Wer Mit Schuld Beladen Ist
schweigen. Und ich habe über unsere Reichweite nachgedacht. Ich denke, wir können sie ganz einfach vergrößern, indem wir die Leute, die bereits zur Kongregation gehören, zurück in die Kirchenbänke holen.«
Clare ließ die Diakonin weiterschwatzen, während sie darüber nachdachte, ob sie Elizabeth fragen sollte, was ihre wirkliche Aufgabe in St. Alban’s war. Würden die Informationen, die sie bekam, es wert sein, sich zu verraten? Wenn Sie feindliches Gebiet betreten, schnarrte Sergeant Ashley »Hardball« Wright, lautet die erste, zweite und dritte Regel: Lassen Sie sich nicht erwischen! Ihr alter Militärausbilder würde sie durchrasseln lassen, wenn sie ausplauderte, dass sie das Telefongespräch mitgehört hatte und sich fragte, welchen Auftrag Elizabeth für den Bischof erfüllte.
Elizabeth ging die Luft aus, und sie schaute Clare in einer Mischung aus eitel Sonnenschein und Argwohn an.
»Suchen Sie lieber alles, was Sie benötigen, zusammen, und nehmen Sie es mit nach Hause«, sagte Clare. »Der angekündigte Sturm soll rekordverdächtig werden. Und Sie wollen doch sicher nicht auf dem Northway steckenbleiben.«
Die feinen Fältchen um Elizabeths Augen entspannten sich kaum wahrnehmbar. »Werden Sie das Sekretariat schließen?«
Clare schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Ich habe heute Morgen noch einige Beratungsgespräche. Wenn es danach schlecht aussieht, schicke ich Mr. Hadley und Lois nach Hause.«
»Was ist mit dem Abendgebet?«
»Lassen Sie uns mal hören, was sich im Rest der Welt tut.« Clare schaltete Lois’ Radio ein. Soeben wurde im Wetterbericht die alphabetische Liste der Bezirksschulen verlesen, an denen der Unterricht ausfiel, gefolgt von Geschäften, die früher schlossen, und Fabriken, die Schichten absagten. Es klang, als würde alle Welt zu Hause bleiben und den Sturm abwarten. »Okay«, meinte Clare. »Ich rufe nachher bei der Unwetter-Hotline an und gebe Bescheid, dass das Abendgebet ausfällt.« Zweieinhalb Jahre zuvor hatte sie nicht einmal gewusst, dass es so etwas wie eine Unwetter-Hotline gab. Jetzt hatte sie die Nummer im Telefon gespeichert.
Sie überließ ihre neue Diakonin dem weiteren Sammeln von Informationen über das Spendenprogramm oder ihren Umsturzplänen und ging in ihr Büro. Neben die Feuerstelle hatte Mr. Hadley einen großen Eisenkorb mit Holz und Fidibussen gestellt, und sie entzündete ein Feuer im Kamin, dankbar für die beruhigende Tätigkeit. Und als das Holz Feuer fing und die Flammen nach oben züngelten, war sie dankbar, ihre Tage in einem alten schönen Gebäude mit echten funktionierenden Kaminen verbringen zu dürfen. Und unebenen Fußböden. Und undichten Fenstern. Und einer jährlichen Ölrechnung, die vermutlich die Yacht des Präsidenten von Exxon finanzierte.
Ihr erster Termin erschien pünktlich um acht Uhr. Chris Ellis, Vater von drei Kindern und Ehemann von Dr. Anne Vining-Ellis, hatte zwei Monate zuvor in seinem Büro eine Panikattacke erlitten. Sein Arzt verschrieb Valium und Therapie. Nach zwei Sitzungen hatte Clare Chris Ellis’ Problem erkannt. Er hasste seinen Job. Er hasste die Arbeit in der Baubranche; er hasste seine jüngeren, ehrgeizigeren Kollegen; er hasste das Management, das auf den nationalen Ausbau der Firma ausgerichtet war; er hasste die tägliche, zweistündige Fahrt nach Albany. In einer weiteren Sitzung bekannte er, dass er lieber seiner wahren Leidenschaft nachgehen wollte, der Möbeltischlerei, die er gegenwärtig nur als Hobby in seiner Kellerwerkstatt betrieb. Seit damals arbeiteten sie an seiner Entscheidung, entweder abzuspringen oder sein Leben zu akzeptieren, wie es war. Insgeheim glaubte Clare, er sollte den Sprung wagen, doch da sein ältester Sohn an der Brown war und der Zweite kurz davorstand, aufs College zu gehen, begriff sie, warum er zögerte, das regelmäßige Gehalt und die Sozialleistungen aufzugeben.
Sie war entzückt, als er ihr berichtete, dass er einen lohnenden Auftrag angenommen hatte. »Vier klassische Adirondack-Stühle und ein passender Tisch. Genau wie die, die ich für das Restaurant meines Freundes David geschreinert habe. Stellen Sie sich das vor – der Besitzer des Algonquin hat bei David gegessen, meine Möbel gesehen und sich danach erkundigt. Er will einen Satz für das Hotel!«
»Der Besitzer des Algonquin? Hat in Saratoga gegessen?«
»Ja. Er heißt Oppenheimer.«
»Opperman«, verbesserte Clare. »John Opperman.«
»Ich kenne ihn nicht persönlich. Er hat eine
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