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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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zutiefst enttäuscht über Ihre Absage zum Ball seiner Exzellenz in diesem Jahr, und gleichermaßen waren es Ihre Exzellenzen.«
    »In Abwesenheit Seiner Lordschaft meide ich Gesellschaften, ganz besonders offizielle Anlässe«, erwiderte Olivia, ohne zu zögern.
    »Aber ich genieße meinen Ball. Ich hoffe, Sie auch, Brigadier.«
    »Aber ja! Es ist das Großartigste, was wir seit langem erlebt haben. Es ist sehr schade, daß Seine Lordschaft nicht mit uns feiern kann.«
    »Ja, nicht wahr?«
    An der Bar wurde bei viel Champagner hitzig über den neuesten Skandal debattiert. Es ging dabei um den neuen Gesandten in Murshidabad, wie Olivia erfuhr, als sie zu den Herren trat. Er hatte seinem Vorgänger, wie man sich erzählte, die astronomische Summe von zwanzigtausend Pfund Sterling bezahlt, um ihn zum vorzeitigen Rücktritt von einer Position zu bewegen, die zu den lukrativsten in der Administration gehörte. Dieses Vorgehen war durchaus verständlich, denn sogar Lord Clive hatte einmal gesagt, es gebe mehr Gold bei den Nawabs in Murshidabad als in ganz London. Olivia hatte gehört, das ›Kaufen‹ von Positionen sei nicht ungewöhnlich. Die Gemüter erregten sich aber im Augenblick darüber, daß der neue Gesandte sich außerdem den einheimischen Sitten angepaßt und in Murshidabad einen beachtlichen Harem von Natsch-Mädchen zugelegt hatte.
    »Ein Schwein, Sir, eine Schande für uns alle!« schimpfte Barnabus Slocum.
    »Was kann man anderes erwarten?« erklärte ein anderer, »sein Vater war Lautenbauer in Covent Garden.«
    »Ja, und man nannte ihn überall nicht umsonst nur den liederlichen Dave!« Alle lachten, am lautesten Mrs.Drummond, die nachdenklich die ordengeschmückte Brust des Brigadiers betrachtete.
    »Schockierend! Einfach schockierend! Man sollte ihn auspeitschen.« Henry Cleghorne glühte vor moralischer Entrüstung.
    »O gewiß doch, o gewiß doch«, stimmte Smithers übertrieben eifrig zu, wie immer, wenn er von den eigenen dunklen Flecken ablenken wollte.
    »Ach, Kleiner – wohl ein bißchen eifersüchtig, was?« Willie Donaldson sah Smithers mit einem boshaften Blinzeln an. »Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!«
    Smithers wurde rot, und es entstand ein verlegenes Schweigen, das nur Hiram Lubbock mit lautem Lachen übertönte. »Jawohl, wie meine Tante Jeminah schon immer gesagt hat, ein Junge ist eben ein Junge, und das ist auch gut so, nicht wahr?« Er lachte wieder und schlug Smithers auf die Schulter, der sich beinahe verschluckte und husten mußte.
    Willie Donaldson zuckte zusammen. Alle erstarrten und machten sofort Front gegen den amerikanischen Neureichen, der keine Manieren besaß. Was nahm er sich heraus, über ihre Skandale zu lästern?! Olivia hatte Mitleid mit dem unglückseligen, ordinären Lubbock, der wie ein ungepflegter Daumen in einem Maniküresalon auffiel.
    Sie überließ einen heimwehkranken jungen Neuling der Ostindien-Kompanie, der erst vor kurzem aus Haileybury in England nach Indien gekommen war, seinen wehmütigen Erinnerungen und entführte Lubbock zum Ballsaal, wo Estelle noch vor dem Essen das Zeichen zum Tanz gegeben hatte. Auf dem Parkett drehten sich bereits viele Paare. Am Rand warteten die jungen Damen darauf, von Verehrern auf die Tanzfläche geführt zu werden, und wachsame Mütter taxierten geübt mögliche Heiratskandidaten und hofften, daß sie nicht von unerwünschten Konkurrentinnen weggeschnappt wurden. Olivia stellte Lubbock schnell zwei junge Damen vor, die nur darauf warteten, zum Tanzen aufgefordert zu werden, und machte sich auf die Suche nach Arthur Ransome.
    Sie fand ihn in einer entfernten Ecke, hoffnungslos in die Enge getrieben von der alten Jungfer. Er wußte sich offenbar nicht mehr zu helfen. »Kann ich dich vielleicht kurz sprechen, Onkel Arthur?«
    Er vergaß seine Gicht, sprang vom Sessel auf und flog beinahe wie ein Vogel, der plötzlich die offene Käfigtür sieht, auf sie zu. »Eine schreckliche Frau, einfach unerträglich!« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Du hast ihr das Leben gerettet, mein Kind, von meinem ganz zu schweigen. Ich hätte sie im nächsten Moment erwürgt.«
    »Oder ihr vielleicht einen Antrag gemacht!« Olivia lachte, und Ransome schimpfte leise. »Was ich fragen wollte. Findest du es noch zu früh, um mit dem Essen zu beginnen? Es wird getanzt, und die Männer trinken noch. Ich möchte nicht, daß Estelle den Eindruck hat, wir wollen ihre Gäste vom Trinken abhalten …«
    Ransome

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