Wer Mit Schuld Beladen Ist
eine Fundgrube des Wissens zu sein?«
»Ach, Sie sind komisch.«
Ein Tritt gegen die halbgeöffnete Tür, und sie schwang auf. Im Türrahmen stand Lois, ein Tablett mit einer Teekanne aus Porzellan, dazu passenden Tassen und Untertassen und Zuckerdose und Sahnekännchen aus Silber in den Händen. »Der Tee ist angerichtet«, verkündete sie.
»Danke, Magenta«, flüsterte Clare. Sie lächelte. »Toll. Vielleicht stellen wir ihn hier auf den Tisch …«
Lois setzte bereits das Tablett ab. Sie sah Clare direkt ins Gesicht und flüsterte: »Gewöhnen Sie sich gar nicht erst daran.«
Elizabeth bewunderte unterdessen lautstark das Porzellan.
Sie haben was gut bei mir, entgegnete Clare lautlos. Während ihr Gast sich mit Tee und Sahne beschäftigte, verließ Lois rückwärtsschreitend das Zimmer. Clare glaubte nicht, jemals zuvor eine sarkastische Verbeugung gesehen zu haben.
»Okay. Kommen wir zum Thema zurück …«
»Selbstverständlich. Wie kann ich Ihnen sonst noch helfen? Ich habe einen Abschluss in seelsorgerischer Beratung. Früher war ich Lehrerin, deshalb hege ich besonderes Interesse an allen Aspekten christlicher Erziehung. In St. Stephen’s habe ich sehr viel in der Gemeindeentwicklung und Freiwilligenkoordination gearbeitet. Und in der Bethesda-Kirche in Saratoga habe ich die Spendenkampagne zur Restaurierung des historischen Glockenturms geleitet.« Sie lächelte Clare strahlend an.
»Wow!« Clare wusste nicht, was sie zu dieser Litanei von Leistungen sagen sollte. »Ehrlich. Wow. Warum sind Sie keine Priesterin?«
Zum ersten Mal wirkte Elizabeth de Groot nicht ganz so heiter. »Ich habe tatsächlich schon einige Male vor dem Zulassungskomitee gestanden.« Sie fingerte an ihrem Kragen herum. »Man schien der Überzeugung, dass ich nicht … nicht wirklich berufen bin.«
Clare spürte, wie sich ihre Wangen röteten. Im Stillen hatte sie an der Frau herumgenörgelt, und nun beschämte Elizabeth sie mit ihrer Ehrlichkeit. »Mir scheint, Sie sind doch berufen, um zu tun, was Sie jetzt tun.«
Die Diakonin stellte ihre Porzellantasse ab. »Nun, ich sitze garantiert nicht herum und schmolle wegen etwas, das nicht zu ändern ist.« Ihr Ton war forsch. »Und ich glaube, dass ich dadurch besonders einfühlsam gegenüber – dass ich dadurch eine gewisse Ehrfurcht vor der Rolle des Priesters empfinde, die mir helfen wird, Ihnen zu helfen.«
In Clares Verstand schrillten diverse Alarmglocken. »Äh, ich sollte Ihnen wohl lieber sagen, dass ich mich mit dieser ganzen Ehrfurchtsgeschichte nicht besonders wohl fühle. Die Ordination verwandelt mich nicht ganz plötzlich in einen netteren und besseren Menschen.«
Elizabeth lächelte nachsichtig. »Sie erinnern mich an einige Eltern mit ihrem ersten Kind, die ich während meiner Zeit als Lehrerin kennenlernte. Sie waren oft unsicher, was die Ausübung ihrer natürlichen Autorität gegenüber ihren Kindern anging. Um die eigene Stellung in der Hierarchie zu akzeptieren, braucht man Zeit und Erfahrung.«
»Ich war zehn Jahre beim Militär. Glauben Sie mir einfach, wenn ich Ihnen versichere, dass ich nicht das geringste Problem mit Autorität habe. Ich will nur nicht in ein Rollenklischee gedrängt werden, das nichts mit mir zu tun hat.«
»Sie haben nicht das Gefühl, dass Sie einige Probleme damit haben, Ihre Gemeinde zu kontrollieren?«
Kontrolle. Ach du lieber Gott. »Führung ist keine Sache der Kontrolle«, sagte Clare. »Führung bedeutet, die Menschen um sich herum mit Vertrauen und Selbstbewusstsein und Erwartung zu erfüllen, damit sie folgen, wenn man sich in eine Richtung wendet.«
»Was ist mit dem Bischof?«
»Was soll mit ihm sein?«
»Haben Sie Probleme mit seiner Autorität über Sie?«
»Ich kann nicht erkennen, was …« Lois’ Erscheinen im Türrahmen rettete Clare vor einer groben Entgegnung.
»Hier ist jemand für Sie.«
»Ich bin in einer Besprechung.« Clares Stimme klang gepresst. »Sie müssen warten. Oder anrufen, um einen Termin zu vereinbaren.«
»Nein, Sie müssen sofort mit ihr reden.«
Lois’ Tonfall erregte Clares Aufmerksamkeit. Die Miene der Sekretärin war angespannt, ihre Lippen zu einem blutlosen Strich zusammengepresst.
»Okay«, gab Clare nach. »Elizabeth, bitte entschuldigen Sie mich.« Sie trat in den Flur. »Was ist denn?«
Lois wies den Flur hinunter zu der Tür, die in den Altarraum führte. »Gehen Sie einfach.« Sie verschwand in Clares Büro. Clare hörte, wie sie de Groot fragte, ob der Tee
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