Wer Mit Schuld Beladen Ist
sich zu befreien oder bemerkbar zu machen.«
Barbara und die beiden Arbeiter schauten zur Decke, als könnten sie sich vorstellen, in welchem Zustand Linda sein müsste, um im Inneren des Hotels selbst zu verschwinden.
»Sie sagten, Sie hätten einen Bund mit Generalschlüsseln?«
»Ja«, erwiderte Barbara. Dann sah sie ihn an. »Oh, aber Sie werden doch nicht annehmen …« Sie wand sich unbehaglich. »Sie glauben doch nicht wirklich, dass sie hier ist.«
»Ich weiß es nicht. Aber ich werde nicht wegfahren, bevor ich mich davon überzeugt habe.«
Die Managerin presste die Lippen zusammen. »Ich werde Sie begleiten.«
»Dann los. Wir müssen eine Menge Zimmer kontrollieren.«
42
B en Beagle hielt sich für einen geselligen Menschen. Meistens. Ihm gefiel, dass seine Arbeit ihn mit Männern und Frauen ins Gespräch brachte, die er in einem normalen Kreislauf aus Büroarbeit, Besorgungen, Restaurant und Zuhause nie kennengelernt hätte. Es gefiel ihm, ihren Geständnissen zu lauschen und ihre Geheimnisse auszugraben, und ihm gefiel die Vorstellung, dass hin und wieder etwas von dem, was er schrieb, das Leben eines anderen beeinflusste. Ihm gefielen sogar die E-Mails der Leute – profan, dankbar, komisch, beleidigend.
Doch, beim stepptanzenden Jesus Christus, es gefiel ihm absolut nicht, wenn sie ihm nach Hause folgten.
Genau genommen war er nicht daheim. Technisch gesehen waren die Büros des Post-Star der Öffentlichkeit zugänglich, was bedeutete, dass jeder, der mit einem Reporter darüber reden wollte, dass sein Nachbar der al-Qaida angehörte, oder darüber, dass der Verwaltungsrat der örtlichen Schule von gottlosen Heiden besetzt war, nur die Lobby betreten und die Empfangsdame überzeugen musste, um einen Reporter sprechen zu können. Nicht in der Redaktion, in der Lobby. Und wenn die alle gerade Kaffee holten, dann denjenigen, der am wenigsten Arbeit oder den spätesten Abgabetermin hatte. Die Leute, die den Post-Star aufsuchten, fragten selten namentlich nach einem Reporter. Vermutlich, so dachte Ben, weil sie zu den Menschen gehörten, deren Zeitungen sich seit den Fünfzigern im Haus stapelten und sie sich nicht daran erinnern konnten, wer gegenwärtig in der Redaktion arbeitete und wer 1976 verstorben war.
Unglücklicherweise kannte Debbie Wolecski seinen Namen. Und seine Nummer.
»Warum sind Sie nicht unterwegs und suchen nach meiner Schwester? Ich habe gedacht, das wäre ein großer Fall für Sie!«
Ben schaute aus dem Fenster, wo harter, trockener Schnee Glens Falls in eine Geisterstadt verwandelte, während er den Drang unterdrückte, Weil ich bei diesem Wetter nicht gern fahre zu antworten. »Debbie, ich habe es Ihnen doch bereits am Telefon erklärt. Ein Polizeichef, der seine Frau umbringt und das Ganze mit Hilfe seiner Truppe vertuscht, ist eine Nachricht. Es geht um Korruption und den Missbrauch öffentlichen Vertrauens. Ein Polizeichef, dem die Frau abhaut, ist Klatsch.«
Sie verschränkte die Arme. Wenigstens trug sie heute einen flauschigen Rollkragenpullover anstelle dieses dürftigen Sommerfähnchens von gestern. Leute aus Florida. Hilfe! »Was ist mit seiner Affäre mit dieser Geistlichen? Das ist doch was! Sie haben es in dem Artikel von heute kaum erwähnt.«
»Das ist nur für so ein Schundblatt wie die Weekly World News interessant.« Er seufzte. »Es tut mir leid, dass Ihr Schwager Ihre Schwester schlecht behandelt hat. Aber Ehebruch ist kein Verbrechen mehr, und wir berichten nicht darüber, es sei denn, er ist Teil einer größeren Story. Wenn sich herausstellen würde, dass Chief Van Alstyne Strafzettel von Reverend Fergusson verschwinden ließ oder dem Revier zustehende Mittel zu ihren Gunsten verwendete, würden wir uns sicher intensiv damit beschäftigen. Doch abgesehen davon …«
»Was ist mit der Tatsache, dass gegen sie wegen Mordes an Audrey Keane ermittelt wird?«
Er hob beschwichtigend die Hand. »Ich habe heute bereits zweimal mit einem Mitglied der Polizei von Millers Kill gesprochen, und ehe ich nach Hause gehe, werde ich noch einmal dort anrufen. Glauben Sie mir, der Mord wird in den Schlagzeilen bleiben.« Obgleich die Weigerung des Departments, die Namen von Verdächtigen zu nennen, bedeutete, dass sein Artikel nur zwei oder drei Absätze lang sein würde. Ciara French, die über die Ermittlungen zum Datenbetrug im Mordfall Audrey Keane schrieb, gehörte die Schlagzeile von morgen.
»Das ist alles?« Ihr Mund zuckte. »Sie liegt nicht im
Weitere Kostenlose Bücher