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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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Leute sahen mit jedem Monat elender aus. Er erwähnte nie, wie er in der Zeit zwischen seinen Besuchen lebte oder was er tat. Da die Kinder aus allen möglichen Gegenden Frankreichs kamen, reiste er wohl viel, und Alex hatte ständig Angst um ihn.
    Während Louise und die Frauen aus dem Dorf sich um die alltägliche Arbeit kümmerten, musste Alex das große Ganze im Auge behalten und dafür sorgen, dass immer genug zu essen da war, dass die Kinder Kleidung hatten und untergebracht waren. Zu ihrer Erleichterung lernten die Kinder rasch Englisch, wobei sie oft eine Mischung aus ihrer Muttersprache und der Sprache, von der sie umgeben waren, sprachen. Sie fühlten sich wohl in der neuen Umgebung, und es gab keine größeren Anpassungsschwierigkeiten.

57
    I m September 1941, auf den Monat genau zwei Jahre nachdem England in den Krieg eingetreten war, fuhr ein Schiff mit mehreren hundert Kindern nach Amerika.
    Frank hatte seinen Einfluss (und sein Geld) geltend gemacht, und in Southampton ging ein großer amerikanischer Zerstörer vor Anker. Nicht nur die französischen Kinder befanden sich an Bord, sondern auch viele englische Kinder wurden zu Verwandten und Freunden nach Amerika geschickt. Die nächtlichen Luftangriffe hatten die Nerven aller strapaziert.
    Schweren Herzens hatte sich Alex dazu entschlossen, auch Michael für die Dauer des Krieges nach New York zu schicken. Da sie die Kinder während der Überfahrt nicht begleiten konnte, überredete sie Lina, die Verantwortung für die Kinder zu übernehmen. Sie war zwar erst neunzehn Jahre alt, hätte sich aber sonst bestimmt geweigert, England zu verlassen. »Ich muss jemanden auf dem Schiff haben, auf den ich mich verlassen kann, jemanden, der kühlen Kopf bewahrt. Und ich möchte, dass du bleibst, bis Michael sich eingewöhnt hat.«
    »Was du wirklich möchtest, ist, mich in Sicherheit zu bringen. Gib es doch zu.«
    »Es gibt großartige Universitäten in den Vereinigten Staaten, und ich glaube, an allen sind Frauen zugelassen. Und du sollst dich ja auch um die anderen Kinder kümmern. Das wird dich in New York ganz schön auf Trab halten.«
    »Grandma hat für fast jedes Kind ein Zuhause gefunden.«
    Alex konnte es immer noch nicht fassen, was für eine großartige Arbeit ihre Mutter geleistet hatte. »Deine Großmutter versetzt mich in Erstaunen. Sie hat monatelang dafür gearbeitet. Aber trotzdem, wenn ihr einlauft, werden alle Leute auf die Kinder warten, die sie aufgenommen haben. Es wird der Teufel los sein, und du musst versuchen, den Überblick zu behalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Großmutter alles im Griff hat, wie sie behauptet. Ben wird dir dabei helfen. Er fährt mit für den Fall, dass eines von den Kindern während der Überfahrt krank wird. Aber die Gesamtverantwortung übertrage ich dir. Und ich möchte auch, dass du die Kinder begleitest, die nicht direkt in New York untergebracht sind …«
    »Ben kommt mit dem nächsten Schiff zurück, und ich fahre mit ihm.«
    Alex schwieg. Das überließ sie Frank und Sophie. In solchen Zeiten hatten Großeltern mehr Einfluss als Eltern.
    Die
USS Forrester
legte am neunzehnten September in Southampton mit den Kindern ab, die in den nächsten vier Jahren in Amerika leben sollten. Manche von ihnen blieben für immer.
    Lina, Michael und Ben waren ebenfalls auf dem Schiff.
    Michael war hin- und hergerissen, aber im Großen und Ganzen fand er alles recht aufregend, und er zögerte nur ein einziges Mal, als Oliver beim Abschied in Tränen ausbrach. »Ich male ein paar Bilder von New York und schicke sie dir, Papa«, versuchte er ihn zu trösten, als er ihn auf die tränennasse Wange küsste.
    Alex und Clarissa standen am Pier und blickten dem Schiff nach, bis es nur noch ein winziger Fleck am Horizont war. Alex nahm sich zusammen, bis sie im Auto saßen, aber dann brach sie in Tränen aus. Wann würde sie ihre Kinder wiedersehen?
    Clarissa, der ebenfalls die Tränen in den Augen standen, sagte: »Zumindest weißt du, wo sie sind. Denk an all die Eltern in Frankreich, die keine Ahnung haben, wo ihre Kinder sind.« Schweigend fuhren sie zum Schloss zurück.
    Nach dem Essen ging Alex wie jeden Tag zu Oliver, um ihm gute Nacht zu wünschen. Noch bevor sie die Tür erreicht hatte, hörte sie das mittlerweile vertraute Pumpgeräusch der Maschine. Sie setzte sich neben ihren Mann.
    »Sie sind weg«, sagte sie seufzend. »Sie werden mir schrecklich fehlen.«
    Oliver drehte den Kopf, so dass er sie

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