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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Rücksitz und brach nach Cossayuharie auf, wobei er die Stadt und die Strecken mied, an denen Ed und Paul trotz seines Befehls, unterschiedliche Posten zu beziehen, gewöhnlich die Radarfalle aufbauten.
    Die Bainbridge Road verlief wie alle Straßen durch das Weideland von Cossayuharie über Hügel und durch Senken, entlang gepflegter Farmen und verlassener Scheunen, vorbei an von Bächen zerschnittenen Feldern, die von Stacheldrahtzäunen oder altmodischen Steinmauern umgeben waren, vorbei an weit entfernten, baufälligen Häusern, in denen vermutlich eher Methylamphetamin als Milch produziert wurde. Er kannte zwei Familien, die hier lebten, die Montgomerys und die Stoners, die beide nach wie vor eine Herde mit vierzig oder fünfzig Kühen besaßen und in die mistverkrusteten Stiefel ihrer Väter und Vorväter gestiegen waren. Vermutlich waren sie die letzte Generation, die so lebte – die beiden Kinder der Stoners und die Söhne der Montgomerys würden wahrscheinlich den Scheunendreck abschütteln, wenn die Reihe an sie kam.
    Audrey Keane kannte er nicht. 840 Bainbridge Road war ein kleines eingeschossiges Haus mit geschlossener Veranda, die allmählich durchsackte. Vor der Garage standen zwei Autos aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise. Das eine war ein Buick Riviera aus den späten Achtzigern, dessen fast platte Reifen und dicke Schneeschicht darauf hinwiesen, dass er seit längerer Zeit nicht gefahren worden war. Das andere Auto war ein 1992er Honda Civic, dessen New Yorker Kennzeichen die Nummer 6779LF trug.
    Die Einfahrt war eine Kombination aus freigekratzten Spurrillen und festgetretenem Schnee. Er lenkte den Volvo hinter den Civic und zog die Handbremse an. Er kramte seine Dienstwaffe unter dem Beifahrersitz hervor und prüfte den Munitionsstreifen. Nach vorn gebeugt, rückte er das Gürtelhalfter an die richtige Stelle und ließ die Waffe hineingleiten, schwer und komfortabel an seiner Hüfte. Er schlüpfte in seinen Parka und glitt aus dem Kombi.
    Gemächlich schlenderte er um den Honda herum und überprüfte ihn dabei. Er war das Gegenteil von Lindas Auto, zugemüllt mit zerknüllten Fast-Food-Verpackungen und leeren Limodosen, am Rückspiegel baumelnden glitzernden Mardi-Gras-Perlen und einem Becher von Dunkin Donuts, der zwischen die Vordersitze gequetscht war. Kein KA-BAR-Messer oder blutgetränkte Kleidungsstücke. Zumindest konnte Russ keine entdecken.
    Neben der Tür zur geschlossenen Veranda befand sich eine Klingel. Er drückte darauf, ein, zwei, drei Mal. Keine Reaktion, weder von Mensch noch Tier. Er zog an der Türklinke. Die Tür war verschlossen. Der hölzerne Rahmen und das Schloss machten sie nur unwesentlich widerstandsfähiger als eine Fliegentür; ein schwerer Tritt, und sie wäre offen. Er schürzte nachdenklich die Lippen und ging zu der Seite des Hauses, wo der Wind, der zwischen Garage und Haus hindurchpeitschte, den größten Teil des Schnees fortgeweht und eine harte Oberfläche zurückgelassen hatte, auf der man mühelos laufen konnte. In dieser geschützten Ecke war sein Kinn auf einer Höhe mit den Fensterbänken des Hauses. Durch die durchscheinenden Gardinen konnte er ein gewöhnliches Wohnzimmer und die Küche erkennen, beide leer.
    Das niedrige, quadratische Fenster der Garage gab den Blick auf das übliche Sammelsurium in einer nicht genutzten, ländlichen Garage frei – Rasenmäher, Autoteile, schimmelnde Kartons und altmodische Werkzeuge, die an der Wand hingen. Er lief um die Ecke und sah, halb vergraben unter einer Schneewehe, womit er gerechnet hatte: eine ungenutzte Küchentür aus den Tagen, in denen die Dame des Hauses ihre nasse Wäsche zum Aufhängen nach draußen bringen oder einen Teil des Essens im eigenen Gemüsegarten ernten musste.
    Russ watete durch den Schnee und befreite die Tür so weit wie möglich. Das Schloss war ein einfacher Riegel, 10,99 Dollar im hiesigen Baumarkt. Russ überdachte die Situation. Audrey Keane war höchstwahrscheinlich in seinem Haus gewesen, um sich bei Linda für eine Stelle als Näherin zu bewerben. Sie hatte keine Vorstrafen, und weder an ihrem Haus noch an ihrem Auto war etwas offensichtlich Verdächtiges. Auf Grundlage dessen, was er bis jetzt wusste, würde er niemals einen Durchsuchungsbeschluss für ihr Haus bekommen. Einen Schritt weiter, und er würde Einbruch und Hausfriedensbruch begehen.
    Langsam öffnete er die Tür und schob mit einer Hand den Schnee zur Seite. Er trat seine Stiefel am Türpfosten ab und ging ins

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