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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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jetzt hat er sein wahres Gesicht gezeigt.«
    »War das Opium viel wert?« Olivia erkundigte sich bewußt nicht danach, von wem die dreißig Silberstücke wohl stammen mochten, denn sie ahnte es bereits.
    »In Kanton hätte es einhunderttausend Pfund Gewinn gebracht. Hier etwa ein Zehntel davon. Das Opium ist versichert«, fügte er mit einer wegwerfenden Bewegung hinzu, »aber wir verlieren vor den chinesischen Kaufleuten das Gesicht und unsere Glaubwürdigkeit. Bei diesem Wettlauf heißt die Devise: Zeit ist Geld! Und wir haben Zeit verloren …« Er griff nach Papier und begann schnell zu rechnen.
    Olivia hatte von ihrem Onkel inzwischen einiges über den blühenden bengalischen Opiumhandel erfahren. Es war das einzige noch gültige Monopol der Ostindien-Kompanie. Nachdem der Tee seit 1833 privaten Unternehmen als Handelsware offenstand, garantierte jetzt das Opium – neben den gewaltigen Steuereinnahmen in Indien – Teilhabern in London die beachtlichen jährlichen Dividenden. Die Ostindien-Kompanie überwachte streng den Anbau und den Verkauf des Opiums. Trotzdem blühte der illegale Handel. Theoretisch arbeiteten die britischen Kaufleute in Kanton im Auftrag der Ostindien-Kompanie, aber in der Praxis war Opium auch für Händler anderer Nationen, die sich schlicht über die Vorschriften der John-Kompanie hinwegsetzten, ein gewinnträchtiges Geschäft. Auch viele britische Kaufleute unterliefen diese Vorschriften. Sie nahmen eine andere Staatsbürgerschaft an und segelten unter fremder Flagge. Beim Handel mit China waren Opium und Tee untrennbar miteinander verknüpft. Es bestand zwar ein chinesisches Einfuhrverbot für Opium, aber nur im Austausch gegen diese Ware konnte man von den Hongs, den mächtigen chinesischen Kaufleuten, Tee kaufen. Viele waren wie Sir Joshua der Ansicht, daß das Empire ohne Opium und Tee um seine Existenz bangen müßte. Die jährlichen Handelsbilanzen sprachen Bände. Im vergangenen Jahr hatten sich die Einnahmen der Ostindien-Kompanie im Opiumgeschäft auf dreieinhalb Millionen Pfund Sterling belaufen, und allein in England waren fünf- undzwanzigeinhalb Millionen Kilogramm Tee verkauft worden. So brachte jede Schiffsladung Opium, die Templewood und Ransome nach Kanton auf den Weg schickte, eine entsprechende Ladung Tee und damit enorme Gewinne in England und auf den indischen Märkten. Olivia fand den Zorn ihres Onkels insofern durchaus verständlich.
    »Kann die Polizei nichts tun, um die Schuldigen zu … überführen?« fragte sie. Wenn Raventhorne für den Diebstahl verantwortlich war, dann schien es nicht gerecht, daß er ungestraft davonkommen sollte.
    Sir Joshua lachte verächtlich. »Der alte Slocum wird eine Untersuchung anberaumen, aber wie üblich nichts herausfinden, denn keiner der Inder wird etwas ausplaudern. Das tun sie nie!«
    »Aber wurde die Opiumsendung nicht von einem Europäer begleitet?«
    »Nicht nur von einem, sondern von zwei«, erwiderte er sarkastisch.
    »Du glaubst doch nicht im Ernst, Offiziere in der Armee der John-Kompanie würden sich bei ihrem erbärmlichen Sold dreißig Silberlinge entgehen lassen? Die Männer behaupten, körperlichen Bedürfnissen nachgekommen zu sein, als der Überfall geschah. Unsere zwanzig Söldner erzählen natürlich zwanzig verschiedene Geschichten.« Er sank in wütendes Schweigen.
    Olivia wollte nicht noch Salz in die tiefen Wunden streuen und beschloß, das Gespräch auf ein erfreulicheres Thema zu lenken. »Wie beurteilst du das Schreiben von Arvind Singh, Onkel Josh? Findest du es ermutigend?«
    Er richtete sich auf und sah sie etwas freundlicher an. »Ja, ich glaube schon.« Er setzte die goldumrandete Lesebrille auf, blätterte in einer Akte und nahm einen Briefbogen mit dem Wappen von Kirtinagar heraus. Er nickte zufrieden und las den Brief noch einmal genau durch. »Ja, es klingt ermutigend. Es war sehr freundlich von dir, den Brief mitzubringen.«
    »Nimmt er dein Angebot an?«
    »Nein, aber er wird es annehmen. Er hat noch nicht angebissen, aber er interessiert sich für den Köder. Hat er sich dir gegenüber irgendwie geäußert?«
    Olivia hatte ihrem Onkel (natürlich mit gewissen Auslassungen!) genau von dem Wochenende berichtet. Sie schüttelte den Kopf und betrachtete ihre Fingernägel. »Nein. Aber Onkel Josh, meiner Meinung nach ist Arvind Singh kein Mann, der nur an Geld denkt.«
    »Das ist nur eine Frage der Größenordnung. Geld spricht eine besondere Sprache, mein Kind, und sie klingt auch in den

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