Wer Liebe verspricht
groß. »Ja, aber der Sarkar …«
»Das Schiff des Sarkar wird beladen. Er wohnt vorübergehend an Bord – auch Bahadur. Das Haus wird nicht besonders scharf bewacht, besonders nicht nachts. Der Wachmann schläft. Drei seiner Leute sind krank, und die Hunde sind ebenfalls an Bord des Schiffes. Das alles habe ich bereits in Erfahrung gebracht.« Sujata mochte nur das eine bei dem Sarkar gelernt haben. Olivia hatte etwas anderes von ihm gelernt: Informationen als Waffe einzusetzen. Sie hatte zwei Männer beauftragt, das Haus in Chitpur Tag und Nacht zu überwachen. Wichtige Dinge über die Frau, der sie gegenübersaß, in Erfahrung zu bringen, war nicht schwer gewesen. Aber das kleine Vermögen, das dieses Wissen Olivia gekostet hatte, zahlte sich jetzt aus. Mit etwas Glück würden die Gewinne sehr viel höher sein. »Ich nehme an, Sie kennen die persönlichen Räume des Sarkar noch immer sehr gut …«
Sujata warf ihr einen verächtlichen Blick zu. »Natürlich, ich habe sie mit ihm geteilt.«
»Und seine persönlichen Dinge?«
»Alles, was er besaß, war mir anvertraut.« Wieder der unüberhörbare Stolz, aber dann fuhr sie mißmutig fort: »Er besitzt nichts Wertvolles, denn materielle Dinge interessieren ihn nicht – nur seine Waffen. Wenn man sie stiehlt, kann er es sich leisten, sie hundertmal zu ersetzen. Offenbar kennt die Lady Memsahib den Sarkar nicht so gut, wie sie vorgibt!«
»Es gibt etwas, das ihm sehr wichtig ist«, erwiderte Olivia und überging die Spitze. Sie hatte nicht mit größter Mühe und Genauigkeit Informationen gesammelt und das Risiko dieses Besuchs auf sich genommen, um sich mit der bedauernswerten Frau zu streiten. »Und genau das möchte ich von Ihnen haben – das heißt, wenn Sie es finden können.«
»Wenn es in dem Haus ist, werde ich es finden. Der Sarkar verschließt nichts.« Trotz des prahlerischen Tons wirkten ihre schrägen Augen unsicher und fragend, aber sie konnte sie nicht von dem silbernen Kästchen wenden. »Ein kindischer Streich wird ihn nur reizen, mehr nicht …«
»Sie kennen vielleicht seinen Körper gut, Sujata. Ich kenne seinen Kopf besser. Wenn es etwas gibt, um ihn tödlich zu verwunden, dann nur dieser kindische Streich.«
»Die Lady Memsahib spricht in Rätseln«, murmelte Sujata ärgerlich, denn sie empfand Olivias Bemerkung als Bosheit. Trotzdem reizte sie der Schmuck, und sie konterte nicht. »Ehe ich Ihnen eine Antwort geben kann, muß ich alles wissen.«
»Nein! Ich muß zuerst Ihre Antwort haben.«
»Das verstehen Sie nicht!« rief Sujata. »Ich habe Angst vor dem Sarkar. Wenn er je erfährt, daß ich …«
»Er wird es nicht erfahren. Ich allein nehme die Schuld auf mich. Er wird Sie nicht einmal verdächtigen.« Sie betrachtete nachdenklich Sujatas ängstliches Gesicht. »Wie ich höre, möchten Sie die Stadt verlassen und nach Benares gehen, wo Ihre Mutter lebt. Damit«, sie nahm den Schmuck wieder in die Hand, »können Sie sich alle Ihre Wünsche erfüllen. Sie können hier verschwinden und für immer das Leben hinter sich lassen, das Sie verachten. Sie werden nicht mehr Ihren Lebensunterhalt damit verdienen müssen, Männer zu befriedigen, die Sie abstoßen. Eines Tages können Sie vielleicht heiraten und Kinder haben.« Olivia fuhr umbarmherzig mit ihren Verlockungen fort. »Sie können Musikunterricht geben, denn wie ich weiß, ist das Ihr größter Wunsch.«
»Woher wissen Sie soviel über mich …?« fragte Sujata, und wieder stand Angst in den schwarz geränderten Augen. »Und warum?«
»Das Woher ist nicht wichtig. Das Warum habe ich bereits erklärt.« Olivia spielte nachlässig mit den Ohrringen.
Wie von dem grünen Feuer hypnotisiert, starrte Sujata auf den Schmuck, und ihre Sehnsucht stand ihr deutlich in die Augen geschrieben. Dann schlug sie mit einem Klagelaut die Hände vor das Gesicht. »Ich hatte einmal alles, alles! Dann sind Sie gekommen, und nichts mehr war so wie vorher. Ich habe alles verloren! Ich wurde wie ein alter Putzlappen auf die Straße geworfen – und das nur wegen Ihnen, denn Sie sind eine weiße Memsahib! Er gehört zu meiner Welt, nicht in Ihre«, rief sie wütend. »Warum sind Sie nicht bei Ihren Leuten geblieben und haben mir gelassen, was mir gehört?«
»Er hat Sie nicht auf die Straße gesetzt«, erwiderte Olivia voller Verachtung. »Jedermann im Basar weiß, daß er Ihnen diese Kotha geschenkt und eingerichtet und alles gegeben hat, was Sie besitzen.«
»Aber er hat mir meine
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