Wer Mit Schuld Beladen Ist
Eine Braut für sieben Brüder. Okay, kümmern Sie sich darum. Freunde? Bekannte? Leute, denen er Geld schuldet?«
»Wir beginnen mit dem, was uns sein Bewährungshelfer sagen kann«, antwortete Eric. »Ich rufe in Clinton an und erkundige mich, ob sie Besucherlisten führen.«
»Gut.« Jensen ließ ihren Blick gemächlich durch die Einsatzzentrale wandern und machte so jedem deutlich, dass sie alle im Auge hatte. »Wir brauchen die Aussagen von allen, mit denen er und Keane seit seiner Entlassung in Kontakt standen. Wir müssen diesen Diakon Aberforth befragen, der Reverend Fergusson am Montagnachmittag getroffen hat, und ich will einen Durchsuchungsbeschluss für ihr Auto und die Hütte, in der sie Urlaub gemacht hat. Wir treffen uns um siebzehn Uhr wieder. Vielleicht geht diese Ermittlung jetzt, da wir uns keine Gedanken mehr über den Aufenthaltsort von Mr. Van Alstyne machen müssen, ja besser voran.«
Russ hatte die Namen, Adressen und Telefonnummern der letzten fünf Kunden notiert, für die Linda vor Ort gearbeitet hatte. Er gab Harlene die Liste. »Ich nehme nicht an, dass Sie mich häufig auf dem Handy erreichen können«, sagte er. »Einige dieser Häuser stehen in den Bergen. Falls Sie etwas hören, irgendetwas, und mich nicht erreichen können, rufen Sie eine dieser Nummern an. Ich habe sie so ziemlich in der Reihenfolge aufgeschrieben, in der ich sie besuchen will.«
Harlene, die nach dreißig Jahren in der Funkzentrale die Straßenkarte aller drei Countys im Kopf hatte, schaute von der Liste auf. »Gegen Mittag soll es dick herunterkommen. Sind Sie sicher, dass Sie während eines Sturms in der Gegend herumfahren wollen? Könnten Sie nicht anrufen?«
Er rieb sich den Nasenrücken. »Sie wissen genauso gut wie ich, dass man im persönlichen Gespräch Dinge erfährt, die am Telefon nie erwähnt würden.«
Sie blickte ihn an, als wollte sie sagen: Und zweitens?
»Hier bin ich nutzlos. Eine lahme Ente.« Er machte eine bezeichnende Geste: keine Dienstmarke, keine Waffe, keine Uniform. »Wenn ich nicht rausfahre und etwas unternehme, drehe ich noch durch.«
Sie schüttelte den Kopf. »Passen Sie auf sich auf. Bescheren Sie uns nicht noch mehr Arbeit, indem Sie Ihren Truck gegen einen Baum setzen.«
Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen.
Als er durch den Korridor lief, fühlte sich das seltsam endgültig an, als würde er gehen und nicht mehr zurückkehren. Im Foyer blieb er stehen, um seinen Schal in die Jacke zu stecken, als er Schritte hinter sich hörte. Er drehte sich um. Es war Lyle.
»Was hast du vor?«
»Meine Frau finden.«
Lyle steckte die Hände in die Hosentaschen. »Die Suchmeldung ist draußen. Sie wird in den gesamten Staaten gesucht. Darin steht, dass sie die Frau eines Polizisten ist, deshalb werden alle umso intensiver nach ihr Ausschau halten.«
Natürlich außer denen, die annahmen, dass sie auf der Flucht vor häuslicher Gewalt war, die manchmal in Polizistenfamilien ausbrach. Er zog seine Handschuhe aus der Tasche und streifte sie über.
»Russ«, begann Lyle,
Er hob die Hand. »Nicht.«
»Komm schon. Du musst mich anhören.«
»Nein, muss ich nicht. Das Einzige, was ich tun muss, ist, mich zu beherrschen, damit ich dir nicht die Fresse poliere.« Leeres Gerede. Pose. Ihm war nicht danach, Lyle auseinanderzunehmen. Er fühlte sich nur krank und müde und schmutzig. Und es war erst acht Uhr morgens.
»Sie lebt. Das bedeutet, dass du dich früher oder später damit auseinandersetzen musst.«
»Ihr vergebe ich. Du kannst mich am Arsch lecken.« Er wandte sich zur Marmortreppe.
Lyle packte seinen Arm. Russ wirbelte herum. Er war gut zehn Zentimeter größer und achtzehn Kilo schwerer als MacAuley, doch sein Deputy wich keinen Zentimeter zurück.
»Ich kannte dich damals nicht«, sagte Lyle mit gepresster Stimme. »Sie war unglücklich und einsam, und der einzige Grund …«
»Ich will das nicht hören!«
»Der einzige Grund, warum wir etwas miteinander anfingen, war ihre Wut auf dich, weil du sie nach Millers Kill geschleppt hattest.« Lyle wandte den Blick ab. »Das habe ich erst später begriffen.«
»Überraschenderweise geht es mir jetzt kein bisschen besser.«
»Ach, um Gottes willen, Russ, zieh den Kopf aus dem Arsch! Du warst so eifrig damit beschäftigt, dir einzureden, wie glücklich deine Ehe ist, dass du nie die Augen geöffnet hast, um dir anzusehen, was in Wahrheit ablief. Und ich meine nicht Linda, die mich vor sieben Jahren benutzt hat, um
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