Wer Mit Schuld Beladen Ist
empfehlen.«
Burns starrte am Chief empor. Sein sorgfältig geschnittener, dunkler Bart zeigte anklagend auf die Brust seines Möchtegern-Mandanten. »Ich schätze Sie kein bisschen mehr als Sie mich, Van Alstyne. Aber ich mache das für Clare. Wollen Sie ihr erzählen, dass Sie meinen Beistand abgelehnt haben?«
Mark hörte, wie die Zähne des Chiefs klickten, sein zischendes Ausatmen.
»Nein«, sagte er.
»Gut.« Burns drehte sich zu Jensen um. »Keine weiteren Fragen, bis ich Gelegenheit hatte, mich mit meinem Mandanten zu besprechen.«
»Russell!« Mrs. Van Alstyne kam auf sie zu. »Der Mann von der State Police ist zum Beerdigungs…«
»Sie schänden die Leiche meiner Schwester«, sagte die gebleichte Blondine. Ihre Stimme zitterte vor Zorn. »Der Scheißkerl hat meine Schwester umgebracht, und jetzt schickt er Sturmtruppen rüber, um den Sarg aufzubrechen und … und …« Sie verschluckte sich an Tränen und Speichel.
»Gottverdammt, ich hab deine Schwester nicht umgebracht! Diese Frau …«
» Sie sagt, du kannst nicht beweisen, wo du warst!«, kreischte die Blondine, den Finger auf Investigator Jensen gerichtet. »Für fast vierundzwanzig Stunden! Vierundzwanzig Stunden! Meine Schwester wurde ermordet! Wo warst du, du scheinheiliger Scheißkerl? Wo warst du?«
»Er war bei mir.« Eine Frauenstimme, in hoher Tonlage, um über die Menge hinweg gehört zu werden. Köpfe drehten sich. Leute schubsten einander, um besser sehen zu können. Der Reporter drehte eine Pirouette, sein Gesicht leuchtete vor Neugier.
»Er war bei mir«, sagte Clare Fergusson. »Er hat die Nacht bei mir verbracht.«
33
A ls er bei der Hütte ankam, verblassten am Himmel gerade die letzten Streifen Orange und Rot. Er trug in jeder Hand eine Tüte mit Lebensmitteln und balancierte vorsichtig über den schneeglatten Weg zur Tür. Ahorn, Erlen und Birken warfen violette Schatten auf den Schnee. Dahinter verdichtete sich der Wald zur Dunkelheit von Schierlingstannen und Föhren. Er hielt inne, einen Fuß auf der Verandastufe. Über dem tiefhängenden Dach der Hütte konnte er durch den Rauchschleier des Schornsteins den ersten Stern des Abends funkeln sehen.
Sie öffnete die Tür, durch die goldenes Licht strömte. »Hey«, sagte sie.
»Hey.«
»Was tust du da?« Sie bückte sich – zog sich etwas über die Füße, nahm er an – und trat auf die Veranda.
»Der erste Stern«, sagte er.
»Hast du dir was gewünscht?« Er konnte ihr Lächeln eher spüren als sehen.
»Ich wusste nicht, worum ich bitten sollte.«
»Aha.« Kein Lächeln mehr. »Das ist das Problem, nicht?«
Er stapfte die Stufen hoch. »Ich habe Abendessen mitgebracht.«
»Das wäre nicht nötig gewesen. Ich habe es völlig übertrieben und mindestens eine Tonne Lebensmittel hierhergeschleppt.« Sie öffnete ihm die Tür. »Vertrau mir, es würde sogar reichen, wenn wir bis zum Frühling eingeschneit werden.«
Er blieb im Eingang stehen. Schaute auf sie hinunter. »Ist das nicht ein verführerischer Gedanke?«
Er sah, wie sie errötete, ehe sie sich abwandte. Sie schob ihn in die Hütte. »Komm, lass nicht die ganze Wärme zur Tür raus.«
Sie befreite ihn von den Lebensmitteln, und er streifte Stiefel und Parka ab. »Nett hier«, sagte er. Die Hütte bestand aus einem einzigen großen Raum, zu seiner Linken eine Gruppe Sitzmöbel, rechts der Esstisch. Ein brennender Holzofen auf einem Untergrund aus Kieseln trennte den vorderen Teil der Hütte vom Küchenbereich. Russ blickte an dem wuchtigen Steinkamin empor, der durch das Dach verschwand. »Was ist oben auf dem Boden?«, fragte er.
»Das Schlafzimmer«, erwiderte Clare abwesend, während sie eine Packung Soba-Nudeln und ein Glas Bio-Erdnussbutter aus einer der Tüten zog. »Was hast du gedacht?«
Was ich gedacht habe? Schlafzimmer. Kaminfeuer. Haut. Zähne.
»Pad Thai?«, fuhr sie fort und hielt eine Knoblauchknolle hoch.
»Oh«, erwiderte er. »Ja, Pad Thai.« Er schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Fluss auftaucht. »Mom macht immer noch diese Viel-Protein-wenig-Kohlehydrate-Diät. Ich brauche ganz dringend Pasta.« Er ging hinüber zum Holzofen und streifte sich dabei den Pullover über den Kopf. An einem kleinen Küchentisch standen zwei hochbeinige Stühle, dicht vor dem Schornstein. Er hängte ihn über eine der Rückenlehnen und krempelte seine Ärmel hoch.
»Wie läuft’s denn so? Bei deiner Mutter?«
Er nahm die Packung mit Hühnerbrustfilets und entfernte die Folie. »Es ist okay,
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