Wer mit Wem - Entscheide Du!
sitze ich neben Porsche-Patrick in seinem Superflitzer und wir fahren gen Neuendorfer Bahnhof. Jetzt, nachdem ich mich von meiner Tante verabschiedet, Verena mir mit einem zuckersüÃen Lächeln die Hand gereicht und Flo immerhin noch mal kurz, wenn auch mit eisiger Miene, aus dem Küchenfenster gewunken hat, geht es mir langsam besser und das schlechte Gewissen macht der Vorfreude auf heute Abend Platz. Was soll ich anziehen? Was wird er anhaben? Soll ich mich schminken oder lieber ganz natürlich aufkreuzen? Werde ich ihn küssen? Fragen über Fragen â¦
Porsche-Patrick hat eine CD von Amy Winehouse eingelegt und ich summe leise mit. Ab und zu blickt Patrick mich von der Seite an und schenkt mir ein Lächeln. Für seine Verhältnisse ist der Macho heute ziemlich zurückhaltend und ruhig. Sehr angenehm, eigentlich.
Wir fahren und fahren und meine Gedanken schweifen immer wieder zur Party ab, da fällt mein Blick plötzlich auf die Digitaluhr im Auto: 11.08  Uhr. Huch, jetzt wird es aber Zeit, wenn ich den Zug noch erwischen will.
âÃh, Patrick, fahren wir eigentlich richtig?â, will ich wissen. Ich habe gar nicht auf den Weg geachtet, aber wir hätten schon längst da sein müssen.
âIch musste eine Umleitung nehmenâ, erwidert Patrick, âdie Hauptstrecke ist gesperrt wegen eines Trachtenumzugs. Aber in fünf Minuten sind wir da.â
Patrick ist in einen schmalen, holprigen Weg mit vielen Schlaglöchern eingebogen. Ich bin mir nicht sicher, ob der überhaupt für Autos frei ist, aber er wird hoffentlich wissen, was er tut. Ich sehe, wie sich Patricks Gesicht jedes Mal schmerzvoll verzieht, wenn sein schönes Auto wieder über eine Unebenheit hoppelt, und mittlerweile fährt er auch nur noch Schritttempo. Die fünf Minuten sind schon bald rum und ich kann meinen Blick gar nicht mehr von der Uhr abwenden, auf der die Minuten unerbittlich und, wie mir scheint, viel schneller als sonst verstreichen. In genau acht Minuten fährt mein Zug.
Da, endlich taucht der Bahnhof auf, allerdings jenseits einer groÃen Kuhweide, um die wir erst noch komplett herumfahren müssen, es sei denn, ich packe meine Sachen und renne querfeldein, dann müsste ich direkt beim Bahnhof rauskommen. Ich bin mir nicht sicher, was schneller geht.
Was meint ihr?
Soll ich â¦
sitzen bleiben und hoffen, dass wir es rechtzeitig mit dem Auto schaffen,
oder
die FüÃe in die Hand nehmen und rennen, was das Zeug hält?
Manchmal muss man einfach eine Sache durchziehen und darf sich nicht über alles und jeden den Kopf zerbrechen, ihr habt ganz recht.
Ich schalte mein Handy also leiseund blicke Flo, dessen blaue Augen sich mittlerweile zu engen Schlitzen verzogen haben, so lieb und entschuldigend an, wie ich nur kann. Anscheinend bin ich ziemlich überzeugend oder zumindest ist Flo nicht sehr nachtragend, denn er lächelt schon wieder besänftigt, als er sich erneut zu mir vorbeugt. Ich schlieÃe meine Augen und spüre dann endlich, endlich ganz sanft seine Lippen auf meinen. Das fühlt sich so warm und so unendlich schön an, dass mein ganzer Körper anfängt zu kribbeln. Kein Vergleich zu den kläglichen Knutschversuchen mit Torsten. Soll Susanne mal damit glücklich werden.
Als Flo mich nun noch näher zu sich heranzieht, blinzele ich kurz und â kriege einen Riesenschreck! Jonas! Jonas? Was, bitte schön, macht der denn hier? Ich fahre mit einem kurzen Aufschrei zurück und Flo, der natürlich gar nichts checkt, springt erschrocken auf.
âWâ¦wâ¦was ist denn?â, will er mit weit aufgerissenen Augen von mir wissen, aber ich kann nichts antworten, sondern starre einfach nur Jonas an, der wie angewurzelt vor unserer Picknickdecke steht und mich mit zusammengekniffenen Augen fixiert, bevor er abrupt auf dem Absatz kehrtmacht, dabei mit einem Flatsch! in unsere aufgeweichten Schokoriegel tritt und irgendetwas vor sich hin fluchend Richtung Wald marschiert.
âHey, Jonas, warte doch mal!â, rufe ich ihm hinterher und springe nun auch auf, aber er ignoriert mich und dreht sich nicht einmal mehr um.
Wie gelähmt stehe ich einfach nur auf der Stelle und blicke meinem Schwarm hinterher, wie er zwischen den Bäumen verschwindet. In meinem Kopf herrscht ein absolutes Durcheinander, als hätte die Sonne aus sämtlichen Gehirnzellen einen Eintopf gekocht. Ich verstehe die Welt nicht
Weitere Kostenlose Bücher