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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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zwanglosen Kleidung strahlte äußerlich und innerlich Macht von ihm aus. Das entschlossene Kinn verriet nichts von seinen bescheidenen Anfängen als Sohn eines armen Barons und als schlechtbezahlter Schreiber bei der John-Kompanie.
    »Ein Schluck Port, Liebes?« Olivia nahm das Angebot mit einem Kopfnicken an und setzte sich ihm gegenüber an den Schreibtisch. Schließlich war es Sache ihres Onkels, den Lauf des Gesprächs zu bestimmen. »Der junge Marshall ist gestern mit ein paar verrückten Geschichten über die europäischen Handelsniederlassungen aus Hang-tschou zurückgekommen. Die eine oder andere wird dir vielleicht auch gefallen«, begann er und reichte ihr ein Glas. »Weißt du, die Russen kaufen ihren Tee in Hang-tschou. Hast du eine Vorstellung, wie lange für sie die Hin- und Rückfahrt dauert? Sechzehn Monate! Und wir beklagen uns, weil wir dafür beinahe sechs Monate brauchen!«
    Es folgten amüsante Geschichten, und Olivia begriff, daß sie dazu dienen sollten, sie beide in eine etwas gelöstere Stimmung zu versetzen, denn auch ihrem Onkel war keineswegs wohl in seiner Haut. Er erzählte geistreich und witzig. Olivia hörte aufmerksam zu und stimmte bereitwillig in sein gelegentliches Lachen ein. Erst nach mehreren Anekdoten über die Russen lehnte er sich zurück, zündete eine neue Zigarre an, blies einen wunderschönen runden Rauchring in die Luft und sagte: »Wegen gestern abend, Olivia …«
    Ihr stockte der Atem. »Ich habe auf eine Gelegenheit gehofft, mich zu entschuldigen, Onkel Josh. Es tut mir schrecklich leid, daß …«
    »Es war nicht deine Schuld.« Mit einer Handbewegung ging er über ihren reuigen Gesichtsausdruck hinweg. »Du hast nur ein paar harmlose Grüße ausgerichtet. Woher solltest du wissen, in welch boshafter Absicht dir das aufgetragen worden war?«
    Boshafte Absicht? Welche dunklen Pläne konnten sich hinter harmlosen Grüßen verbergen? Olivia wartete auf weitere Erklärungen und enthielt sich einer Antwort.
    »Dieser Mann«, Sir Joshua sprach den Namen bewußt nicht aus, während er nach einem Bleistift griff und damit spielte, »ist ein Schurke, ein Wüstling und ein Scharlatan ersten Ranges. Daß er die Unverschämtheit besitzt, sich dir zu nähern und dich anzusprechen …«
    »Er hat sich mir nicht genähert.« Sie fühlte sich aufgefordert, das klarzustellen. »Wir sind uns wirklich ganz zufällig begegnet. Ich bin hinaus an die frische Luft gegangen, als er mit seinen Hunden spazierenging.«
    Ihr Onkel war über die Richtigstellung nicht sehr erfreut. Er runzelte die Stirn. »Von den Umständen einmal abgesehen, hätte er wissen müssen, daß er seine Grenzen nicht überschreiten und dich ansprechen durfte. Er ist bekannt dafür, daß er andere manipuliert. Er ist ein Meister im Ersinnen böser Pläne und nutzt aus Gewohnheit auch die harmloseste Situation zu seinem größtmöglichen Vorteil. Hat er sich dir gegenüber höflich verhalten?«
    Olivia ließ sich weder durch die Überreaktion noch durch die unvermittelte Frage aus dem Gleichgewicht bringen. »Sehr. Für etwas anderes bestand kein Anlaß.« Die Lüge ist gerechtfertigt, dachte sie ohne Gewissensbisse. Mit der Wahrheit über die heftigen und scharfen Worte, die bei der Begegnung gefallen waren, hätte sie nur noch mehr Schwierigkeiten heraufbeschworen.
    »Worüber habt ihr gesprochen?« Sir Joshuas Augen verrieten eine seltsame Wachsamkeit, sogar Besorgnis, als er diese Frage stellte.
    Olivia unterdrückte das Gefühl von Gereiztheit – was sollte das alles? »Wir haben uns nur über belanglose Dinge unterhalten«, erwiderte sie ruhig. »Offenbar hat er in amerikanischen Zeitschriften Arbeiten meines Vaters gelesen. Im wesentlichen haben wir darüber gesprochen.«
    Bildete sie es sich nur ein, daß Sir Joshua sich entspannte? Seine Vorsicht schwand. Er faltete die Hände vor der Brust und lächelte.
    »Dann bin ich erleichtert. Er beschließt nicht oft, den Gentleman zu spielen – und natürlich hat sich deine Tante gestern abend deshalb so schrecklich aufgeregt. Du kennst ihre hohen moralischen Maßstäbe sehr gut und weißt, daß ihr Schicklichkeit über alles geht. Bridget war entsetzt, daß ein so niederträchtiger Lump die Frechheit besessen hat, sich mit dir, ihrem eigenen Fleisch und Blut, wie mit seinesgleichen zu unterhalten.« Er lachte kurz. »Natürlich war es albern von Bridget, in Ohnmacht zu fallen. Es war absolut lächerlich! Aber schließlich müssen wir nachsichtig mit ihren

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