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Wer liest, kommt weiter

Wer liest, kommt weiter

Titel: Wer liest, kommt weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Denk
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Respekt vor der Mathematik. Wenn man Rechtschreibfehler macht, kann man bei Google trotzdem Gnade finden. Den Autor des Buches Der Zahlenteufel. Ein Kopfkissenbuch für alle, die Angst vor der Mathematik haben (1997), aus dem die drei Multiplikationen aus lauter Einsen entnommen sind, kann man auf etwa zehn verschiedene Weisen schreiben, mit Ä, mit tz usw. Trotzdem findet die Suchmaschine immer: Enzensberger. Wer aber eine »falsche« Zahl eingibt, bekommt immer ein »falsches« Ergebnis. Ref 8
    Deshalb müssen wir auch in der Mathematik richtig lesen, um richtig rechnen zu können, und in der Geometrie genau hinschauen, um die Aufgaben zu lösen. Übrigens heißt das griechische Verb »legein« nicht nur lesen und sprechen, sondern auch aufzählen – ähnlich wie im Deutschen »zählen« und »erzählen« (englisch: »to tell«) zusammengehören. So hängen alle Denkvorgänge miteinander zusammen.
    Dazu paßt auch der Name der seit 30 Jahren wichtigsten Maschine der Menschheit, des Computers. »Computare« heißt lateinisch »zusammenrechnen«; französisch »compter« heißt zählen; auf dem »Konto« wird Geld zusammengerechnet. »Putare« aber heißt nicht rechnen, sondern bedenken und glauben.
    Der Computer war ursprünglich »nur« eine Rechenmaschine. Anfang der 80er Jahre war er kurz auch die beste Schreibmaschine und verdrängte sämtliche Typenrad- und Kugelkopf-schreIBMaschinen (so damals der Slogan), die wir kurz zuvor noch als Höhepunkte des technischen Fortschritts angesehen hatten. Dann erst wurde er zum mächtigen Unterhaltungsmedium. Vor allem wurde und blieb er der zentrale Apparat in den Büros und der Wirtschaft, für die Wissenschaften und die Technik, wo vor allem das Zählbare und Meßbare zählt.
    Für den Menschen als dialogisches Lebewesen ist jedoch das Hören und Erzählen noch zentraler als das Zählen und Messen. Der deutsch-amerikanische Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum fragt deshalb in seinem Buch Die Macht der Computer und die Ohmacht der Vernunft (1977) zu Recht, bei welchen Dingen es überhaupt wichtig ist, daß sie gezählt werden.
    Welche Zahlen aber zählen für unser Leben? In den meisten Romanen spielen Zahlen keine Rolle, auf manchen Seiten der Zeitungen hingegen wimmelt es von ihnen: im Wirtschaftsteil und im Sport. Die Bücher mit den meisten Zahlen schließlich, Fahrpläne und Telefonbücher, sind durch die Computer überflüssig geworden. Wird durch die Computer auch unser Gedächtnis überflüssig? Keineswegs. Denn letztlich zählt vor allem das, was wir selber im Kopf haben. Um aber unser Gedächtnis zu trainieren, gibt es eine einfache Übung: das Lesen.

    Wer liest, erinnert sich und übt sein Gedächtnis
    Er vergesse das meiste, was er gelesen habe, schreibt Lichtenberg, wie oben erwähnt; trotzdem trage die Lektüre zur Erhaltung seines Geistes bei. Nicht nur dadurch, daß wir beim Lesen das Denken üben, sondern auch dadurch, daß das Lesen unser Gedächtnis verbessert, selbst wenn wir noch mehr vergessen als Lichtenberg, der bestimmt auch vieles behalten hat.
    Leider findet sich zum Thema Lesen und Gedächtnis in den einschlägigen Büchern, jeweils mit dem Titel Lernen und Gedächtnis, nahezu nichts. Bei Fritz Schermer (4. Auflage 2006), James E. Mazur (5. Auflage 2004) und bei Gluck, Mercado und Myers (2010) zum Beispiel fehlt das Stichwort »Lesen« sogar ganz. Wünschen sich die Verfasser dieser dicken Bücher etwa nicht, daß ihre Erkenntnisse gelesen und behalten werden?
    Auch ohne Forscher zu sein, können wir vier Gründe dafür finden, daß wir beim Lesen unser Gedächtnis üben:
    Wir wiederholen und lernen beim Lesen Wörter, Grammatik, syntaktische Strukturen, stilistische Wendungen etc.
    Wir wiederholen und lernen beim Lesen, ohne darauf zu achten, immer wieder bestimmte Inhalte.
    Wir erweitern, darf man vermuten, beim Lesen – so wie beim Sport die Lungenkapazität – unsere Gedächtniskapazität, die zu unserem Denkvermögen gehört.
    Das Beste daran ist aber, daß diese Wirkung nicht mühsam angestrebt werden muß, sondern sich, wie fast alle Vorzüge des Lesens, gleichsam nebenbei ergibt. Das Lesen ist sozusagen wie das Reisen: Man tut es gern, lernt immer etwas dazu und erinnert sich später gern daran.
    Zuletzt sei erwähnt, daß wir beim Lesen auch ganz bewußt unser Gedächtnis trainieren können. Das wäre der vierte Grund: Wenn wir einen Text auswendig lernen wollen, lesen wir ihn, meistens mehrmals, schreiben ihn ab, sagen

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