Wer nach den Sternen greift
um diese Jahreszeit Zitronen gibt, aber ich würde vorschlagen, Sie lernen ihn so zu trinken wie wir, da Sie den Rest Ihres Lebens hier verbringen möchten.«
Alex beugte sich vor. »Sie haben völlig recht, Scully. Wenn du in Rom bist, und so weiter. Ich habe die Neigung, mich an das Vertraute zu klammern und Neues nicht auszuprobieren.«
»Das geht uns allen so.«
»Warum starren mich eigentlich alle an?«
»Weil Sie sozusagen zum Schloss gehören. Und weil Sie anders angezogen sind. Die Leute hier haben noch nie eine Frau in Hosen gesehen. Und weil Sie hierhergekommen sind.«
»Dann sind der Herzog und die Herzogin also Fremde in dem Dorf, das ihnen praktisch gehört?«
»Sie müssen ihren Platz wahren.«
Alex warf ihm einen gleichmütigen Blick zu. Dann stand sie auf, trat an den Nebentisch und streckte die Hand aus. Sie ging an jeden Tisch und stellte sich vor, wobei sie jeden nach seinem Namen fragte, auch wenn sie sich sicher nicht an alle erinnern würde. Im Lokal herrschte verblüffte Stille. Schließlich lächelte sie allen zu und begab sich wieder an ihren Tisch. Als sie sich setzte, begann ein Mann zu applaudieren, und die übrigen Gäste fielen ein.
Alex winkte ihnen zu. »So«, sagte sie zu Scully, »jetzt habe ich hier einen Platz.«
Das Schankmädchen brachte ihre Sandwiches und stellte Senf und Meerrettich auf den Tisch. Sie knickste. »Es ist eine Ehre für uns, Mylady.«
Während Scully Senf auf sein Sandwich strich, überlegte er, warum Alex das getan hatte. Als ob sie seine Gedanken lesen könne, sagte Alex: »Ich habe seit fünf Nächten allein in meinem Bett im Schloss geschlafen und kein Geräusch gehört außer dem Knarren der Wände und dem Wind in den Bäumen. Keine Menschenseele in England kennt mich oder macht sich etwas aus mir, und ich fühle mich so einsam, wie ich es nie für möglich gehalten hätte.«
Einen Augenblick lang glaubte er, sie würde in Tränen ausbrechen.
»Ich möchte irgendwo hingehören, Scully. Und wenn ich in dieses Dorf gehöre, dann ist das zumindest ein Anfang. Ich will nicht herumsitzen und mir selber leidtun, weil mein Mann nicht bei mir sein möchte und ich auf dieser Insel so gut wie niemanden kenne. Ich will hier einen Platz haben, Scully, und deswegen habe ich das gerade gemacht, falls Sie sich darüber gewundert haben sollten.«
Er blickte sie an. »Ich muss zugeben, dass ich mich tatsächlich gewundert habe.«
Sie lächelte ihn an. »Auf jeden Fall geht es mir jetzt besser als gestern um diese Zeit.«
»Und ich halte mehr von der Familie Yarborough als gestern um diese Zeit. Vielleicht sollte ich Ihnen das Pferd zeigen.«
»Das ist eine gute Idee«, erwiderte Alex und biss in ihr Sandwich. »Mein Gott, Scully, das ist ja köstlich. Warum habe ich eigentlich noch nie Corned Beef gegessen?«
»Es ist das Fleisch des kleinen Mannes, Eure Ladyschaft.« Er lächelte.
Sie erwiderte sein Lächeln. »Wenn Sie mich noch einmal so nennen, Scully, lasse ich Sie hinauswerfen.«
»Dann sollte ich es wohl besser lassen.«
»Alex. Nennen Sie mich Alex.«
»Oh, das geht nicht. Das kann ich nicht machen.«
»Gut«, sagte sie, »dann reden Sie mich eben in Gegenwart anderer mit Euer Ladyschaft an, aber nie, wenn wir allein sind. Sind Sie damit einverstanden, Scully?«
Schweigend kaute er sein Sandwich.
»Ich brauche einen Freund, Scully. Und Freunde müssen auf gleicher Ebene stehen.«
Er trank einen Schluck Tee, legte sein Sandwich auf den Teller und blickte sie an. Einen Moment lang glaubte sie, er würde seine Hand auf ihre legen.
»In Ordnung. Sie haben in mir einen Freund, Alex.«
22
A m letzten Tag im November informierte Reginald Alex, dass sie am Telefon gewünscht würde.
Es war das erste Mal, dass jemand sie anrief.
Oliver fuhr jede Woche für mehrere Tage nach London. Wenn er zu Hause war, ritt er das neue Pferd oder vertiefte sich in der Bibliothek in kunstgeschichtliche Werke. Beim Essen redeten weder er noch seine Mutter besonders viel.
Alex fragte sich, ob Scully sich wohl jemals mit Oliver oder dem Herzog beriet oder ob er alle Entscheidungen, die die Leitung des Besitzes betrafen, allein traf. Sie war froh darüber, dass Scully ihr beim Essen immer gegenübersaß, da er sich wenigstens mit ihr unterhielt.
Sie wusste nicht, ob er Oliver darüber informiert hatte, dass sie mit ihm im Pub gewesen war, aber auf jeden Fall hatte Oliver es erfahren und sie deswegen getadelt.
»Wie, um alles in der Welt, bist du nur darauf
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