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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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zu finden.
    O Gott, o Gott, was soll ich nur tun?
    Die Tür öffnete sich, und Estelle stand auf der Schwelle. »Ich weiß, du bist wütend auf mich, aber ich mußte es tun. Verzeih mir. Mir fiel keine andere Methode ein.« Sie stand an der Tür, als wage sie nicht, in das Zimmer zu kommen, und verstummte.
    Olivia setzte sich langsam auf. Sie wollte sich selbst im Zustand der Panik vor ihrer verhaßten Cousine keine Blöße geben. Sie drückte die zitternden Finger an die Schläfen, aber selbst die geschlossenen Augen vermochten nicht das Schauspiel der liebevollen Blicke, das herzliche Lächeln der beiden und die stillschweigende Übereinkunft auszulöschen, zu der Raventhorne sich offen bekannt hatte. Hinter den geschlossenen Lidern stieg Haß auf, ließ sich nicht mehr zurückhalten und explodierte in blinder Wut. »Wie kannst du es wagen, Estelle! Wie kannst du es wagen, mein Haus für deine schamlose Zurschaustellung zu mißbrauchen …!«
    Estelle schloß leise die Tür hinter sich und trat ein. »Du hast gesagt, ich kann jeden einladen. Du hast keine Forderungen und keine Bedingungen erhoben. Hast du es nicht ernst gemeint, Olivia? War auch das Heuchelei?« Sie war blaß, aber aus ihrer Haltung sprachen weder Reue noch Angst.
    »Ja, jeden, aber doch nicht …« Sie konnte den Namen nicht aussprechen. »Ich habe es ernst gemeint, denn ich ahnte nichts vom Ausmaß deiner Schamlosigkeit. Du prahlst mit deiner … Beziehung zu diesem Mann und fühlst dich nicht im geringsten … entehrt? Nicht … besudelt  …?«
    Estelle zuckte zusammen, ließ sich aber nicht einschüchtern. »Nein. Ich bin stolz auf meine Beziehung zu Jai. Ich möchte, daß alle es wissen und akzeptieren. Ich verspreche dir, eines Tages werden sie es auch tun.«
    Olivia sprang auf, stürzte sich auf Estelle, packte sie an den Schultern und schüttelte sie in rasender Wut. »Und weiß es dein Mann auch? Akzeptiert er es auch? Du hast keine Gewissensbisse, ihm deinen … deinen Liebhaber zuzumuten«, schrie sie Estelle ins Gesicht, »– von mir und allen anderen ganz abgesehen!«
    Estelle befreite sich aus ihrem Griff, und plötzlich zuckte es in ihrem Gesicht. »John versteht mich«, flüsterte sie plötzlich gequält, »vielleicht würdest du mich auch verstehen, wenn …«
    »Ich habe kein Verständnis mehr für dich. Spare dir deine jämmerlichen Alibis, Estelle.« Sie verschränkte die Hände über die Brust, damit Estelle nicht sah, wie sie zitterte, und ging zum Fenster. Olivia atmete tief und bewußt die kühle Nachtluft und unterdrückte ihren Ärger mit der gewohnten eisernen Disziplin. »Nach diesem Abend, Estelle, möchte ich dich nie wiedersehen. Ich möchte, daß du für immer aus meinem Leben verschwindest. Offen gesagt, mir ist es gleich, was du mit deinem Leben machst, und wen du dir dazu wählst. Ich bin nicht für dich verantwortlich. Du mußt dich nicht bei mir entschuldigen. Ja, du hast recht – ich habe gesagt, du kannst einladen, wen du willst, ohne Einschränkungen. Ich stehe zu meinem Wort. Jetzt laß mich bitte allein und geh hinunter zu deinen Gästen.«
    Estelle zögerte noch einen Augenblick, sichtlich unglücklich und bedrückt. »Also gut, wenn du es so willst«, sagte sie leise, »aber sei bitte höflich zu ihm, Olivia. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer es war, ihn zum Kommen zu bewegen. Er …«, sie brach verzweifelt ab. Dann faßte sie sich. »Aber was geschehen muß, muß geschehen.« Sie drehte sich um und verließ das Zimmer
    Olivia schloß hinter sich die Tür ab. Sie ging in Freddies angrenzendes Schlafzimmer, öffnete seinen Sekretär und nahm eine angebrochene Flasche Sherry heraus. Ohne ein Glas zu holen, trank sie aus der Flasche. Der brennende Alkohol trieb ihr die Tränen in die Augen, und ihr Magen wehrte sich empört, aber sie trank entschlossen noch etwas mehr. Sie fühlte sich plötzlich benommen, aber ihre Nerven beruhigten sich, und sie gewann ihre Fassung wieder. Fünf Minuten vor dem Spiegel zauberten Farbe in ihre Wangen und Glanz auf die Lippen. Alle Reste der Angst schob sie mit ihrer Willenskraft energisch beiseite. Amos war in Sicherheit, und Jai Raventhorne bedeutete ihr nichts mehr. Mochte er auch mißtrauisch sein und sich womöglich Gedanken über ihren Sohn machen, es waren alles nur Vermutungen. Sie würde damit fertig werden. Seiner Unverfrorenheit und Estelles Schamlosigkeit durfte sie nicht mit Schwäche oder Hysterie begegnen. Wenn die beiden keine Hemmungen

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