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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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verbranntem Öl und stickiger Kohle stieg ihnen in die Nase. Olivia mußte husten.
    » Das ist der Preis für den Fortschritt!« erklärte Raventhorne bitter.
    »Das macht dieses wundervolle Schiff zu einem häßlichen Ungeheuer.«
    Es war kein schöner Anblick. Olivia preßte sich ein Taschentuch an die Nase und sagte begütigend: »Aber es ist das schnellste Ungeheuer auf allen Meeren.«
    Jai wollte sich nicht trösten lassen. »Der Bericht des Kapitäns über die Fahrt macht alle Triumphe zunichte. Sie müssen sich nur einmal das Logbuch ansehen. Wenn die Kessel hochgeheizt sind, stößt der Schornstein dicke, schwarze Qualmwolken aus, die alle Segel rußig machen. Damit ist es endgültig aus und vorbei mit einem weißen Segelschiff. Die Kolben stampfen, die Feuerung dröhnt und prasselt, und das gesamte Schiff vibriert von den Schaufeln unter dem Heck. Der Lärm ist ohrenbetäubend, und hier herrscht eine Hitze wie in der Hölle – und das müssen meine Männer aushalten.«
    Ein Mann, offenbar der Heizer, trat zu ihnen und legte schweigend den Zeigefinger an die Mütze. In seinem pechschwarzen Gesicht leuchtete nur das Weiß seiner Augen. Schweiß lief ihm über das Gesicht und die nackte Brust. Der Mann roch nicht sehr angenehm. Er wollte nach der Kohleschaufel greifen, aber Raventhorne hinderte ihn mit einem knappen Befehl daran. Der Mann sah ihn an, und die weißen Zähne zeigten, daß er lachte. Er salutierte noch einmal und verschwand wieder.
    Raventhorne fluchte leise und versetzte einem der Kessel einen so heftigen Tritt, daß sich im Innern etwas löste und gegen das Eisen polterte. »Diese Männer sind einfache Matrosen«, knurrte er böse. »Sie vertrauen auf die Sterne, den Wind und Gott. Jetzt sagen wir ihnen, sie sollen alles vergessen und den Ingenieuren vertrauen!«
    Sein Zorn verflog, und Resignation lag auf seinem Gesicht. »Das ist das Ende eines Kapitels, Olivia. Für mich und vielleicht auch für andere ist es damit mit der Romantik der Seefahrt vorbei. Noch lockt die See und das Abenteuer, aber mit jeder technischen Neuheit geht unwiederbringlich wieder etwas verloren.«
    Das echte Gefühl, das aus seinen Worten sprach, verblüffte Olivia.
    »Warum entscheiden Sie sich dann für eine Neuerung, die Sie so unglücklich macht?«
    Er seufzte. »Weil ich wie alle an diesem schrecklichen Wettlauf beteiligt bin, der nie aufhört. Auch ich bin in der Tretmühle.«
    »Warum springen Sie nicht ab?«
    »Das kann ich nicht!« erwiderte er heftig, »dazu ist es zu spät.«
    Olivia wußte darauf keine Antwort und schwieg.
    Auf dem Rückweg kamen sie an den Mannschaftsräumen vorbei. Der Schlafraum war sauber und gepflegt, die Kojen hatten Baumwollmatratzen, dicke Bettücher und Wolldecken. Durch Bullaugen kam Luft in die Räume – eine Seltenheit auf den Schiffen, wo die Mannschaftsquartiere meist unterhalb der Wasserlinie lagen, wo es kein Licht und noch weniger Luft gab. Olivia warf auch einen Blick in die Waschräume und Toiletten. Alles war blitzblank, hygienisch sauber und roch nach einem Desinfektionsmittel.
    »Und? Kann ich vor Ihren Augen bestehen?« fragte Raventhorne. Er lehnte am Türrahmen und sah sie nachsichtig an.
    »Erst wenn ich noch einen Blick in die Kombüse geworfen habe. Die meisten Schiffseigner muten ihren Mannschaften einen ungenießbaren Fraß zu. Ich möchte mich davon überzeugen, daß Sie es nicht tun«, erwiderte Olivia, die wußte, daß die Küche so gepflegt und sauber sein würde wie alles andere.
    Unter den erstaunten Blicken der beiden Köche in weißen Schürzen betrachtete Olivia prüfend die Fässer mit Reis, Linsen, Mehl, Grieß, Öl und Sirup. Nirgends entdeckte sie eine Spur von Schimmel oder Ungeziefer. Alles war ordentlich beschriftet, Teller, Töpfe und Pfannen waren blitzblank geputzt. Für Küchenutensilien gab es Regale, und über den großen Becken sah sie Wasserhähne. Sogar die Abfalltonnen waren sauber und keine Nahrungsquellen für Ratten, Mäuse und Kakerlaken. Das hatte auf dem Handelsschiff, mit dem sie nach Indien gekommen war, ganz anders ausgesehen. In der Kantine nebenan standen Tische und Bänke mit Blechschüsseln und -bechern.
    »Sie behandeln Ihre Männer gut«, sagte Olivia beeindruckt.
    »Überrascht Sie das? Glauben Sie, diese Männer verdienen es nicht, in einer anständigen Umgebung zu arbeiten und zu leben, anstatt wie elende Würmer in einem Loch zu vegetieren?«
    »Oh, ich glaube das schon, aber die meisten Schiffseigner sind

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