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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Maharadscha, gerade als Raventhorne feuerte und den Tiger im Sprung in die Flanke traf.
    »Ein guter Schuß!«
    »Er ist noch nicht tot!« schrie Raventhorne zurück. Er lud in Windeseile sein Gewehr, aber der Tiger war hinter den Felsen verschwunden.
    »Ich habe den Hals verfehlt, verdammt, verdammt !«
    Der schwer verwundete Tiger brüllte vor Zorn und Schmerz. Plötzlich sprang er aus seinem Versteck hervor und griff an. Vorderlader knallten, und Speere flogen durch die Luft, aber der Tiger bot im hohen Gras ein schlechtes Ziel und wurde nicht getroffen. Einen Augenblick verlor Olivia ihn völlig aus den Augen, doch dann flog er wie ein schweres Geschoß durch die Luft und landete auf ihrem Elefanten. Olivia wollte schreien, stopfte sich aber erschrocken das Taschentuch in den Mund. Sie geriet in Panik. Raventhorne blieb dagegen ganz ruhig. Er griff schnell nach seinem Gewehr, das über Eck auf dem niedrigen Holzgitter der Howdah lag und legte an.
    »Halten Sie sich gut fest«, sagte er warnend über die Schulter. »Der Elefant wird gleich durchgehen.«
    Mit hoch erhobenem Kopf und wild trompetend rannte der Elefant im Kreis herum und schlug mit den Hinterbeinen aus, um den Tiger abzuschütteln. Die Bestie hatte ihm jedoch die Klauen tief ins Fleisch geschlagen und brüllte ohrenbetäubend. Bei einer solchen Jagd saß üblicherweise ein Gewehrträger hinter der Howdah auf dem Rücken des Elefanten, aber Raventhorne hatte das Gestell mit den zusätzlichen Gewehren vorgezogen. Das war ganz gut so, dachte Olivia, denn der arme Mann wäre entweder von den Krallen des Tigers zerfleischt oder von den Füßen des Elefanten zertrampelt worden. Obwohl der massige Kopf des Tigers sich dicht vor dem Gewehrlauf befand, konnte Raventhorne nicht zielen, solange der Elefant außer Kontrolle war. Es herrschte ein fürchterlicher Lärm, aber Olivia hörte nichts. Sie blickte gebannt auf die sich öffnenden und schließenden Kiefer, auf den unglaublich großen Kopf und die unheimlichen gelben Augen, die sie voll Haß anstarrten. Raventhorne stand auf. Mit einer Hand hielt er sich an einer Holzstange des Aufbaus fest und trat mit einem Fuß über das Gitter auf den Rücken des Elefanten. Mit dem anderen Fuß suchte er Halt in der Howdah und nahm dann das Gewehr von der einen in die andere Hand, ohne die Holzstange loszulassen. In diesem Augenblick blieb der Elefant unvermittelt stehen und raste dann erneut wild trompetend und mit ungeheurer Geschwindigkeit am Ufer entlang, ohne jedoch den Tiger abschütteln zu können. Olivia kauerte leichenblaß in der Ecke der Howdah und sah nichts außer den schnappenden, fauchenden Kiefern etwa einen halben Meter von Raventhornes Stiefel entfernt.
    »Kommen Sie hierher.« Raventhorne wirkte immer noch ganz ruhig, als er sich umdrehte und seiner Aufforderung mit einer Kopfbewegung Nachdruck verlieh. »Wir wollen sehen, wie gut Sie treffen.« Olivia starrte ihn entsetzt an – war er verrückt geworden? »Nun kommen Sie schon«, sagte er ungeduldig. »Er wartet nicht den ganzen Tag auf Sie.«
    Olivia bewegte sich, zweifellos von einer ihr unbekannten Macht getrieben, denn ihre Kräfte hatten sie verlassen. Raventhorne lehnte sein Gewehr kurzerhand an die Seitenwand der Howdah, legte ihr den Arm um die Hüfte und zog sie eng an sich. Olivia stand nun mit dem Rücken an seine Brust gelehnt. Mit einer blitzschnellen Bewegung drückte er ihr seinen Revolver in die Hand. »Zielen Sie auf die Stirn«, sagte er und hielt sie fester. »Er hat nicht mehr viel Kraft. Aber versuchen Sie, schnell zu sein.«
    Olivia erwachte aus ihrer lähmenden Starre. Sie wurde von Raventhorne sicher gehalten. Sie hob den Revolver, zielte und drückte ab. Einen kurzen, schrecklichen Augenblick lang glaubte sie, den Tiger verfehlt zu haben, denn sein Kopf blieb, wo er war. Dann sprudelte aus einem kleinen Loch zwischen den Augen ein Blutstrahl hervor. Mit einem letzten Brüllen entschwand der riesige Kopf ihren Blicken. Der Elefant merkte nicht, daß das Drama zu Ende war, und rannte weiter am Flußufer entlang.
    Raventhorne fiel rückwärts in die Howdah und zog Olivia mit sich. Der Revolver entglitt ihren Fingern und fiel auf die Erde, die unter ihnen dahinflog. Einen Augenblick lagen sie, Arme und Beine ineinander verschlungen, nebeneinander, ohne sich zu rühren. Draußen herrschte plötzlich völlige Stille. Der Elefant war müde und wurde endlich langsamer.
    »Sie haben meinen Revolver verloren.« Raventhorne stützte

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