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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Bradshaw.
    »Und er trinkt nur – das ist doch wirklich zu schade! Kannst du deinen Star des Abends nicht überreden, auch uns eines Blickes zu würdigen!«
    »Mr.Raventhorne ist Gast von John und Estelle. Du mußt dich schon an sie wenden«, erwiderte Olivia kühl. »Mein Einfluß in dieser Sache ist äußerst gering.«
    »Seht mal! Sieh nur! « Die Tochter der Hendersons – erst seit kurzem aus England zurück – stieß einen leisen Schrei aus. »Er hat endlich ausgetrunken. Ich glaube, er kommt in unsere Richtung. Soll ich es wagen?« fragte sie in die Runde. »Ja, ich wage es. Kommst du mit, Polly?«
    Sogar die immer überlegene Charlotte schien von Nervosität erfaßt.
    »Ach du liebe Zeit! Meine Haare! Ich muß unbedingt …« Murmelnd verschwand sie eilig in die andere Richtung.
    Eine große junge Dame mit Sommersprossen und einer grünen Schleife im hellroten Haar seufzte. »Er sieht doch am besten von allen Männern hier aus, das mußt du zugeben, Clive!« sagte sie äußerst taktlos zu ihrem Kavalier. »Ich glaube einfach nicht, daß in seinen Adern auch nur ein Tropfen indisches Blut fließt. Ich glaube es nicht!«
    »Da irrst du dich gewaltig!« konterte Clive Smithers bissig. »Außerdem ist er ein übler Bursche und ein Schwein. Ich weiß nicht, was Estelle und John sich dabei gedacht haben, ihn einzuladen. Komm mit, Hattie, mach dich nicht lächerlich!« Diese Bemerkung war angesichts der Gerüchte über die Smithers amüsant. Aber genau darin lag die Ironie der Selbsttäuschung und Illusionen, der sich Kalkuttas Gesellschaft mit größter Leidenschaft überließ.
    Wohin Olivia auch ging, überall hörte sie Bemerkungen über Raventhorne – einige boshaft, andere gehässig, aber alle voll von prickelnder Erregung. Warum nur hatte dieser hochnäsige Bastard aus der Gosse sich plötzlich entschlossen, einen englischen Salon zu betreten, obwohl er geschworen hatte, eher tot umzufallen? Diese ständig wiederholte Frage beschäftigte Ransome und allmählich auch Olivia.
    Jawohl, warum?
    In den Armen eines überaus höflichen jungen Mannes, der in der Hafenbehörde beschäftigt war und dessen Namen sie ständig vergaß, drehte sich Olivia auf der Tanzfläche. Sie hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, um endlich nicht mehr die bruchstückhaften Gespräche mit anhören zu müssen.
    »… wagt es, sich hier zu zeigen? Die arme Oli …«
    »… ein harter Bursche, mein Schatz, ein harter  …«
    »O Ted, du bist eifersüchtig ! Du könntest keinen Kummerbund mehr tragen …« Gekicher, Gekicher.
    »Alle finden (Flüstern, Flüstern) … ist das nicht entsetzlich?«
    »… erikaner, natürlich. Ein Skandal macht ihnen nichts …«
    »Also Archie! Und selbst wenn er ein Mischling ist, er hat doch …«
    Olivia konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, als es ihr endlich gelang, auf die Veranda zu fliehen. Kraftlos lehnte sie sich an eine Säule. Sie zitterte, aber nicht vor Kälte. Wie auch immer, auf den Schock dieses Abends war sie nicht vorbereitet gewesen, auf die Niederlage, zu erleben, daß sie Raventhorne nicht wirklich schlagen konnte. In der Sicherheit ihrer trügerischen Illusion war sie überrascht worden. Sie hatte keine Verteidigung vorbereitet, keine Reaktion geplant, sich nicht völlig immun gegen seine Anwesenheit gemacht. Soviel gestand Olivia sich inzwischen ein. Es reichte nicht, ihn zu hassen. O nein, das war nicht genug! Der Haß mußte sich auf natürliche Weise in Gleichgültigkeit verwandeln – und er war ihr noch nicht völlig gleichgültig. Liebe und Haß bedeuteten einen Aufwand an Energie, an Zeit und Gedanken. Sie ärgerte sich über diesen Kraftaufwand – selbst während der ein oder zwei Stunden, die sie mit ihm unter einem Dach sein mußte.
    Von der Säule aus konnte Olivia in den Ballsaal blicken. Raventhorne tanzte jetzt – er tanzte!  – mit Estelle! Olivia hatte ihn selten so ungezwungen oder mit soviel Herzlichkeit lächeln sehen. Estelle reichte ihm kaum bis zu den Schultern, und ihre Gefühle sah man überdeutlich in ihren Augen. Olivia wurde bei diesem widerlichen Anblick übel. Ihr drehte sich der Magen um, und sie mußte sich übergeben. Sie hielt die Hand vor den Mund und eilte stumm in den Garten. Hinter einem Busch mit weißen Blüten übergab sie sich. Sie lief zur Küche auf der Rückseite und spülte sich den Mund und die brennende Kehle mit Wasser. Das Küchenpersonal starrte sie verwundert an. Dann ging sie langsam wieder zur

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