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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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hatte Annies Alabasterteint und ihr goldenes Haar.
    Die Männer in den Logen, die ihren Frauen die Organisation des gesellschaftlichen Lebens überantworteten, sie jedoch an ihren Geschäften nie teilhaben ließen, blickten ebenfalls auf Annie herunter, aber was sie dachten, konnte man nur ahnen, ihren Frauen gegenüber äußerten sie sich jedenfalls nicht. Männer ihres Standes redeten mit anderen Männern nicht über Frauen, sondern nur über Geschäfte. Aber in Gedanken verglichen sie Annie doch mit ihren Ehefrauen.
    Es ergab sich, dass diese Männer immer häufiger geschäftlich mit Frank zusammentrafen. Sie fanden ihn angenehm und wohlerzogen, und sie bewunderten seine Zielstrebigkeit und seinen Geschäftssinn. Es war ihnen klar, dass Frank Curran mehr Geld besaß als die meisten von ihnen und dass er vermutlich den größten Grundbesitz in Manhattan hatte.
    Es konnte doch sicher nichts schaden, wenn ihre Söhne seine Tochter kennenlernten. Sie war zwar nicht so strahlend schön wie ihre Mutter, hatte jedoch einen wohlgeformten Körper, ein hübsches Gesicht und war offensichtlich viel damenhafter. Der Gedanke kam ihnen, als sie Sophie, die mittlerweile sechzehn Jahre alt war, mit ihrem Vater in der Oper sahen. Auch samstagmorgens beim Ausreiten im Central Park sah man sie mit ihrem Vater und ihrem jüngeren Bruder. Sie ritten nicht gesittet wie die anderen Leute auf den breiten Wegen, sondern galoppierten lachend querfeldein, als ob es ihnen gleichgültig sei, was man von ihnen dachte. Einmal veranstalteten Sophie und Jerome sogar ein Wettrennen im Park, und sie wirkten dabei so entschlossen und zugleich so voller Lebensfreude, dass jeder, der sie sah, sie um ihre Freiheit beneidete.
    Zu den Personen, die sie an jenem Tag beobachteten, gehörte auch Colin von Rhysdale, obwohl er einige Jahre lang nicht mehr an diesen Tag dachte. Er war damals vierundzwanzig und stammte aus einer der ersten Familien der Stadt. Seine Vorfahren väterlicherseits hatten 1641 den ersten Kaufladen in Nieuw Amsterdam gegründet, und die Vorfahren seiner Mutter gingen auf die Puritaner zurück, die kurz darauf in Salem, Massachusetts, an Land gegangen waren. Sein Vater und Frank Curran verhandelten gerade einen Geschäftsabschluss, der ihnen beiden nur Vorteile brachte. Sie besiegelten den Vertrag mit einem Handschlag. Frank ging danach nach Hause, aber Colins Vater schlief in jener Nacht nicht bei seiner Frau, sondern lag im Bett von Dolly Dukakis, einer griechischen Sängerin, deren weiche Brüste Mr. von Rhysdale hart werden ließen. Er belohnte sie für ihre Mühen mit einem Diamantenarmband, mit dem das Schulgeld von Colins jüngerem Bruder in Exeter ein Jahr lang hätte bezahlt werden können. Colins Mutter jedoch, die ganz genau wusste, wo ihr Mann in jener Nacht war und bei wem, änderte den Lauf von Sophies Leben und gab ihr etwas, was weder sie selbst noch Sophie jemals gekannt hatten.

6
    S ophie fand die Winterferien in Denver langweilig. Niemand sprach anständig Französisch, und wenn, dann mit einem grauenhaften Akzent, und außerdem war sie aus dem Alter heraus, wo es ihr Spaß machte, dick eingepackt im Schlitten die Hügel hinunterzusausen. Als sie erklärte, ihre Vettern und Cousinen seien nichts als Landpomeranzen, wurde Annie zornig.
    »Sie haben wenigstens noch echte Werte«, sagte sie zu ihrer Tochter. »Sie kleiden sich vielleicht nicht so elegant wie du, aber ohne sie wäre dieses Land nichts.«
    Sophie blickte ihre Mutter fassungslos an. Für die Leute in New York trat ihre Mutter nicht so ein, aber vielleicht gab es solche Leute dort auch nicht.
    Annie betrachtete Mary Ann immer noch als ihre beste Freundin, und am wohlsten fühlte sie sich, wenn die gesamte Familie um sie herum war. Wenn diese Menschen sie in New York besuchten, gab sie keine Einladungen für ihre New Yorker Freunde, weil sie das Gefühl hatte, dass sie vielleicht naserümpfend auf die »Landeier« herabsehen würden.
    Sophie fiel das auf, und sie hatte das Gefühl, dass ihre Eltern in zwei Welten lebten. Sie begann sich zu fragen, warum sich gerade Annie und Frank ineinander verliebt hatten und wie es kam, dass sie immer noch so zärtlich miteinander umgingen. Manchmal hörte sie abends das leise Lachen ihrer Mutter aus dem Schlafzimmer der Eltern, und dann dachte Sophie, dass sie sich immer darauf verlassen konnte, dass ihre Eltern sich liebten. Es war ein gutes Gefühl, und eigentlich wollte sie eines Tages auch einmal eine solche Liebe

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