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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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anschauen konnte. »Sie waren das Einzige, das mich am Leben gehalten hat.« Er schloss die Augen. »Am meisten bedauere ich, dass ich dir damals verboten habe, Lina meinen Namen zu geben. Sie war mir immer eine wahre Tochter. Ich liebe sie sehr.«
    Alex nickte. Zum ersten Mal hatte Oliver in ihrer Gegenwart das Wort Liebe ausgesprochen.
    »Meine Tage werden trostlos sein ohne sie.«
    »Ja.«
    »Ich bin so verdammt hilflos, nichts kann ich allein tun. Ich liege seit zwei Jahren in diesem Gefängnis und kann auf nichts mehr hoffen. Schalte das Gerät aus, ja?«
    Daran war sie mittlerweile gewöhnt. Immer und immer wieder bat er sie, ihn sterben zu lassen.
    »Wie würde es dir denn gehen, wenn du überhaupt nichts tun könntest? Wenn du dich von anderen pflegen lassen musst? Himmel, Alex, das ist kein Leben. Ich will so nicht leben.«
    Alex beugte sich vor und tätschelte ihm den Arm. »Morgen geht es dir bestimmt wieder besser. Du bist nur durcheinander, weil die Kinder nicht mehr da sind. Aber sie kommen ja zurück.«
    »Wann? In Jahren? Wenn ich noch ein Jahrtausend in dieser verdammten Maschine verbracht habe?« Er knirschte mit den Zähnen. »Wenn es um Hugh oder Michael ginge, würdest du es tun. Du könntest es nicht ertragen, sie so dahinvegetieren zu sehen. Für die Kinder würdest du sogar das Risiko eingehen, ins Gefängnis zu kommen.«
    Als Alex später in ihr Zimmer trat, wartete Clarissa dort auf sie.
    »Ich habe gehört, was er gesagt hat«, sagte sie.
    »Er ist nur deprimiert, weil die Kinder weg sind. Für ihn ist es noch viel schlimmer als für uns, er sieht ja außer ihnen niemanden. Michael hat Stunden dort verbracht, gemalt und sich mit ihm unterhalten. Jetzt hat er niemanden mehr.«
    Clarissa begann zu weinen. »O Alex, stell dir bloß vor, du seiest in diesem Ding eingesperrt, könntest dich nicht bewegen und nur für drei Minuten am Tag heraus.«
    »Ich könnte es nicht ertragen.«
    »Ich auch nicht. Ich stelle mir vor, wie er nachts allein in seinem Zimmer liegt, nur dieses schreckliche Pumpen der Maschine hört und sich nicht bewegen kann. Ich fühle mich ja sogar schon in einem Aufzug eingesperrt. Und am Tag wird es auch nicht viel anders sein, außer dass Louise bei ihm ist, aber seit die Kinder aus Frankreich kommen, hat sie ja auch nicht mehr so viel Zeit für ihn gehabt.«
    »Er hat sich nie beklagt.«
    »Er glaubt, das sei sein Beitrag zum Kriegsdienst, wenn er Louise bei uns mitarbeiten lässt. Aber heute Abend ist es auch besonders still hier, nicht wahr? Kein einziges Kind im Schloss.«
    »In zwei Wochen kommen wieder neue Kinder.«
    »Was glaubst du, wie lange dieser Krieg dauern wird?«
    Alex schüttelte den Kopf. »Ich hätte gedacht, dass er jetzt, nach zwei Jahren, vorbei wäre. Aber die Nachrichten werden immer deprimierender. Philippes Sohn wird vermisst. Aber Gott sie Dank ist wenigstens der Rest seiner Familie in Kalifornien.«
     
    In jener Nacht lag Alex noch lange wach. Wenn eines ihrer Kinder für den Rest seines Lebens in dieser eisernen Lunge liegen müsste und sich nicht bewegen könnte, würde sie dann das Gerät abstellen, wenn man sie darum bäte? Oliver hatte recht. Sie würde es tun. Aber sie war nicht bereit, dieses Risiko für Oliver einzugehen. Für ihn würde sie nicht ins Gefängnis gehen. Ihre Kinder brauchten sie, und sie liebte die Freiheit. Er hatte recht, sie liebte ihn nicht genug. Sie hatte ihn nie wirklich geliebt.
    Als sie morgens ins Esszimmer trat, hatte Scully bereits gefrühstückt. Es war eine seltsame Atmosphäre ohne Michael, Ben und Lina. Aber wenigstens betrat kurz darauf Clarissa das Zimmer.
    Alex sagte: »Ich habe die halbe Nacht wachgelegen und mich gefragt, warum ich nicht bereit bin, für Oliver ins Gefängnis zu gehen, obwohl ich es für jedes der Kinder täte.«
    Sie blickte Clarissa an, der die Tränen über die Wangen liefen.
    »Ich könnte es auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.«
    »Wenn du ihn liebtest, könntest du es«, sagte Clarissa mit erstickter Stimme.
    Alex schwieg.
    Schließlich erklärte Clarissa: »Ich lese Oliver heute Nachmittag vor. Ich habe mir ein Buch aus der Bücherei ausgeliehen, von dem alle reden.
Rebecca
von Daphne du Maurier. Ich weiß nicht, ob es ihn interessiert oder ob es nur etwas für Frauen ist. Aber ich glaube, das spielt auch keine Rolle. Ihm scheint alles zu gefallen, was ich ihm vorlese.«
    »Ja, ich kenne das Buch. Ich habe es letztes Jahr gelesen. Es ist wirklich spannend.«
    »Ich

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