Wer Mit Schuld Beladen Ist
und erschießen sie wegen zwanzig Dollar und dem Schlüssel zu ihrem Minivan.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein Pärchen, das beschließt, die Ehefrau umzubringen, damit es zusammen sein kann? Teufel, das ist nicht vernünftig. Aber es ist eine der ältesten Geschichten der Bibel. David und Batseba, stimmt’s?«
»Russ Van Alstyne hat seine Frau nicht ermordet.«
»Kann irgendjemand anders bestätigen, dass er von Sonnenuntergang bis –aufgang in der Hütte war?«
»Natürlich nicht. Darum ging es ja.«
»Hey, ich verstehe Sie, ich würde auch nicht wollen, dass jemand mitkriegt, wenn ich mit dem Mann einer anderen bumse.«
»Ich habe nicht …« Ihr kam ein Gedanke. »Am Montag hat mich Diakon Willard Aberforth besucht. Gegen dreizehn oder vierzehn Uhr. Ich habe seine Nummer irgendwo.«
»Hat er Mr. Van Alstyne gesehen?«
»Nein. Russ war schon fort, als ich zurückkam.«
An der Tür ertönte ein scharfes Klopfen. Noble Entwhistle steckte den Kopf herein. »Was ist denn jetzt wieder, Officer Entwhistle?« Jensen klang nicht eben erfreut über die Unterbrechung.
»Tut mir leid, Investigator.« Er sah weder Clare noch Jensen an. »Sergeant Morin ist zurück. Er will Sie sprechen.«
»Okay.« Sie erhob sich. Warf Clare einen Blick zu. »Wir machen gleich weiter. Ich möchte, dass Sie über folgendes Wort des Tages nachdenken, während ich weg bin: Komplize.«
Allein gelassen barg Clare das Gesicht in den Händen. Sie wollte nicht über die letzte halbe Stunde nachdenken. Jetzt glaubte jeder der Anwesenden in der Funkzentrale, sie schliefe mit Russ Van Alstyne. Nein, jeder in den drei Countys, da ja auch ein Reporter des Glens Falls Post-Star Zeuge ihrer Erklärung gewesen war. Sie würde das Land verlassen müssen. Sie konnte in den Slums von Kalkutta für die Armen sorgen. Nach zwanzig oder dreißig Jahren sollten die Gerüchte verstummt sein. Natürlich nicht in Millers Kill, wo man sie vermutlich als lokale Legende verehren würde, doch irgendwo in den Vereinigten Staaten müsste sie ihr Gesicht ohne Scham zeigen können.
Sie hörte Stimmen vor der Tür und setzte sich hastig auf. Es klang wie ein Streit. Dann öffnete sich die Tür und zu ihrer Überraschung stürmte Kate Burns, Geoff Burns’ Frau und Sozius, herein. Es musste einer der Tage sein, an denen sie zu Hause arbeitete, während sie sich um ihr Kleinkind kümmerte – sie trug Jeans und einen Pullover, dessen Wolle zweifellos von Ziegenhirten in Kaschmir gesammelt worden war.
»Was wollen Sie denn hier?«, fragte Clare.
»Geoff hat angerufen. Direkt nach Ihrer Erklärung. Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen.«
Clare vergrub erneut ihr Gesicht in den Händen.
»Kommen Sie, wir gehen. Sie müssen keine Fragen mehr beantworten.«
»Aber …« Clare stand auf. »Ich denke nicht, dass Investigator Jensen mir geglaubt hat.«
»Die Frau in dem zu engen Kostüm und den billigen Schuhen? Ich habe mit ihr gesprochen. Der Erzbischof von Canterbury könnte erscheinen, um zu beschwören, dass ihr die ganze Nacht zu dritt Pinokel gespielt habt, und das würde sie auch nicht glauben.« Karen glättete ihre ohnehin makellose kastanienfarbene Frisur und sah Clare verärgert an. »Warum haben Sie ohne Anwalt mit ihr geredet?«
»Nun, Geoff war hier.«
»Geoff kann Ihnen nicht helfen. Er vertritt Russ Van Alstyne, und Sie beide haben gegensätzliche Interessen.«
»Haben wir nicht!«
»Kommen Sie«, drängte Kate. »Ich will nach Hause zu Cody. Dann können wir reden.«
»O mein Gott, Sie haben ihn doch nicht allein gelassen, um mich gegen Kaution rauszuholen, oder?« Sie ließ zu, dass Karen sie durch die Tür in den Korridor führte.
In Harlenes Funkzentrale klingelte ein Telefon. Stimmen, undeutlich, aber aufgeregt, drangen aus der Einsatzzentrale.
»Erstens wurden Sie nicht verhaftet. Keine Verhaftung, keine Kaution. Zweitens würde ich einen Zweijährigen niemals allein lassen. Glücklicherweise war gerade die neue Diakonin da, um über die Spendenkampagne zu sprechen. Sie war großartig. Sobald sie hörte, was passiert war, bot sie sich an, auf Cody aufzupassen.«
»Und Jesus weinte.« Clare spähte in die Funkzentrale. Bis auf Harlene, die wild auf der Tastatur tippend Informationen eingab, war niemand dort. Clare senkte die Stimme. »Bitte, sagen Sie mir, dass Elizabeth de Groot nichts hiervon weiß. Bitte.«
Karen betrachtete sie mit derselben mitleidigen Geringschätzung, mit der ihre Mutter sie angesehen hatte, als Clare in ihrer
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