Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
Vom Netzwerk:
Gegenüber die ganze Geschichte zweimal erzählen, einmal in der richtigen Reihenfolge, einmal rückwärts. Lügner machen dann Fehler.«
    »Toll«, sagte Maiken. Es klang einen Tick ironisch, aber ich wollte jetzt nicht pingelig sein und beschloss, diesen Kommentar als Interesse zu werten.
    Ich spann meinen Gedanken weiter. »Wisst ihr was? Ich glaube, Ötzi wusste das nicht. Ich vermute, er wurde belogen, und weil er das nicht gemerkt hat, konnten seine Gegner ihn ermorden. Alle Fakten sprechen dafür.«
    »Welche Fakten?«, fragte Helge. Ha! Ich hatte ihn. Er wollte das wissen! Maiken nicht, sie starrte Helge nur wütend an.
    Egal. Ein Zuhörer reichte mir. »Pass auf, das war damals vor fünftausend Jahren so: Rund vierundzwanzig Stunden vor seinem Tod war Ötzi in einen Nahkampf verwickelt. Das erkennt man noch heute an Kratzspuren an seinem Körper. Ungefähr sechs Stunden vor seinem Tod bestieg er einen Berg, was man an den Pollen an seiner Kleidung erkennt. War er auf der Flucht? Versuchte er, seine Verfolger abzuhängen? Das weiß man nicht. Dagegen spricht aber, dass er rund eine Stunde vor seinem Tod ganz gemütlich eine ausführliche Mahlzeit zu sich nahm. Das tut man doch nicht, wenn man flieht.«
    Helge hörte mir immer noch zu und ich wandte mich nur noch an ihn, als ich weitererzählte. »Dann hat sich Ötzi wieder auf den Weg gemacht und irgendjemand hat ihm von hinten einen Pfeil in den Rücken geschossen. Zack. Tot.«

    »Echt?«, fragte Helge. Maiken trat ihm ans Schienbein. Ich glaube, sie wollte, dass ich das sah. Ich tat aber, als hätte ich nichts bemerkt.
    »Ich glaube, es gibt zwei Möglichkeiten«, fuhr ich fort. »Entweder hat Ötzi den Steinbock nicht allein gegessen. Jemand könnte bei ihm gewesen sein, mit ihm gepicknickt haben, ihn auf seinem Weg begleitet und ihn von hinten ermordet haben. Oder jemand hat ihm nach dem Nahkampf im Tal glaubhaft versichert, dass ihm niemand folgen würde, was aber nicht stimmte.«
    »Warum beschäftigst du dich eigentlich die ganze Zeit mit diesem gefriergetrockneten Steinzeitgrufti?«, fauchte Maiken. »Ist doch egal, warum er getötet wurde. Den Mörder kannst du sowieso nicht mehr schnappen, der ist inzwischen zu Staub zerfallen. Wieso denkst du darüber nach?«
    »Menno, weil mir langweilig ist. LANGWEILIG! «
    »Mir aber nicht, ich hab zu tun. Also lass mich jetzt mal mit diesem Ötzi-Kram in Ruhe.« Maiken vertiefte sich wieder in ihr Buch.
    »Ja, stimmt, wir müssen arbeiten«, sagte Helge bedauernd. Aber wenigstens zwinkerte er mir zu.
    10.00 Uhr   Mensch, das ist wirklich langweilig hier. Was mach ich denn jetzt? Wortspiele?
    Also: Von A bis Z ist dieser Tag: Abwechslungsarm. Banal. Doof. Eintönig. Fad. Geisttötend. Hohl. Inaktiv. Jämmerlich. Kontrastarm. Lau. Mau. Nichtssagend. Öde. Paradox. Quälend. Reizlos. Stumpfsinnig. Tranig. Uninteressant. Variationsarm. Witzlos. X-beliebig. Yetieinschläfernd. Zeitverschwendung!!!
    10.20 Uhr   Das gibt’s doch nicht. Mit C fällt mir nichts ein. Cheiße.
    Mist, warum habe ich nicht die Frühschicht genommen? Meine Zeit auf dem Hochsitz beginnt heute nämlich erst um eins. Bis dahin habe ich frei, aber das ist doof, denn alle anderen arbeiten jetzt. Die müssen nämlich alle nicht schichten, weil sie ihre Aufgaben immer zu zweit erledigen dürfen, und zwar alle vormittags. Nachmittags haben sie frei. Die Pferde muss man nämlich nicht rund um die Uhr  beobachten, da reicht eine tägliche Gesundheitsüberprüfung. Und in den Kuhfladen stochern Vicky und Robert pro Tag auch nur zwei oder drei Stunden lang. Ob Stella und Torsten überhaupt was tun oder sich nur im Unterholz vergnügen, weiß kein Mensch.
    Toll. Simon und ich haben den fiesesten Job, wir sind immer allein. Und ich habe den allerfiesesten, denn heute Nachmittag, wenn selbst Simon mit den anderen im See badet und Spaß hat, sitze ich im Wald und langweile mich wieder.

    10.30 Uhr   Ja, ich bin mies drauf. Ich glaube, ich lege mich in den Liegestuhl und schlafe noch mal eine Runde. Wenn ich ehrlich bin, schlafe ich nachts am Strand immer noch nicht gut. Ich schaffe es jetzt ohne Maiken, die wegen all der kleinen Krabbeltiere wieder ins Haus gezogen ist. Aber Tiefschlaf ist das nicht. Bei jedem Geräusch fahre ich hoch. Vielleicht bin ich deswegen gerade so muffelig. Aber ich habe mir fest vorgenommen, das trotzdem durchzuziehen. Es ist nach wie vor gut, wenn ich das Turteln von Vicky und Tom nicht mitansehen muss.
    15.30 Uhr

Weitere Kostenlose Bücher