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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Haus.
    Die Küche wirkte, als wäre sie in den fünfziger Jahren renoviert und seitdem nicht mehr benutzt worden, obwohl Kaffeemaschine, Mikrowelle und Wandtelefon eher neuere Errungenschaften waren. Von einer Rolle neben der Spüle riss er ein paar Küchentücher ab und warf sie auf die Schneepfützen, die sich auf dem Linoleum bildeten.
    Der Kühlschrank hing voller vergilbter Zeitungscartoons und Horoskope, befestigt mit diesen niedlichen Katzenmagneten, die Linda in ihrem Haus nicht zugelassen hätte. Er zog die Tür auf. Speck und Eier. Tupperware-Behälter und ein halbvolles Glas Spaghettisoße. Bier und Milch. Er schraubte die Milch auf und schnupperte. Noch frisch.
    Leise betrat er das Wohnzimmer. Den größten Teil hatte er schon durch das Seitenfenster gesehen – ein Wohnzimmer in praktischem braunem Cord und dunkel gebeizter Kiefer, die Art von Möbeln, die Leute in Ratenkauf-Läden erstanden. Er vermutete, dass selbst der Plasmafernseher in der Ecke mit dem schimmernden weißen Decoder nur geleast war. An einer Wand hing ein Sammelsurium von Familienfotos. Sepiagetönte Hochzeitsbilder neben Studioaufnahmen aus den frühen Siebzigern. Eine alte Dame im Polyesteranzug lächelte vor einer Kulisse von Sears; eine gutaussehende Blondine mit toupierten Haaren in Starpose auf einem Weichzeichnerfoto. Alles passte zu dem Bild, das er sich von Audrey Keane machte, einer alleinlebenden Frau, die genug verdiente, um über die Runden zu kommen, doch nicht viel mehr, und in einem Haus lebte, das sie entweder günstig gekauft oder von ihren Eltern geerbt hatte.
    Doch was bedeuteten dann die drei aufgeklappten Laptops auf dem Tisch an der gegenüberliegenden Wand? Er durchquerte das Zimmer und bückte sich, um unter den Tisch zu schauen. Hinter den verhedderten Stromkabeln entdeckte er einen Funkrouter, der an einer Kabelleitung steckte. Er richtete sich auf, zog ein Papiertaschentuch hervor, wickelte es um seinen Finger, um keine Abdrücke zu hinterlassen, und schaltete die Geräte nacheinander ein.
    Sie mussten im Standby gelaufen sein, denn sie erwachten umgehend zum Leben. Unglücklicherweise kam er an dieser Stelle nicht weiter, da die drei Monitore zur Eingabe eines Passworts aufforderten. Warum schützte eine Frau, die allein lebte, ihre PCs mit Passwörtern? Warum besaß sie ein Netzwerk aus drei Computern mit ständigem Zugang zum Internet? Falls Audrey Keane freiberuflich in einem legalen Hightechjob arbeitete, warum verkündete dann alles in ihrem Haus und ihrem Auto, dass sie gerade so über die Runden kam? Verschwand das Geld in ihrem Arm oder in ihrer Nase?
    Was, zum Teufel, hatte sie am Sonntag in seinem Haus gewollt?
    Er hatte das gesamte Erdgeschoss gesehen. Im ersten Stock mussten zwei Räume und ein Bad sein. Er erklomm die Stufen, sorgsam darauf bedacht, keine Spuren zu verwischen, indem er das Geländer berührte. Er musste sich etwas ausdenken, das Richter Ryswick davon überzeugte, einen Durchsuchungsbeschluss für dieses Haus auszustellen. Und für die Computer. Mark Durkee kannte sich damit vermutlich besser aus als jeder andere Officer in seinem Department – einer der Vorteile von achtundzwanzigjährigen Männern –, doch falls die Festplatten irgendwelche Indizien enthielten, brauchte er jemanden, der sich in Cyberkriminalität auskannte, um sie zu knacken.
    Kurz vor dem Absatz blieb er stehen. Drei offene Türen, genau wie er vorhergesehen hatte. Er konnte das weiße Schimmern der Badezimmerfliesen ausmachen. Falls es in diesem Haus irgendwelches Drogenzubehör gab, sollte es dort drin sein. Er konnte …
    Aus einer der Schlafzimmertüren warf sich ein Mann auf ihn.

26
    E in verschwommener Umriss – schütteres Haar, üppiger dunkler Schnurrbart, die Arme gekreuzt wie ein Linebacker. Russ krallte nach seiner Waffe. Der Mann schlug gegen seine Brust, Russ verlor das Gleichgewicht, stürzte auf die Treppe und polterte Hals über Kopf nach unten, während sein Ruf »Stop! Polizei!« sich in einen unartikulierten Schrei und dann in ein Aufjaulen verwandelte, als sein Knie gegen eine der Stufen stieß und er krachend immer weiter nach unten fiel.
    Der Angreifer sprang hinterher, auf ihn, presste mit dem Stiefel das letzte bisschen Luft aus Russ’ Lungen. Er verlor seine Brille, und sein Blickfeld verengte sich, während sein Brustkorb nach Luft gierte. Mit einem dumpfen Knall blieb er am Fuß der Treppe liegen. Der Mann riss die Eingangstür auf, schmetterte sie gegen Russ’ Hüftknochen

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