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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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Gastroenterologe, 8661-7524. Ich wählte. Dr. Cisne hatte gerade Sprechstunde, ich bekam ihn erst beim dritten Versuch an die Strippe. Mit meiner Lexikonverkäuferstimme gab ich mich als Pedro, Ermittlungsbeamter der Polizei, aus und sagte, daß ich seine Zeit nicht lange in Anspruch nehmen wolle, nur ein paar kleine Fragen. Ja, Ronald sei Patient bei ihm gewesen. Ja, Ronald habe an einer nicht diagnostizierten Störung des Magens gelitten, wahrscheinlich verursacht durch emotionale Probleme. Warum kommen Sie nicht vorbei? fragte er. Ich kann die Einzelheiten in meinem Archiv überprüfen. Ich legte auf.
    Ich war schon im Begriff, den Kalender zu schließen, da fiel mir die Ecke von einem Stück Papier ins Auge, das aus dem Leder hervorlugte. Ich zog es heraus. Ein Umschlag mit Fúlvias Namen. Oben rechts befand sich ein Logo, eine Postkutsche mit zwei Cowboys auf dem Kutschbock, einer davon trug eine Winchester bei sich, deren Lauf in die Luft ragte. Wells Fargo Bank, PO Box 5008 – Campbell CA. Ich öffnete den Umschlag. Darin ein Bankauszug, Guthaben drei Millionen zweihunderttausend Dollar. Ich schaute ein zweites Mal. Drei Millionen zweihunderttausend Dollar.
    Ich nahm eine eiskalte Dusche, drei Millionen Dollar, verließ das Haus, aß an der Ecke, drei Millionen, ging wieder nach Hause, setzte mich ins Wohnzimmer und wartete mit dem Umschlag in der Hand auf Fúlvias Rückkehr.

37
    Um zwei Uhr morgens hielt ein Auto vor der Tür meines Hauses. Fúlvia stieg eilig aus, ging um den Wagen herum und verabschiedete sich vom Fahrer. Als sie mich auf dem Sofa erblickte, überall brannte Licht, schlüpfte sie unverzüglich in ihre Rolle der mustergültigen, seriösen Exehefrau, mit dem gleichen Talent wie immer. Sie küßte mich auf die Stirn, sagte, sie sei völlig erledigt, sie habe bis eben ein Gespräch mit einem Geschäftsmann aus Diablo Valley geführt, einem Spezialisten für australische Pythons. Sie fragte, ob es mir besserginge, ob ich gegessen hätte, was sie für mich vorbereitet hatte, ob ich Melissentee wollte.
    Ich zeigte ihr den Auszug von der Fargo Bank. Sie setzte sich in den Sessel und legte die Füße auf den Couchtisch, auf meine Kunstbücher. Das ist Geld von Ronald, sagte sie voller Selbstverständlichkeit.
    Ich fragte, ob es sich um Geld handele, das sie bei Ronalds Tod erhalten hätte, die Versicherung, sagte ich. Es gibt keine Versicherungen in dieser Höhe, antwortete sie, das weißt du ganz genau. Hab schon verstanden, sagte ich, die Versicherung und noch alle möglichen anderen krummen Dinger.
    Sie stand auf, ging zur Bar, griff nach einer Whiskyflasche, einem Glas mit Eis, und fing an davon zu reden, wie sehr ich ihr das Leben versaut hätte. Komm bloß nicht und zeig mit dem Finger auf mich, sagte sie, der Verräter hier bist du, wir waren noch nicht mal richtig verheiratet, da hast du schon angefangen, mit dieser Sekretärin zu vögeln, du hast dich nicht mal bemüht, was Besseres zu finden, du hast das Erstbeste genommen, was dir über den Weg gelaufen ist, eine Sekretärin, sagte sie, du hast nicht mal ein schlechtes Gewissen, daß wir Ronald getötet haben, sagte sie. Natürlich hatte ich kein schlechtes Gewissen. Ich brauchte keine Gewissensbisse zu haben, ich hatte niemanden umgebracht, Fúlvia hatte Ronald getötet, am Tag, als das Verbrechen geschah, nahm sie mir den Revolver aus der Hand, du ich-weiß-nicht-was, sagte sie in ihrem Ärger darüber, daß ich zögerte, und erschoß auch noch das Hausmädchen, ich hätte das Hausmädchen niemals umgebracht, ich hätte Ronald nicht umgebracht, ich hätte überhaupt niemanden umgebracht, Fúlvia war diejenige, die die Menschen so betrachtete wie die Mäuse, die sie den Schlangen in den Schlund warf, die Schuld lag ganz allein bei ihr, und selbst so verspürte ich immer noch Gewissensbisse.
    Aber sie ließ mich nicht zu Wort kommen, sie wollte nichts hören, die alte Hexe. Ich wollte ebenfalls nicht zuhören, ich wollte reden, drei Millionen Dollar, ich weiß, daß das auch Geld aus Versicherungen ist, du Mörderin, wollte ich sagen, du Psychopathin, ich wollte sie an den Schultern packen und durchschütteln, sie schrie, sie hörte mich nicht, mein Geld, sagte sie, mit jedem zweiten Satz wiederholte sie, daß das ihr Geld sei, mein Geld, mein Geld, sie sagte, sie habe sich nie in meine finanziellen Angelegenheiten eingemischt und erwarte, daß ich es genauso machte, sie sagte, bei der Trennung habe sie Anspruch auf die Hälfte von

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