Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
Großmutter.«
Als der Taxifahrer uns abgesetzt hatte, fegte mir ein eisiger Wind die Haare ins Gesicht. Ich zog meinen Mantel eng um mich und sehnte mich nach Pete, einer Pizza und einem Glas Wein auf dem Sofa.
»Und rutsch nicht wieder aus«, warnte mich Rosie. Ich widerstand dem Impuls, mir die Ohren zuzuhalten, und folgte ihr durch den Eingang, eine Betontreppe hinab und schließlich in einen L-förmigen Raum mit niedriger Decke. So hatte ich mir immer eine Opiumhöhle vorgestellt.
Alles war in Rot getaucht – Wände, Böden und das unechte Ledermobiliar –, und auf den Tischen standen rosafarbene Lichter, die wie kleine radioaktive Behälter aussahen.
»Ich hole uns einen Drink«, brüllte Rosie, die sich hier ganz in ihrem Element zu fühlen schien.
Wir kämpften uns zur Bar durch, die sich über die gesamte Länge des Raums erstreckte. Ich hielt mich im Hintergrund, während Rosie mit einer Zwanzigpfundnote vor dem Barkeeper herumwedelte.
Ein augenscheinlich manischer DJ beherrschte die Tanzfläche, auf der sich unter einer Diskokugel die Körper verrenkten. Mit dem ›Hungry Horse‹, wo Pete und ich freitagabends gelegentlich aßen, hatte dies hier nichts zu tun.
»Super, oder?«, übertönte Rosie die Musik, drückte mir ein Glas in die Hand und ließ gekonnt die Hüften kreisen. Ihre Augen glänzten, als sie sich umschaute und alles in sich aufsog, und mir fiel auf, dass ich diese Seite noch nie bewusst an ihr wahrgenommen hatte. Ich kannte eher die Rosie, die die besten Jakobsmuscheln der Gegend zubereitete – sie war mal zur besten Nachwuchsköchin der Chiltern Hills gewählt worden – und unbedingt mit Glen ein Baby haben wollte.
In ihrem hautengen, violetten Kleid, das ihren Busen perfekt zur Geltung brachte, sah sie aber auch verdammt gut aus. Und ich war nicht die Einzige, die das bemerkte. Von allen Seiten erntete sie bewundernde Blicke. Daneben musste ich furchtbar altbacken wirken.
»Und was sollen wir jetzt anstellen?«, fragte ich und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Ich fühlte mich absolut fehl am Platze – wie jemandes Tante beim Rave.
»Sieh dich einfach ein bisschen um«, sagte Rosie, zog mich quer durch den Raum zu einem Tisch und stellte ihr Glas ab. Es war bereits leer, wie ich feststellte. »Und halte Ausschau, ob du Elliot irgendwo siehst.« Auf einmal stieß sie ein ohrenbetäubendes Gequieke aus. »Guck mal, da ist dieser Typ aus Eastenders! Der, der seine Schwester umgebracht hat.«
Sie kramte in meiner Tasche, bewaffnete sich mit Stift und Zettel und war schon in seine Richtung unterwegs, bevor ich sie zurückhalten konnte. Ich versuchte, mir das Lachen zu verkneifen, als er den Kopf schüttelte und entsetzt das Weite suchte.
»Er ist es, ganz bestimmt«, sagte sie unbekümmert, als sie zurückkam. »Vermutlich möchte er keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ich wette, er ist Widder.«
»Jetzt setz dich schon«, sagte ich und schaute mich nach einem Stuhl um, aber sie waren alle besetzt. An der Bar standen zwei Männer, die schon die ganze Zeit Blickkontakt mit uns aufzunehmen versuchten. Sie sahen aus, als hätten sie schon eine Ewigkeit nicht mehr geduscht und auch schon lange keine Frau mehr gesehen. Das hätte mir noch gefehlt, jetzt angequatscht zu werden.
»Ich bin doch nicht die ganze Strecke hierhergefahren, um mich jetzt in die Ecke zu hocken, Sash«, sagte Rosie und wippte rhythmisch mit dem Kopf, während sie den Raum inspizierte. Fast rechnete ich damit, dass sie jeden Moment auch noch ein Fernglas herauskramen würde. »Wir sind schließlich nicht zum Vergnügen hier, denk dran.«
Plötzlich erstarrte sie und stieß mich mit dem Ellbogen an. Mein Drink schwappte auf meine Schuhe.
»Da ist er, Sash!«
»Was?« Ich riss den Kopf herum und verrenkte mir den Nacken. »Wo?«
»Nicht so auffällig«, zischte sie, hielt mich am Arm fest und verschüttete dabei noch mehr von meinem Drink.
»Er sitzt in einem Sessel rechts hinter dir. Eine etwas ordinäre Blondine fläzt sich auf seinem Schoß. Er trägt einen Anzug und … o Gott, das muss man sich mal vorstellen … Flip-Flops. Er sieht absolut umwerfend aus!« Ihre Stimme schraubte sich zu einem begeisterten Quieken hoch.
»Na toll«, sagte ich matt. Was auch immer ich erwartet hatte, das war es jedenfalls nicht. »Mein angeblich Zukünftiger starrt öffentlich einer Frau zwischen die Beine und trägt Mädchenschuhe. Und mit dem soll ich seelenverwandt sein?«
»Hab dich nicht so«,
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