Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
Vom Netzwerk:
Zofe brauchte, damit ihre Schrankkoffer endlich ausgepackt und ihre Sachen gebügelt werden konnten, aber sie fragte sich doch, warum Scully so überrascht wirkte.
    »Guten Morgen«, sagte sie. »Stimmt etwas nicht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, ich stelle mir nur gerade vor, wie die Leute auf Sie reagieren werden, wenn Sie das da tragen.«
    Sie blickte an sich herunter. »Was?«
    »Machen Sie sich keine Gedanken.« Er lächelte sie an. »Sie haben recht. Eine Frau in Ihrer Position kann alles tun, und die Leute werden Ihnen zugute halten, dass Sie Amerikanerin sind.«
    »Nun, dann kann ich ja alles tun, was ich möchte, nicht wahr?«
    »Viel Glück!« Er lächelte noch immer. »Soll ich Ihnen eine Tasse Tee einschenken?«
    »Gibt es keinen Kaffee?«
    »Ah ja, die Amerikanerin.« Er läutete, und kurz darauf betrat ein Zimmermädchen das Zimmer. »Können Sie Ihrer Ladyschaft eine Tasse Kaffee bringen?«
    »O ja, sofort«, erwiderte die junge Frau und knickste vor Alex. Sie rannte beinahe zurück in die Küche.
    »Du lieber Himmel, müssen denn alle ständig vor mir knicksen?«
    »Sie gewöhnen sich besser schon mal daran.«
    »In Amerika macht niemand vor jemand anderem einen Knicks.«
    »In Amerika haben Sie ja auch eine Demokratie. Hier gehören Sie zum Hochadel.«
    »Sie meinen eine Gesellschaftsschicht, in der niemand arbeitet.«
    Er lachte.
    »Nun ja, was tun mein Mann und mein Schwiegervater denn?«
    Scully nahm sich von dem grauen Porridge. Er sagte zwar nichts, aber sein ganzer Körper bebte vor unterdrücktem Lachen.
    Alex spähte in die Porridgeschüssel. »Gott, das sieht ja grässlich aus.«
    »Es bleibt in Ihrem Magen kleben.«
    »Wie Zement«, ergänzte Alex und nahm sich eine Portion.
    »Mit Sahne darüber geht es«, erklärte Scully und goss dicke Sahne über seinen Haferbrei.
    »Von unseren eigenen Kühen, nehme ich an?« Sie setzte sich ihm gegenüber. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nichts mit Kühen zu tun gehabt.
    »Jerseys. Eine der besten Herden in der ganzen Gegend.«
    »Was machen wir mit all der Milch?« So schlecht schmeckte der Porridge gar nicht, jedenfalls nicht, wenn man genügend Sahne darübergoss.
    »Wir verkaufen sie im Dorf. Wir haben unsere eigene Molkerei und machen Butter und Quark. Ich zeige es Ihnen später. Die Einkünfte sind beachtlich. Und dann bekommen wir noch Wolle von den Schafen.«
    Das Hausmädchen tauchte wieder auf und verzog entschuldigend das Gesicht. »Wir haben keinen Kaffee, Mylady.«
    »Kein Problem«, erklärte Scully. »Ich besorge welchen im Dorf.« Er blickte Alex an. »Ich werde mich darum kümmern, dass wir immer Kaffee im Haus haben.«
    »Kümmern Sie sich eigentlich um alles?«
    Er lächelte. »Nicht ganz. Ich sage es Reginald, und der gibt es an den Ladenbesitzer weiter, der von jetzt ab dafür sorgen muss, dass er immer Kaffee vorrätig hat. Nur heute kaufe ich schon mal so viel, dass Sie für die nächste Zeit Ihren Morgenkaffee bekommen.«
    »Wird in England denn kein Kaffee getrunken?«
    »Selten.«
    »In London gab es immer Kaffee.«
    »Dort haben sie ihn wegen des internationalen Publikums. London hat wenig mit dem Landleben zu tun.«
    »Das habe ich auch schon begriffen.«
    Er wartete, bis sie ihren Porridge aufgegessen hatte, und schlug dann vor, aufzubrechen. »Der Wagen steht vor der Tür, wenn Sie bereit sind.«
    »Geben Sie mir eine Viertelstunde.« Es kam ihr seltsam vor, ihre Entscheidungen selbst treffen zu können. Sie war fast neunzehn Jahre alt und noch nie für sich verantwortlich gewesen.
    »Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie möchten.«
    »Länger brauche ich nicht. Ich bin gleich wieder unten.« Als sie aus dem Fenster blickte, beschloss sie, zu der Jacke und den Handschuhen auch noch eine Mütze aufzusetzen. Es regnete zwar nicht, aber die bleigrauen Wolken hingen tief, und plötzlich fiel ihr ein, dass schon Oktober war. Aber sie würde sich von dieser düsteren Stimmung nicht anstecken lassen. Entschlossen setzte sie sich die Mütze auf und griff nach ihren Handschuhen. Dann lief sie hinunter in die Eingangshalle. Sie erlebte jetzt ein Abenteuer und würde das Beste daraus machen. Und als ersten Schritt würde sie sich anschauen, was ihrer neuen Familie gehörte. Welcher Besitz mit dem Geld ihres Vaters und ihres Großvaters gekauft worden war. Und als Nächstes würde sie ein Badezimmer einrichten lassen.
     
    Sie und Scully waren fast den ganzen Tag unterwegs, und Alex wurde überhaupt nicht müde.

Weitere Kostenlose Bücher