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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Ich glaube, du weißt, dass man Quinn früher oder später sowieso auf die Schliche kommt, falls er etwas getan hat, das ihm Ärger einbringen könnte.« Clare strich mit den Fingern über die Tischfläche. Sie konnte feine Linien spüren, für das Auge nahezu unsichtbar. Andenken an das Messer. »Die Frage ist nur, ob man ihn erwischt, bevor oder nachdem er sich selbst verletzt hat.«
    »Es ist nicht – ich weiß nicht, ob er etwas tut.« Aaron seufzte gereizt. »Okay, darum geht’s: Wir sind nicht nur bei den Van Alstynes vorbeigefahren. Quinn hat den Truck abgestellt und ist reingegangen. Er hat gesagt, sie hätten ihn noch nicht bezahlt. Er war lange drin.«
    »Wie lange?«
    »Keine Ahnung. Ich hab beim Warten ungefähr eine halbe CD gehört.«
    »Also eine halbe Stunde, ungefähr wenigstens.«
    »Könnte hinkommen. Dann kam er wieder raus und war irgendwie ganz komisch. Wir sind wieder losgefahren, und das war alles, okay? Und später? In der Schule? Da hat er mir gesagt, dass wir da nie angehalten haben. Wir sind einfach vorbeigefahren.«
    »Habt ihr wirklich den Honda in der Zufahrt gesehen?«
    »Ja, der war da. Das ist auch der Grund, warum ich gedacht habe, dass wir der Polizei was sagen sollten, nachdem wir gehört hatten, dass Mrs. Van Alstyne ermordet wurde. Da hat Quinn gesagt, das könnten wir nicht, weil Chief Van Alstyne im Haus gewesen wäre.«
    Clare regte sich nicht. »Hat er gesagt, dass er den Chief dort gesehen hat?«
    »Äh …« Aarons dunkler Blick verschwamm, während er nachdachte. »Nein. Der Chief ist dort gewesen, das hat er gesagt. Ich weiß nicht, was er gesehen hat, aber was immer es war, es hat ihm Angst gemacht.«
    »Quinn hat sich bei der Polizei gemeldet, weißt du. Er hat ihnen Baujahr und Kennzeichen des Honda Civic genannt.«
    »Ich weiß. Er hat mich gebeten, seine Geschichte zu bestätigen, falls ich gefragt werde.« Das Gesicht des Jungen war eine Maske des Elends. »Habe ich das Richtige getan? Ich will nicht, dass es so klingt, als hätte Quinn was Schlimmes gemacht. Und ich will auf keinen Fall der Grund dafür sein, dass der Polizeichef Schwierigkeiten bekommt.«
    Clare berührte seinen Arm. »Das bist du nicht. Quinn hat dich zumindest zum Teil angelogen.«
    Aaron riss die Augen auf. »Woher wissen Sie das?«
    »Weil ich weiß, dass der Chief am Sonntagnachmittag nicht in seinem Haus gewesen ist.«

32
    B ei seinem Eintritt in den Polizeidienst, direkt nach seinem Abschluss in Strafrecht, war Mark durchaus klar gewesen, dass er einige schlimme Momente erleben würde. Er hatte sich Nachtpatrouillen vorgestellt, bei denen man an das Fenster eines fremden Wagens trat, ohne zu wissen, ob der Fahrer bewaffnet, auf der Flucht oder wahnsinnig war. Er hatte sich vorgestellt, in den Lauf einer Waffe zu blicken. Er hatte sich vorgestellt, Männer zu verhaften, die größer, stärker und gemeiner waren als er selbst. Manchmal hatte er sich vorgestellt, verwundet zu werden (obgleich Stomabeutel, Hirnverletzungen oder die Zerstörung seines guten Aussehens dabei nie eine Rolle gespielt hatten) und unter den bewundernden Blicken seines Partners und seiner weinenden Verlobten durchzuhalten. (Sechs Jahre später war diese Verlobte seine Frau, die als Schwester der Notambulanz mittlerweile so viele grausame Verletzungen gesehen hatte, dass sie nicht einmal mehr weinen würde, wenn auf der Bahre ihre eigene Mutter läge.)
    Dinge, die er sich nicht vorgestellt hatte, waren: die endlose Langeweile an der Radarfalle, einen Hund erschießen zu müssen, dessen Besitzer, der fast zwei Morgen Marihuana sein Eigen nannte, ihn auf Mark gehetzt hatte, während er zu fliehen versuchte, Eltern zu berichten, dass ihre einzige Tochter auf dem Rückweg von der Rensselaer Polytech bei einem selbstverschuldeten Unfall ums Leben gekommen war, von seinen Polizeikameraden geschnitten zu werden, weil er das Department dem gnadenlosen Blick der Ermittlerin des BCI preisgegeben hatte, und dass man ihm die Aufgabe entzog, die Telefonverbindungen und Rechnungen und Dennis Shambaughs Vergangenheit zu prüfen, und er trotzdem nicht fähig war, fortzugehen. Es war nutzlos, durch einen venezianischen Spiegel zu schauen, hinter dem der Chief unbewaffnet und ohne Dienstmarke in seinem eigenen Revier vernommen wurde.
    »Wir wissen, dass Ihre Frau irgendwann zwischen Sonntagnachmittag und Montagmorgen getötet wurde«, sagte Jensen soeben. »Am Sonntag kauften Sie Lebensmittel ein, kurz nachdem der Supermarkt mittags

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