sagen Sie das?«
    »Wenn Jai zurückkommt, wird es … für Sie hier zu gefährlich sein.«
    »Gefährlich?« Das Wort verstand sie nicht. »Warum? Ich versichere Ihnen, er kann mir nicht noch mehr schaden!«
    Arvind Singh sah sie mitfühlend an. »O doch, das kann er.« Sehr ernst fügte er hinzu: »Jai wird nicht zulassen, daß sein Sohn als ein Birkhurst aufwächst. Er wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um Ihnen den Kleinen wegzunehmen.«
    *
    Freddie war bei ihrer Rückkehr aus Kirtinagar nicht zu Hause. Mary Ling, die Olivia auf Drängen ihrer Tante vor der Abreise nach Kirtinagar eingestellt hatte, erwartete sie pflichtschuldigst. Mary war fröhlich, verschwiegen und tüchtig. Sie konnte singen und spielte mit Hingabe Klavier. Zu ihrer Unterstützung hatte Olivia auch Lady Bridgets alte Aja eingestellt. Die Frau war träge, besaß aber Erfahrung und war nett. Man hatte eine der Gästesuiten im zweiten Stock als Kinderzimmer hergerichtet mit Unterkünften für die Kindermädchen und einer kleinen Küche.
    Olivia beschloß, ihren Sohn Amos zu nennen.
    Vor dem Gespräch mit Arvind Singh hatte sie Jai Raventhorne nur gehaßt. Durch die unerwartete Warnung lernte sie, ihn auch zu fürchten. Arvind Singhs Worte hatten ihr Angst gemacht. Olivia dachte nur noch daran, aus dieser schrecklichen Stadt zu fliehen. Aber wie, wie, wie  …?
    Als Freddie um Mitternacht erschien, war er betrunken. Er kam schwankend durch das Zimmer, ließ sich in einen Sessel fallen und rülpste. »Willkommen daheim, liebstes Weib«, lallte er und sah Olivia mit rotgeränderten Augen an. »Und wie geht es meinem Sohn und Erben?«

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