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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Kristall, unzählige Besteckkästen voll Tafelsilber mit Monogramm, geschliffene Pokale und Karaffen aus der Tschechoslowakei, russische Kaviarschalen und stapelweise vergoldete Vorlegeplatten, Schüsseln und Platzteller. Die verwitwete Lady Birkhurst war offenbar eine gewissenhafte Gastgeberin gewesen, für die Bälle und Bankette mit mehr als hundert Gästen an der Tagesordnung waren. Infolgedessen fehlte Olivia kaum etwas für das geplante große Fest.
    Unter ihrer unermüdlichen Aufsicht gingen die Scharen der Dienstboten ans Werk und verbrachten Tage mit Saubermachen und Polieren. Die Räume wurden alle geöffnet, gefegt, geputzt und abgestaubt, bis die Marmorböden wie Spiegel glänzten und die Fensterscheiben nicht mehr zu sehen waren. Die Kristalleuchter funkelten, Messing glänzte, die persischen Teppiche wurden gelüftet und zu neuer Schönheit gebürstet, die Samtvorhänge fingen beinahe an zu schnurren unter der hingebungsvollen Zuwendung. Olivia ließ viele Kisten wieder auspacken, die sie in Vorbereitung der Abreise bereits verstaut hatte. Sie scheute keine Mühe und keine Kosten. Wenn schon nicht Estelle, so war sie das zumindest der abwesenden Tante schuldig. Nach dieser letzten Feier würden sie sich alle in verschiedene Teile der Welt zerstreuen und ihr eigenes Leben führen. Wahrscheinlich würden sie sich nie mehr begegnen. Olivia sah deshalb ihre Aufgabe klar und deutlich vor sich. Außerdem mußte sie bei der Abreise ein reines, von keinem Bedauern getrübtes Gewissen haben. Sie wehrte die wiederholten Bitten Estelles, ihr helfen zu dürfen, freundlich, aber entschieden ab.
    »Ich habe genug Helfer. Der Abend soll für dich und John eine Überraschung sein.«
    »Aber Dr.Humphries hat dir übermäßige Anstrengungen verboten«, entgegnete Estelle. »Wir müssen an das Baby denken.«
    »Auf dem Schiff habe ich keine Gelegenheit mehr, mich anzustrengen. Dort gibt es nichts zu tun, und ich werde mich ausruhen.«
    Sie lächelte. »Und das kann ich dir versichern: Ich denke an das Baby.«
    Estelle konnte nicht ahnen, wie sehr!
    *
    »All das für … uns ?« John Sturges war wie vom Donner gerührt angesichts der Pracht, die ihn bei ihrem Eintritt begrüßte. Estelle vermochte ebenso sprachlos nur ein stummes »Oh!« über die Lippen zu bringen.
    »Warum nicht? Ich habe nur eine Cousine, und du bist ihr Mann.« Olivia beglückwünschte John zu seiner Beförderung zum Major und begrüßte die beiden mit einem Kuß. Sie bemerkte das verdächtige Zittern von Estelles Unterlippe und fügte nicht unfreundlich hinzu:
    »Keine Tränen, Estelle. Du möchtest doch heute an deinem Fest kein schwarz verschmiertes Gesicht haben, oder?«
    Olivia hatte sich vorgenommen, an diesem Abend zu Estelle nett zu sein, mochte ihre Cousine sie auch noch so sehr provozieren. Olivia konnte sich jetzt diese Großzügigkeit leisten. In einem Tag würde Estelle für immer aus ihrem Leben verschwinden. In weniger als zwei Wochen würde sie mit Amos auf der Lulubelle unterwegs zu ihrem Vater sein. Die Schande der unbeglichenen Ehrenschuld war dank der kleinen ›Mango‹ in ihrem Bauch beinahe – und dann völlig, abgetragen, wenn sie Freddie einen Sohn schenken konnte. Mit Gottes Hilfe würde sie bald alle Fesseln abgestreift haben und auch von dem drohenden Gespenst Jai Raventhorne befreit sein.
    Ja, dieser Abend war der letzte Akt der Buße – der letzte!
    In plötzlichem Hochgefühl legte sie den Arm um Estelles Schulter.
    »Das ist dein Abend. Genieße ihn, ganz wie du willst. Ich stelle keine Forderungen und erhebe keine Einwände.«
    Arthur Ransome erschien in einem schwarzen Schwalbenschwanz mit gestreifter Hose und einer weißen gestärkten Hemdbrust. Im Revers steckte eine Nelke. Er wollte seine Pflichten als Gastgeber offenbar sehr ernst nehmen. »Er ist ein bißchen eng«, murmelte er errötend und klopfte auf den runden Bauch. »Habe ihn seit Jahren nicht mehr getragen – nicht einmal an deiner Hochzeit, wie du weißt. Riecht leider nach Mottenkugeln.«
    »Du siehst hinreißend aus. Die Damen werden dir heute abend nicht widerstehen können!« Olivia lachte und drückte ihm den Arm.
    »Onkel Josh kommt demnach nicht?«
    »Nein. Lassen wir ihn in Ruhe. Er ist zu Hause besser aufgehoben.«
    »Wie du meinst, aber er wird mir fehlen.«
    Estelle stand neben Olivia, um die Gäste zu empfangen, die nach und nach eintrafen. Sie konnte ihre Aufregung darüber kaum unterdrücken, daß sie den ganzen Abend im Mittelpunkt

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