Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
werde.
»Mir wäre lieber, er täte es nicht«, sagte ich und verspürte Panik bei dem Gedanken, die Sache weiter voranzutreiben. »Und überhaupt habe ich beschlossen, dass mir im Grunde egal ist, was aus ihm wird.«
»Warum bist du dann hier?«, fragte sie und zog eine Augenbraue hoch.
»Das weißt du doch.« Ich wurde rot. »Weil es eine einmalige Chance für ›Dining In‹ ist.«
»Und deine beste Chance, ihm näherzukommen.«
»Ich will ihm nicht näherkommen, wie du es so schön formulierst«, sagte ich, aber sie war schon damit beschäftigt, über eine hochmoderne Gegensprechanlage unsere Ankunft anzukündigen. Das Tor schwang lautlos auf, und wir fuhren hindurch.
»Ist es nicht aufregend?«, sagte sie. Mir kam allmählich der Verdacht, dass sie die ganze Situation nur dazu nutzte, um sich von der Tatsache abzulenken, dass sie noch nicht schwanger war.
»Wie läuft’s eigentlich bei dir an der Heimatfront?«, fragte ich beiläufig. Nach einem kurzen angespannten Moment zuckte sie schließlich mit den Achseln.
»Ich glaube, Glen möchte eigentlich gar keine Kinder, um es mal so zu sagen.« Irgendetwas in ihrer Stimme riet mir, das Thema nicht zu vertiefen.
Aus der Nähe betrachtet ragte das Haus noch höher auf. Wir fuhren an einem eisblauen, auf Hochglanz polierten Jaguar vorbei.
»Hier, dein neuer Schlitten«, seufzte Rosie. Die vollständige Bereitschaft, mit der sie sich auf die Situation einließ, war verblüffend.
Zwei marmorne Engelchen thronten auf Podesten, die den Eingang zum Vorgarten säumten, und schienen auf uns herabzulächeln, als wir jetzt parkten.
»Wow. Stell dir mal vor, was für Partys ›Dining In‹ hier schmeißen könnte.« Rosie ließ sich von ihrer Fantasie mitreißen.
»Wir tun nichts anderes, als für Leute daheim Essen zu kochen, damit sie es nicht selbst tun müssen«, stellte ich klar.
Ich bemerkte, dass sich unser Lieferwagen in einem Fenster im unteren Stockwerk spiegelte, bis sich plötzlich der Vorhang bewegte und das Bild zerstörte. Man hatte uns entdeckt.
Ich strich mein Haar glatt, das sich weigerte, sich normal zu verhalten. Nie würde ich über den natürlichen Schick verfügen, den Rosie trotz ihrer gewaltigen Oberweite besaß. »Ich hoffe, unser Essen entspricht den Erwartungen«, sagte ich nervös, stieg aus und folgte Rosie die Treppe zur Eingangstür hinauf. Als sie beherzt an der altmodischen Klingel zog, hielt ich mich im Hintergrund.
»Natürlich wird es das«, sagte sie, als auch schon ein philippinisches Hausmädchen in einer altmodischen Uniform öffnete.
»Sasha Clayton und Rosie Miller von ›Dining In‹. Mr. Frobisher erwartet uns.« Rosies Selbstbewusstsein war wirklich bewundernswert, und ich fragte mich, was ich nur getan hätte, wenn sie nicht Zeugin von Elliots Auftritt in meinem Zimmer gewesen wäre. Ich bezweifelte, dass ich dann jetzt vor der Haustür seiner Eltern stehen würde.
Mit klopfendem Herzen lugte ich an dem Hausmädchen vorbei und erwartete fast, Elliot zu sehen. Stattdessen erblickte ich eine große, dünne, extravagant gekleidete Dame mit huschenden Augen unter sehr schmal gezupften Brauen. Ihr Haar war zu einem stahlgrauen Bob frisiert, der durch ein Cape mit lebhaftem Schottenkaro noch betont wurde.
Mit gehetztem Blick trat sie auf uns zu. »Kommen Sie, kommen Sie«, sagte sie, scheuchte das Hausmädchen beiseite und bat uns in eine geräumige Vorhalle mit einem geschwungenen Treppenaufgang in deren Mitte. Ein Kronleuchter hing wie ein Krake von der Decke. »Ich habe Sie schon erwartet. Mr. Frobisher wird jeden Moment hier sein.« Dann zog sie ein Monokel aus ihrer Reithose, hielt es ans Auge und musterte mich. Ihre Augen hatten exakt dieselbe Farbe wie die Elliots. »Kenne ich Sie irgendwoher, meine Liebe? Ich habe das Gefühl, dass wir uns schon einmal gesehen haben.«
Rosie packte meinen Arm. »Sind Sie medial veranlagt?«, fragte sie. »Sagen Sie uns doch bitte, was Sie sehen, Mrs. …?«
»Rosie!« Ich stieß sie heftig in die Seite, als das wettergegerbte Gesicht der Frau einen überraschten Ausdruck annahm.
»Ich heiße Beatrice«, sagte sie, steckte das Monokel weg und rückte ihre Fliege zurecht. »Und Sie sind wahrhaftig kein glücklicher Mensch, meine Liebe.« Sie blickte die völlig verdatterte Rosie an, und in ihrem Mundwinkel erkannte ich erneut Ähnlichkeit mit Elliot.
»Was reden Sie da?« Rosie reckte sich empört in die Höhe. Sie war viel kleiner als die alte Dame, und die beiden beäugten
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