Wer mordet schon in Franken? - 11 Krimis und 125 Freizeittipps
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Er wollte es nicht glauben. Er hatte eine Kasse gestohlen und ein Auto, er fütterte Frau Schwesingers Kater nicht, er goss ihre Blumen nicht, nun hatte er einen gefesselten Teenager im Auto, einen Mob aus Internetnutzern an den Fersen und wusste nicht mehr weiter. Wenigstens war er so clever gewesen, das Mobiltelefon des Mädchens vor etlichen Kilometern bereits aus dem Wagenfenster geworfen zu haben.
Die grauen Wolken über dem See färbten sich ein klein wenig heller. Eine Sonne war nirgends zu sehen. Der Wind wurde stärker und wühlte die Wasseroberfläche auf. Haubentaucher hopsten in den Wellen. Im Schilf quakte und zappelte es. Es war zu kalt für Shorts und ein kurzärmeliges Hemd. Irgendein Atlantiktief schlug mal wieder voll zu. Gregor hasste das wechselhafte Klima. Aber warum sollte er sich über das Wetter aufregen, wenn er doch ganz andere Probleme hatte?
Und wenn er sich stellte? Ob man ihm gestattete, einen GroÃteil seiner Bücher in einer Gefängniszelle bei sich zu haben? Vielleicht wäre der Knast sogar ganz angenehm, solange er nur mit Lesestoff versorgt wäre. Ihm schwante allerdings, dass das Ambiente und damit die Impulse des täglichen Lebens nicht besonders intellektuell sein würden.
Er brauchte einen guten Plan.
Der Plan konnte nur ein Ziel haben: Er musste das Mädchen loswerden, und zwar so perfekt, so gut durchdacht, dass niemand ihm je am Zeug flicken konnte. Er blickte auf den See. Im Prinzip spielte ihm das lausige Wetter in die Hände. Andernfalls wären schon die ersten Angler, Sommerfrischler oder Sportler hier eingefallen. Gregor kniff die Augen zusammen. Wie tief war der See? Er glaubte in Erinnerung zu haben, dass es nicht mehr als 15 Meter waren. Innerlich pries er sein fotografisches Gedächtnis, mit dem er auch angeblich unwesentliche Informationen aus Texten saugte und behielt. 15 Meter waren besser als nichts. Die planschenden Kinder an der Oberfläche wollte er nicht stören.
Wohin mit Frau Schwesingers Wagen? Wenn er ihn einfach wieder zurückbrachte und parkte ⦠doch er hatte in dem Auto Spuren hinterlassen, und die Kleine, die sich immer heftiger hin- und herwarf und heulte und winselte, sobald er sich ihr näherte, garantiert auch. Also musste auch der Wagen weg.
Ein Plan, ein guter Plan â¦
Es begann wieder zu regnen.
Wer sollte schon einen solchen Plan zu schmieden imstande sein, wenn nicht er?
*
Hätte Frau Schwesinger sich nicht mit ihrer Schwester in Frankfurt überworfen, dann wäre sie nicht so bald nach Fürth zurückgekehrt. Sie hätte keinen Anlass gehabt, nach ihrem Wagen zu suchen. Sie hätte sich nicht darüber gewundert, dass ihr sonst immer so zuverlässiger Nachbar Gregor Jakobs weder die Blumen gegossen noch den Kater gefüttert hatte.
Aber so war sie, nach nur knapp 24 Stunden Abwesenheit, zur Polizei gegangen.
Privatdetektivin Katinka Palfy hatte dort ebenfalls angerufen. Ziemlich schnell war einem findigen Beamten namens Ralf Pröls aufgegangen, was ablief; er hatte die Facebook-Gruppe aufs Korn genommen. Da Gregor Jakobs bereits an vielen unterschiedlichen Orten zwischen Fürth, Hersbruck und Roth gesehen worden war, löste Hauptkommissar Pröls eine GroÃfahndung aus. Die Presse hatte Wind von der Geschichte bekommen und erwies sich als anhänglich. Pröls gab groÃzügig Informationen weiter. Er hoffte auf die aktive Mithilfe der Bevölkerung.
Dennoch: Die Suche nach Gregor Jakobs, Karina Langner und einem Fiat Panda blieb erfolglos.
*
Sie saÃen bei Selma Langner in der Wohnung. Thomas mit schwarzen Schatten unter den Augen, geknickt. Selma rauchte Kette. Ansonsten sagte sie wenig. Katinka ahnte, was Selma befürchtete: dass ihre Tochter kaum eine Chance hatte. Gregor Jakobs steckte dermaÃen in der Klemme! Es gab nur einen Ausweg für ihn: sich zu stellen. Die Alternative lautete, dass er Karina umbringen würde.
»Und das alles wegen einem bisschen Bargeld!« Selma drückte ihre Zigarette aus. »Kann das irgendein Mensch verstehen?«
»400 Euro sind kein Pappenstiel«, entgegnete Katinka. »Aber ich weiÃ, was Sie meinen.«
Selma schüttelte nur stumm den Kopf.
Dante stand reglos am Küchenfenster. Er hatte seit ungefähr 15 Minuten keinen Laut von sich gegeben. Katinka nahm an, dass er trotz der zwei Stunden Schlaf auf Selmas Wohnzimmersofa immer noch zu
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