Wer lügt, gewinnt
Amerikaner müssen an der Stanford-Universität unterrichten oder eine Klinik für Verhaltensforschung in Los Angeles besitzen. Was haben Sie eigentlich studiert?
Journalismus.
Laércio seufzte mutlos.
Mir gefällt José Guber, sagte ich.
Das ist keine Frage des Gefallens. Es muß funktionieren. Und dafür gibt es Regeln. Der Vorname muß der eines Heiligen sein, Pedro, Tiago, João, also ein Name aus der beseelten Welt, der Nachname muß entweder pflanzenhaft oder mineralisch sein, um ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen diesen, diesen, diesen, lassen Sie sie uns Naturelemente nennen. Ágata zum Beispiel ist ein großartiger Name für Frauen. Sie könnten sich Gonçalo-Alves nennen, das ist hartes Holz, gut geeignet für Luxusmöbel. Gefällt Ihnen nicht? Und was halten Sie von Tiago Argento, Jakob Silbern?
Mir würde João Peroba besser gefallen, das ist ein schöner brasilianischer Baum.
Peroba hört sich an wie Perobo, eine Nervensäge. Wenn Ihnen Argento nicht zusagt, dann weil Sie lieber aus Holz sein möchten, und das ist sehr edel von Ihnen. João Aroeira, Johannes Mastix. Wie finden Sie das? Der Mastixbaum ist ein medizinischer Baum.
Wenn er medizinisch ist, dann ist er gut. Reichen Sie sich selbst die Hand. So wird der Titel des Buches heißen.
Worum geht es in dem Buch?
Reichen Sie sich selbst die Hand, der Titel sagt schon alles. Die ganze Essenz der Selbsthilfephilosophie ist darin enthalten. Niemand kann einem helfen, wenn man sich nicht selbst hilft. Wenn man sich nicht selbst hilft, hilft einem weder Gott noch sonst jemand.
Und weiter? Das gefällt mir.
Die Idee ist mir gerade erst gekommen, ich muß ein bißchen darüber nachdenken. Das jedenfalls ist das Konzept.
Reichen Sie sich selbst die Hand. Genau. Wir machen eine kleine Auflage, zu jeder Kühnheit gehört eine Prise Vorsicht.
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Vor nichts brauchen wir uns zu fürchten
außer vor den Worten.
Rubem Fonseca
Ein paar einführende Bemerkungen:
Bei meinen Vorträgen überall auf der ganzen Welt erzähle ich immer die Geschichte von einem Mann, der zu mir ins Transzendentale Beratungszentrum Universalis kam. Er klagte über Kopfschmerzen, Übelkeit, Schlaflosigkeit, er lebte in Angst und Schrecken, in der Furcht, von einer schweren Krankheit wie Krebs oder Kropf heimgesucht zu werden. Er arbeitete vierzehn Stunden am Tag, rauchte zwei Schachteln Zigaretten, aß, was ihm in die Finger kam, und verbrachte die Nächte vor dem Fernseher und sah sich Kriegsfilme an, »um abzuschalten«. Sein Arzt hatte die Diagnose Streß gestellt und ihm Ferien ans Herz gelegt, aber er weigerte sich, dem Folge zu leisten, weil sich in ihm, wenn er Urlaub nahm, eine Riesenerwartung aufbaute, er dachte, er werde sich ausruhen, schlafen, Sport treiben, er mietete ein Haus am Meer, gab für die Vorbereitungen all dessen ein Heidengeld aus, fuhr Hunderte und Aberhunderte von Kilometern, und wenn er an dem Ort ankam, empfand er nicht das geringste Vergnügen, der Sand störte ihn, die Sonne, das Haus, Sport trieb er überhaupt keinen, er nahm zu, schlief schlecht und, was das Schlimmste war, er konnte nicht aufhören, an seine Arbeit zu denken, und da es nun schon so war, zog er es vor, gar nicht erst Urlaub zu nehmen. Als ich ihn danach fragte, was er für die Ursache dieser furchtbaren Qualen hielte, antwortete er mir, er habe einen Feind. Jemand, der ihm sage, du bist eine Niete, du bist eine verkrachte Existenz, du bist fett, du denkst nur ans Essen, du machst alles verkehrt, du wirst es nie zu etwas bringen, du brauchst es gar nicht erst zu versuchen, fang gar nicht erst an, laß es sein, schmeiß es auf halber Strecke hin. Wenn es so ist, sagte ich, müssen Sie als erstes den Kontakt zu dieser negativen Person abbrechen, dieser Person, die Ihnen nur destruktive Botschaften vermittelt. Wie soll ich denn den Kontakt zu mir selbst abbrechen? antwortete er mir. Ich bin mein Feind. Ich selbst bin es, der das mit mir macht. Ich kann mir vorstellen, daß Sie jetzt denken, es handelte sich um einen Exzentriker, einen hochneurotischen Menschen. Stimmt’s? Dann liegen Sie falsch. Es war ein ziemlich normaler Mann. Und mehr noch. Leute mit ähnlichen Problemen tauchten zuhauf in unserem Zentrum auf.
Doch kommen wir zu dem Punkt, um den es geht. Wenn wir untersuchen, was uns daran hindert, Glück, Liebe, Freunde, Selbstvertrauen, beruflichen Erfolg zu haben, kommen wir zu folgendem Schluß: schuld haben die anderen, der Chef, der Ehemann, die
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