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Wer liest, kommt weiter

Wer liest, kommt weiter

Titel: Wer liest, kommt weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Denk
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zu verstehen.
    Hier können wir beim Vergleich den dialektischen Aufbau beider Gedichte entdecken: Im ersten Gedicht: die Zeichnung – das positive Urteil der Tochter: fertig war DAS HAUS – dann die Schlußfolgerung des Vaters: daß man vieles nicht braucht. Im zweiten Gedicht: das Haus am See – der Rauch – die Folgerung des Dichters: ein menschenleeres Haus ist trostlos.
    Doch es gibt noch eine höhere Stufe des Denkens als das Nachdenken, die wir ebenfalls leichter erreichen können, wenn wir lesen: das kritische Denken. Ref 4

    Wer liest, lernt kritisch denken
    Um 1980 wohnten wir in einem Dorf bei Weilheim, wo es in der Bäckerei Weißbrot oder Mischbrot gab. Heute können wir und müssen wir unter zehn und mehr Brotsorten auswählen. »Krinein« heißt griechisch: trennen, unterscheiden, auch: auswählen. Je mehr man uns anbietet, desto mehr müssen wir »kritisch« urteilen. Das gilt für alle Waren, für Fernsehprogramme, erst recht für Milliarden Seiten im Internet. Kritisches Denken ist also heute noch notwendiger als im vorigen Jahrtausend.
    Wie aber können wir kritisches Denken lernen? Früher gab es ein faszinierendes Übungsfeld, das ich mit Schülern immer wieder bearbeitet habe: die Tabakwerbung. Denn je angreifbarer ein Produkt ist, desto raffinierter muß die Werbung sein.
    Bei dem Slogan von Camel zum Beispiel, Ich geh meilenweit für Camel, brauchte man nur das märchenhafte meilenweit, das idealistische für und die Marke zu ersetzen (»Ich geh Kilometer wegen Zigaretten«), um zu sehen, daß der Camel-Slogan die Sucht zu einer Suche nach etwas Höherem umdichtete.
    Noch raffinierter war die Werbung für Marlboro, die in den 60er Jahren mit den Werbe-Versen Marlboro gehört dazu oder Come to flavor – Marlboro vergeblich versucht hatte, die Vorherrschaft von HB (Frohen Herzens genießen) zu brechen. 1971 jedoch begann mit dem Marlboro-Cowboy der Siegeszug dieser weltweit erfolgreichsten Marke auch in Deutschland.
    Der neue Slogan, Der Geschmack von Freiheit und Abenteuer, war wie der Camel-Slogan eine Vorspiegelung. Entscheidend war jedoch der Cowboy, der kerngesund ist, nicht obwohl er raucht, sondern weil er raucht, nämlich: Marlboro raucht! Die Camel-Werbung »widerlegte« also die Angst vor der Sucht, die Marlboro-Werbung die Angst vor den gesundheitlichen Folgen.
    Inzwischen ist das Rauchen in den westlichen Ländern verpönt, fast kriminalisiert; dafür rauchen die Männer in Ländern wie Rußland und China um so mehr, vielleicht weil die Werbung auch dort den Rauchern Freiheit verheißt?
    Später übten wir das kritische Lesen an offiziellen Texten. So lasen wir ein Faltblatt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über Ecstasy, die Szenedroge schlechthin. Das Ergebnis unserer Analyse konnten wir 1996 auf der von Kurt Reumann redigierten Seite Jugend schreibt in der F.A.Z. veröffentlichen. Bald darauf wurde der Prospekt umgeschrieben.
    Und mit Schweizer Schülern las ich die 2005 herausgegebene Broschüre ACHTUNG RUTSCHGEFAHR ! Daraus nur ein Zitat:
    Suchtmittel  ... können zu einer Abhängigkeit führen. Beispiele:
    Alkohol erhöht z.B. das Risiko für Unfälle und aggressives Verhalten. Im Übermass konsumiert kann er fast jedes menschliche Organ schädigen (z.B. Herz, Leber, Magen oder Gehirn) und schwer abhängig machen. Tabak macht schnell abhängig, schadet insbesondere den Lungen und dem Herz-Kreislauf-System. Zigaretten sind teuer und der Rauch riecht schlecht. Cannabis ist z. B. hinderlich beim Lernen, belastet die Lungen und kann abhängig machen. Ecstasy und Amphetamine belasten z.B. den Kreislauf und können abhängig machen. Heroin oder Kokain können sehr schnell und stark abhängig machen – und die Gesundheit sowie die Lebensqualität der Betroffenen schwer schädigen.
    Es wird also etwa achtfach vor dem Alkohol gewarnt, sechsfach vor dem Rauchen und am wenigsten vor den für Jugendliche nicht weniger gefährlichen Drogen Cannabis und Ecstasy.
    Heute würde ich mit Schülern zum Beispiel die neueste Broschüre zum Jugendmedienschutz lesen. Darin schreibt die Leiterin der Stabsstelle der Kommission für Jugendmedienschutz als erstes: Medien können Kindern helfen, Kompetenzen zu entwikkeln: Sie können Wissen vermitteln, Sprachkenntnisse fördern oder Schreib- und Lesefähigkeiten verbessern. Sind hier etwa die Printmedien gemeint, auf die das alles immer zutrifft? Nein, gemeint sind ausschließlich die visuellen Medien wie Fernsehen, Internet,

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