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Wer liebt mich und wenn nicht warum

Wer liebt mich und wenn nicht warum

Titel: Wer liebt mich und wenn nicht warum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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wissen will, ob es funktioniert. Jugend forscht, hähä.
    15.12 Uhr   Volltreffer! Genau aufs Hinterteil. Ich habe nicht fest geworfen, der Zapfen ploppte nur ganz sanft auf die Kruppe des schwarzen Muskelpakets mit den Riesenhörnern. Aber nach dem dritten Zapfen war das dem Stier doch lästig. Er schüttelte genervt den Kopf, stand auf und trottete ein paar Schritte weiter. Die Kühe erhoben sich ebenfalls und folgten ihm, zusammen zog die Herde mitten auf die Wiese.
    Genial! Aschenputtel hatte Täubchen als tierische Helfer. Ich habe Rindviecher. Jetzt ist da ein unüberwindbares Hinderniszwischen Vicky und Tom. Um zum Steg zu kommen, muss sie über diese Wiese, denn der Wald, der die Lichtung umsäumt, ist sumpfig und fast undurchdringlich. Das schafft sie nie.
    15.17 Uhr   Schwupp, schon tritt Vicky den Rückzug an. Ich werfe ihr noch ein Kusshändchen zu. Oh, ich glaube, das hat sie gesehen.
    15.40 Uhr   Gäääähn. Mensch, bin ich müde. Dieses gleichmäßige Geräusch, wenn Kühe Gras abrupfen und zermalmen, ist unglaublich beruhigend.
    Rapf. Rapf. Rapf. Man wird ganz dösig davon.

Betreff: Inselstress
    Datum: 15. 06., 22:17 Uhr  
    Von: Tom Barker < [email protected] >
    An: Felix von Winning < [email protected] >
    Hi!
    Ich hab gerade übelst Stress. Der Tag fing gut an und endete im Fiasko. Sieh selbst …
    So long,
    Tom

    In der Mitte des Bildes erkennt man einen Zaunpfosten, dahinter den See.
    »Schön, oder?«, fragt Toms Stimme aus dem Off. »Mein Werk!«
    Jetzt schwenkt die Kamera langsam nach rechts. Ein weiterer Pfosten kommt ins Bild. Noch einer. Und noch einer. Und noch einer.
    Die Bewegung wird schneller, ganz viele Pfosten sausen durchs Bild. Dann stoppt die Kamera und wechselt die Richtung. Dieselben Pflöcke gleiten noch einmal in umgekehrter Reihenfolge an der Linse vorbei.
    »Hi Felix!«, hört man Toms Stimme aus dem Off. »Erst mal ein Wink mit dem Zaunpfahl! Was du hier siehst, habe ich geschaffen. Zum ersten Mal im Leben kann ich sagen: Ich habe Spuren auf dieser Welt hinterlassen. Das ist doch super, oder?«
    Plötzlich stockt die Kamera. »Moment mal«, murmelt Tom. Er dreht sich um und nimmt eine Wiese ins Visier, auf der Auerochsen grasen, zoomt näher, das Bild wird größer. Eine schwarze Kuh kratzt sich mit dem eigenen Horn am Hinterteil. »Da stimmt doch was nicht.«
    Die Kamera zeigt jetzt einen Hochsitz ganz nah bei den Kühen unter einer großen Buche. »Guck mal da oben. Na, was siehst du? Genau. Du siehst nichts. Da sitzt niemand. Aber da sollte jemand sitzen und zwar Lilia. Sie hat gerade Auerochsendienst. Ich geh mal lieber nachsehen, wo sie steckt, nicht, dass eins der Rinder sie auf die Hörner genommen hat.«
    Während er gesprochen hat, ist Tom langsam auf die Kühe zugegangen. Sie beachten ihn nicht und grasen weiter. Trotzdem stoppt er jetzt. »Näher gehe ich besser nicht ran«, flüstert er. »Komisch. Nirgends eine Menschenseele zu sehen. Aber die Tiere sehen eigentlich nicht aus, als hätten sie gerade jemanden totgetrampelt. Vielleicht beobachtet Lilia sie von unten. Oder sie hatte ein menschliches Bedürfnis und hat sich kurz in die Büsche verdrückt. Achtung, nicht erschrecken, ich pfeife jetzt mal, dann zeigt sie sich vielleicht.«
    Das Bild wackelt und man hört einen gellenden Pfiff. Danach bleibt erst mal alles still. Die Kühe blicken auf, senken aber nach ein paar Sekunden die Köpfe und fressen ungerührt weiter.
    »Seltsam«, sagt Tom. »Wo steckt denn Lilia? Ich suche sie besser mal. Nur wo?«
    Das Bild wird schwarz.
    Neue Einstellung: Tom steht vor der Leiter eines Hochsitzes. »Hi Felix, da bin ich wieder. Ich habe Lilia gefunden, sie ist da oben. Aber warte, bis du das selbst siehst.«
    Das Bild bebt und schwankt, man erkennt gar nichts mehr. Aber man hört: Tom klettert die Leiter hoch.
    Jetzt sieht man das Innere der Beobachtungskanzel. Auf einer hölzernen Bank sitzt Lilia, sie ist vornübergesunken und ihr Kopf liegt auf dem Brett, das ihr als Tisch dienen sollte. Ihre Haare sind zerzaust und verbergen ihr Gesicht. Leise Schnarchtöne beweisen: Sie lebt.
    »Tja, das ist die Situation. Lilia schläft wie ein Murmeltier. Ich habe sie eben schon angesprochen, aber sie reagiert nicht«, sagt Tom mit gedämpfter Stimme. »Und ich glaube, sie hat ein Problem. Das Formular, das sie da als Kopfkissen benutzt, wurde von ihr vor drei Stunden ausgefüllt. Ein neueres sehe ich nicht. Ich glaube, die pennt hier schon eine ganze Weile! Die

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