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Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Titel: Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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bestimmt Karten gesichert. Das war so üblich damals, im Geschäft. Wir gingen immer gemeinsam hin.
    Ich habe keinen besonderen Wert darauf gelegt. Aber ich ging mit, wegen der Gemeinschaft.
    Später habe ich gemerkt, dass diese sogenannte Gemeinschaft keinen Pfifferling wert ist. Für mich hat sich keiner eingesetzt. Obwohl alles auf einem Irrtum beruhte – auch meine Kündigung.

    *

    Bamberg ist Barock. Nicht wahr? Ein Gesamtkunstwerk.
    So wie ich.
    Ich arbeite unter dem Namen Serafina. Habe ihn mit Bedacht gewählt. Meine Kundschaft mag Üppiges. Darauf habe ich mich eingestellt. Ja, und dann kommen Engel ja immer groß raus, in einer katholischen Stadt zumal, dem können sich auch meine Kunden nicht entziehen. Ach, es interessiert Sie, wer meine Kunden sind? Pardon, Diskretion wird bei mir ganz groß geschrieben. Das müssen Sie doch verstehen, in einer Stadt wie Bamberg, einem Erzbistum, da ist jeder Zweite, wenn schon kein Domvikar oder -kapitular, so doch bei der Kirche angestellt. Einer Kirche, die die Reformation und im 30-jährigen Krieg die Schweden überstanden hat. Kein Wunder, dass sie sich stark fühlt.
    Wie ich jetzt auf die Kirche komme? Weil … nun, weil sie ja sehr präsent ist. Es gibt Unmengen an Kirchen und Kapellen in unserer Stadt. Sogar einen Papst haben wir, wenn auch einen toten. Clemens II. Das einzige Papstgrab  40   nördlich der Alpen. Meine Lieblingskirche ist Sankt Gangolf  41 , ein wenig außerhalb des heiligen Radius’ gelegen, in dessen Mitte der Domberg thront. Hinter der Gangolfskirche gibt es ein so hübsches Gärtchen, zurückgesetzt von der Straße, und manchmal, nach viel Parteienverkehr in meinen Geschäftsräumen, ziehe ich mich dorthin zurück.
    Dort muss ich mein Handy verloren haben. Ein Smartphone, echt der letzte Schrei. Ich mache alles damit. Ich meine, für die Arbeit. Ich schicke potenziellen Kunden sogar Bilder meiner Werkzeuge, damit sie sich vor dem ersten Besuch bereits aussuchen können, wie ich sie erwarten soll: als Krankenschwester mit Schiffchen und weißen Strapsen unter dem Kittel? Als Kerkermeisterin mit der neunschwänzigen Peitsche? Als Business-Schrappnell im Kostümchen mit Kabeln statt Stricken? Außerdem verwalte ich alle Adressen und Kundeninformationen mit dem Handy. Seit Monaten denke ich darüber nach, ob ich mir nicht eine Sekretärin anstellen soll. Jemanden, der meine Buchhaltung erledigt und die Steuererklärung und das alles. Den ganzen Papierkram. Eine zuverlässige, verschwiegene Person, die für die Bürokratie zuständig ist und keine Gewissensnöte hat, weil ich bin, wer ich bin. Bevor ich meine Monatsabrechnung mache, kette ich doch lieber einen Rechtsanwalt an meine Kerkerwand.
    Weil ich Verwaltung sowieso nicht so mag, ist das mit dem verlorenen Handy dreimal blöd. Und stellen Sie sich mal vor, die falsche Person findet das Handy!

    *
    Am nächsten Morgen schleppe ich mich in die Wunderburg   42 . Hier sind wenigstens keine Touristen, und ich will doch Abschied nehmen. Abschied von meinem Leben. Ein bisschen Bargeld habe ich noch. Dafür kaufe ich marinierte Heringe in meinem Lieblingsladen. Weil die Sonne scheint, erweitere ich meinen Spaziergang und wandere durch die Gärtnerstadt, genieße den sanften Wind auf meiner Haut. Vielleicht kriege ich einen Sonnenbrand, aber das spielt keine Rolle mehr, denn in etwas mehr als 24 Stunden werde ich tot sein.
    Weil ich ganz in Gedanken bin, lande ich plötzlich in der Königstraße, die ist eng und laut, nach der Stille zwischen den Gärten halte ich das nicht aus. Ich renne quer durch die Autoschlangen, löse Hupkonzerte aus und rette mich in das Gärtchen hinter der Gangolfskirche.
    Da sitze ich eine lange Weile. Es ist schattig, niemand kommt vorbei, und ich esse sogar meine Heringe hier. Mit den Fingern, die ich am Ende genüsslich ablecke. Dennoch riechen sie so sehr nach Fisch, dass ich mich bücke und sie am Gras abwische. Und da sehe ich etwas blitzen. Ein Handy.

    *

    Natürlich könnte ich mich schwarz ärgern, dass ich diese Handy-Wiederfinde-Funktion nicht aktiviert habe, mit der ich übers Internet das Telefon orten könnte. Aber wer denkt denn schon daran, zu verlieren, was wie selbstverständlich in der Hand liegt und sich streicheln lässt, ohne dabei zu sabbern oder zu stöhnen. Obwohl ich das Gärtchen hinter der Kirche

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