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Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps

Titel: Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nicht wahrnehmen. Du hast eine Hülle gesehen, eine schöne, makellose Hülle. Nun, mit dem zerfetzten Gesicht, sehe ich aus, wie ich im Inneren bin.
    Meine Ellenbogen geben nach. Ich sinke zurück in die Blutlachen. Wälze mich zur Seite, um mich auf die Knie zu stemmen und aufstehen zu können. Einmal will ich dir auf Augenhöhe begegnen, einmal noch.

    *

    Katinka kletterte über die Absperrung am Eingang zum Tiergarten  92 . Laternen schalteten sich ein. Geblendet vom grellen Licht konnte sie sich nur an Schwertes Keuchen und dem Rhythmus seiner Schritte orientieren. Seine Sohlen hämmerten auf den Asphalt. Katinka schloss auf.
    Â»Schwerte! Das hat doch keinen Sinn! Ich bin nicht Ihre Feindin, falls Sie das glauben!«
    Irgendwann wurde er langsamer. Er beugte sich über eine steinerne Brüstung. Katinka blieb neben ihm stehen. Er hechelte, bekam kaum noch Luft.
    Â»Das ist nicht gut für Ihr Herz.«
    Â»Nichts ist gut für mein Herz. Nichts. Ich habe Maria verloren!«
    Unter ihnen bewegte sich etwas Helles. Katinka musste zweimal hinsehen, bevor sie einen Eisbären erkannte, der auf einem Felsen lag und neugierig zu ihnen hochsah.
    Â»Ich habe sie schon lange verloren. Sie war schon tot, bevor … also vorher. Sie lag wochenlang im Bett, dunkelte das Zimmer ab. Dabei spürte sie, wie wenig ich mit der Situation zurechtkam. Sie sagte mal, sie hätte mir das Leben zur Hölle gemacht. Das stimmt nicht. Ich habe sie geliebt! Seit dem letzten Winter ging nichts mehr. Sie stand nicht mehr auf, vernachlässigte sich, vernachlässigte alles. Sie sah aus wie eine Pennerin. Nahm ab. War tagelang nicht ansprechbar. Wenn sie redete, machte sie mir grauenhafte Vorwürfe. Dann schrie sie und schlug um sich. Dabei kam sie mir vor wie eine Alkoholikerin auf Entzug. Ich dachte, wenn die dunkle Jahreszeit erst einmal vorbei ist, wenn der Frühling kommt, dann geht es ihr besser. Sie kam mit dem Winter einfach nicht zurecht. Ich habe ihr schon vorgeschlagen, unseren Jahresurlaub in den Februar zu verlegen. Nach Bali zu reisen. Egal wohin, nur in die Sonne, damit es ihr besser geht. Aber in diesem Jahr war im Februar schon nichts mehr mit ihr anzufangen. Ich hätte ja alles gemacht, ein Hotel gebucht, einen Flug … aber ich hätte sie nicht mal aus ihrem Bett bekommen, geschweige denn in ein Flugzeug.«
    Der Eisbär unter ihnen rekelte sich und richtete sich zu voller Größe auf. Instinktiv wich Katinka ein Stück zurück, obwohl der Bär keine Chance hatte, die senkrechte Mauer zu erklimmen, um sie oder Schwerte zu erreichen. Anscheinend hatte er das auch nicht vor. Er trat an den Rand seines Teiches, glitt ins Wasser und führte seine Schwimmkünste vor.
    Â»Herr Schwerte, ist Ihnen schon mal in den Sinn gekommen, dass Ihre Frau Depressionen hatte? Richtige Depressionen? Nicht nur den Winterblues?«
    Schwerte gab ein schmerzverzerrtes Geräusch von sich.
    Â»Hat Ihre Frau mal versucht, sich umzubringen?«
    Schwerte beugte sich weit über die Brüstung. Katinka hielt ihn am Mantel fest.
    Â»Sie hat es versucht, nicht wahr? Machen Sie es ihr nicht nach, verdammt noch mal.«
    Schwerte sprach, als befinde er sich ganz woanders. Nicht hier im Tiergarten, sondern an einem Ort weit weg. Einem Ort, den er nie wieder betreten wollte.
    Â»Sie lag in ihrem eigenen Blut. Hatte sich das Gesicht zerschnitten. Die Haare abgerupft. Sie lag auf den Fliesen, an ihrer Jacke klebten das Blut und die Haarsträhnen. Ihr ganzes Gesicht war zerschlitzt. Ihr wunderschönes Gesicht.« Schwerte schluchzte. »Ich dachte im ersten Moment, das ist alles nicht schlimm, alles nicht schlimm, es gibt gute kosmetische Chirurgen, noch lebt sie ja, die können alles wieder richten, alles gut machen. Aber dann versuchte sie aufzustehen. Sie wollte mich anlächeln.«
    Der Eisbär kletterte aus dem Wasser, stemmte sich flugs auf einen Felsen und machte einen Bauchplatscher zurück in den Teich. Das Wasser spritzte bis zu Katinka und Schwerte hinauf. Es roch modrig und nach totem Fleisch.
    Â»Sie hatte keine Lippen mehr!« Schwertes Stimme klang ganz hoch. Dünn wie eine Saite, die bald reißen würde. »Sie hat sich die Lippen rausgeschnitten!«
    Katinka starrte ihn entsetzt an. Von irgendwo her glaubte sie, Stimmen zu hören, verhalten und vorsichtig. Bitte nicht jetzt, dachte sie. Nicht jetzt, wo er redet.
    Â»Ich konnte sie

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