Wer nach den Sternen greift
aus einer alteingesessenen Familie zu finden, damit niemand sie jemals wieder von oben herab behandeln konnte.
Sie achtete nicht auf den großen, dunkelhaarigen jungen Mann in schmutzigen Stiefeln, der an einer Box stand, einem Pferd über die Nüstern strich und ihm einen Apfel fütterte. Und auch er bemerkte sie erst, als sie an ihm vorbeiging und an der Box stehen blieb, wo das Pferd ihres Vaters schon begierig auf seine Karotte wartete, die sie ihm hinstreckte. Sie trug Reitkleidung, allerdings nicht, wie für Frauen üblich, für den Damensattel, sondern Jodhpurs, die erst vor kurzem für junge Männer der letzte Schrei geworden waren.
Colin von Rhysdale drehte sich um und sah sie zuerst nur im Profil. Er hörte sie lachen, und als sie den Kopf zurückwarf, fielen ihre Haare offen über die Schultern, überhaupt nicht elegant. Aber bei ihrem perlenden Lachen, das wie Wasser in der Sonne plätscherte, setzte sein Herz für einen Schlag aus.
Wie von einem Magneten angezogen, ging er langsam auf sie zu.
Als Sophie sich umdrehte und ihm ihr Gesicht, das ihm wunderschön vorkam, zuwandte, war ihr Schicksal besiegelt. Sie schien jedoch durch ihn hindurchzusehen. Er war schmuddelig, und die Haare fielen ihm in die Stirn.
»Ist das Ihr Pferd?«, fragte er, weil ihm nichts anderes einfiel.
»Eines davon«, erwiderte Sophie herablassend. Sie trat an die nächste Box und ging hinein. Während er zuschaute, warf sie dem Pferd, das darin stand, einen Sattel über und zog den Sattelgurt fest, wobei sie dem Tier beruhigende Worte ins Ohr flüsterte. Das Pferd wieherte leise.
Ohne Colin auch nur eines Blickes zu würdigen, ging sie mit dem Pferd hinaus auf den Reitplatz. Da es erst sechs Uhr morgens war, war kaum jemand auf der Bahn. Ein paar der Knechte eilten herbei, aber ansonsten war es auf der Rennbahn leer. Während sie langsam anritt, stützte sich Colin mit den Ellbogen auf den Zaun und schaute ihr zu. Nach und nach wurde sie schneller, bis er schließlich ihr Gesicht nicht mehr erkennen konnte, als sie an ihm vorbeigaloppierte. Sie erinnerte ihn an ein Mädchen, das er vor Jahren im Central Park beobachtet hatte, und auf einmal dämmerte ihm, wer sie war. Er ging zurück zu den Ställen, um sich zu vergewissern, und stellte fest, dass neben der Box der Name Curran stand. Sie war Frank Currans Tochter, und wer Frank Curran war, wusste jeder.
Er hielt sich im Hintergrund, als Sophie zurückkam und ihr Pferd trockenritt. Schließlich saß sie ab, küsste es auf die Nüstern und führte es in seine Box. Colin trat auf sie zu und sagte: »Sie reiten gut.«
Sie lächelte ihn an. »Danke.« Dann drehte sie sich um und ging, ohne ihn noch einmal anzuschauen.
Während sie zum Hotel ging, dachte sie, wie schade es doch war, dass er nicht besser aussah.
Sie klopfte an die Zimmertür ihrer Eltern, und als sie eintrat, stand Frank bereits vor dem Spiegel und band sich seine Krawatte, aber Annie lag noch im Bett, mit einem rosa Bettjäckchen mit Federn bekleidet. »Warte nicht auf mich, Liebling«, sagte sie zu Frank. »Das ist eine unchristliche Zeit zum Aufstehen.«
»Ich möchte mit dir frühstücken, Vater«, erklärte Sophie. »Ich muss mich nur noch rasch umziehen.«
Frank trat zu Annie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Sophie bekam ebenfalls einen Kuss. »Wenigstens eins meiner Mädchen kommt mit mir«, sagte er. »Ich bin im Speisesaal«, erklärte er an seine Tochter gewandt.
Als Sophie eine halbe Stunde später dort eintraf, trug sie ein weißes Musselinkleid mit Blumenmuster und einem smaragdgrünen Gürtel um die schmale Taille. Ein grünes Band hielt ihre Haare zurück, die nicht ganz so blond wie die ihrer Mutter waren, aber dafür waren ihre Augen intensiv grün. Um diese Uhrzeit war sie das einzige weibliche Wesen im Speisesaal, und alle Blicke wandten sich ihr zu. Lächelnd trat sie an den Tisch ihres Vaters. Ein Kellner rückte ihr den Stuhl zurecht, und sie setzte sich. »Ich war schon reiten«, berichtete sie Frank.
»Das überrascht mich nicht.« Er wusste, dass seine Tochter ihr Leben nicht vergeudete.
»Es ist ein wunderschöner Tag.«
Franks Herz schmolz immer dahin, wenn er Sophie anblickte. Er versuchte, ihr alle Wünsche von den Augen abzulesen, aber einiges, was sie sich wünschte, konnte er ihr nicht geben. Sophie hatte sich nie nach Liebe gesehnt. Natürlich war sie mit viel Liebe aufgewachsen, und ihre Eltern hatten sie immer sehr behütet, deshalb wusste sie nicht, dass man sich
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