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Wer liest, kommt weiter

Wer liest, kommt weiter

Titel: Wer liest, kommt weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Denk
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da gelingen, die für das Lesen nötige Zeit zu finden? Wir sollten es machen wie die Sportler mit ihren täglichen Trainingszeiten und die Programmdirektoren beim Fernsehen: Wir brauchen Riten, regelmäßige Zeiten für regelmäßige Handlungen.
    Am Morgen also die Lektüre der Tageszeitung, 20 Minuten oder besser etwas länger: geistiges Jogging, zum Beispiel mit dem Streiflicht der Süddeutschen, dem Leitartikel der F.A.Z. oder dem der Welt, auch als Vorbereitung auf die Gespräche mit Kollegen. Dabei verweilen wir kurz in unseren Lieblingsgebieten, in denen wir so unsere Kenntnisse erweitern und vertiefen, mit dem Vorsatz, den einen oder anderen Artikel später noch genauer zu lesen oder auch auszuschneiden und im Privatarchiv aufzuheben.
    Tagsüber wäre am Wochenende und im Urlaub genug Zeit zur Lektüre. Man muß es nur wollen. Und man braucht wahrhaftig kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man pro Woche, sagen wir, dreimal zwei Stunden, also sechs Stunden im Sessel sitzt und liest und dabei geistig weiterkommt.
    Am besten wäre natürlich, man würde noch etwas vor dem Einschlafen lesen. Einerseits schläft man beim Lesen gut ein, weil man aufhört, wenn man sich nicht mehr konzentrieren kann (visuelle Medien hingegen fesseln die meisten von uns, auch wenn wir müde sind). Andererseits könnte man so den Tag beenden, wie man ihn begonnen hat, mit einer geistigen und damit zutiefst menschlichen Übung.
    Dazu sagt uns Goethe bzw. Theaterdirektor Serlo am Anfang des 5. Buchs des Bildungs- und Entwicklungsromans Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795):
»Man sollte«, sagte er, »alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.«
    Wären das nicht schöne und kluge tägliche Trainingseinheiten? Jeden Tag eine Seite in einer Gedichtanthologie, ein Lied von der CD oder am Klavier, ein Bild in einem Kunstbuch, ein Bibelvers oder eine Maxime wie die eben zitierte?
    Wenn man übrigens am 26. Juni 2012 mittags, auf der Suche nach dieser Maxime bei Google folgendes eingab: man sollte jeden tag ein gedicht goethe, dann erhielt man fünf Treffer mit fünf unterschiedlichen »Zitaten«, u.a. mit folgenden Fehlern: Man soll alle Tage, Man soll jeden Tag, wenn es möglich zu manchen ist, ein vernünftiges Wort sprechen.
    Nur ein Zitat war richtig, und das fehlerhafteste (mit 3 Fehlern) tauchte zweimal auf. So muß man alles, was man im Internet findet und guten Gewissens zitieren will, anschließend in einem Buch überprüfen. Was bedeutet dies für unsere nächste Frage, wie wir am besten lesen können: in Büchern, im Internet, mit dem iPad oder einem Lesegerät wie dem Kindle?

33. Wie können wir lesen?
    An dieser Stelle des Buches, reichlich spät, frage ich mich, ob ich voreingenommen bin? Bin ich altmodisch, nostalgisch? Habe ich etwas gegen den technischen Fortschritt?
    Ich hatte unter mehr als 100 Kolleginnen und Kollegen am Gymnasium Weilheim als erster einen Kopierer und ein Fax, auch früh eine elektrische Schreibmaschine, mit der ich 1978 einen Versuch einer Pressekritik (1978) schrieb. Mein zweites Buch, Die Zensur der Nachgeborenen, schrieb ich 1993 bis 1995 auf einem Atari-Computer, den ich seit 1985 hatte. Zum Glück gab es noch kein Internet, sonst hätte ich die 480 Seiten dieses zornigen Buchs kaum zuwege gebracht. Bei unserem Widerstand gegen die Rechtschreibreform konnte ich das Fax gut gebrauchen, desgleichen das Handy, das ich damals gekauft habe, und später das E-Mail. Nein – ich bin nicht technikfeindlich, sondern ein dankbarer Benutzer aller hilfreichen Geräte.
    Wie ist das nun beim Lesen von Büchern, Zeitschriften und Zeitungen, die wir bis etwa 1995 ausschließlich auf Papier gelesen haben? Können wir heute und sollen wir in Zukunft auch oder besser an Bildschirmen lesen?

    Lesen am Bildschirm oder auf Papier?
    Wir unterscheiden auch diesmal, wie im vorigen Teil, auf der einen Seite die Leserinnen und Leser, in der Mitte die Medien und die Art des Lesens, schließlich die Betreiber der Medien.
    Wer liest Bücher digital, wer Zeitungen im Internet, auf dem Tablet-Computer oder dem Handy? Wer liest wissenschaftliche Zeitschriftenartikel digital? Wenn man sie genau lesen will, muß man sie ohnehin ausdrucken.
    Zeitungen und Nachrichtenmagazine werden heute von vielen Reisenden und fast allen jungen Menschen nur noch digital gelesen, aber fast immer kürzer und

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