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Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)

Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)

Titel: Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Clarke
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dort möchte sie ihren achtzigsten Geburtstag feiern?«
    »Im Mehrzwecksaal, denke ich.« Er wartete, bis der Passagierkurier mithilfe eines Lasergeräts den Fahrpreis abgebucht hatte und davongeradelt war, dann zeigte er auf ein offenes Fenster, hinter dem Luftballons zu sehen waren.
    »Gütiger Gott. Muss ich da wirklich rein?«
    »Natürlich nicht.« Elliot nahm mein Kinn in seine Hand. Mir fiel auf, dass wir noch nie so viel Zeit miteinander verbracht hatten. »Aber ich denke, Sie sollten es tun.«
    »Was ist das denn?« Meine Aufmerksamkeit wurde auf eine Frau gelenkt, die einen Rollator zur Tür schob und jetzt pausierte, um sich den Rücken zu kratzen, als hätte sie Flöhe. Das ausgebleichte Kleid mit dem gewellten Saum rutschte hoch und legte die Ränder der schief sitzenden Kniestrümpfe frei. »Wenn alle Bewohner so sind, begreife ich nicht, wie Vivienne hier gelandet sein kann«, sagte ich, als ich die Frau beobachtete, der jetzt das graue, verfilzte Haar ins Gesicht fiel.
    Elliot folgte meinem Blick. »Sasha«, sagte er. »Das sind Sie.«
    » WAS ?« Meine Augen schossen herum. Er wirkte todernst. »Bitte sagen Sie, dass das ein Scherz war.«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Das habe ich Ihnen doch beizubringen versucht. Erinnern Sie sich an das Foto?«
    Mein Mund wurde trocken. »Aber … wozu der Rollator?«
    »Der ist vermutlich von Ihrer Schwiegermutter.«
    »Heiliger Himmel.« Ich betrat den Weg zum Haus. Das musste ich mir aus der Nähe ansehen, auch wenn mir speiübel war. »Ich gehe hinein«, sagte ich und zuckte mit den Schultern, als würde ich mich für einen Kampf aufwärmen. »Kommen Sie mit?« Ich schaute mich um.
    »Das geht nicht«, sagte Elliot bedauernd. »Ich bin nicht eingeladen.«
    »Okay«, sagte ich schnippisch. Tränen standen mir in den Augen.
    »Ich werde auf Sie warten, das verspreche ich Ihnen.« Mit seinen Augen sprach er mir Mut zu. »Aber nun machen Sie schon, bevor ich meine Meinung ändere und Sie sofort nach Hause schicke.«
    Ich streckte den Rücken durch, marschierte zum Eingang hoch und betrat das Gebäude. Die Frau am Empfang schaute auf, als ich vorbeiging, und wandte sich dann wieder ihrer Zeitschrift zu. Ich trat an den Tresen, streckte ihr die Zunge heraus und hielt ihr zwei Finger vors Gesicht.
    »Was bilden Sie sich denn ein?«, fragte sie zutiefst schockiert, und sofort fiel mir wieder ein, dass ich nur für Leute, die ich in der Gegenwart kannte, unsichtbar war.
    »O Gott. Das tut mir leid«, sagte ich und wurde dunkelrot im Gesicht. »Mein … äh … Cousin hat gesagt, ich soll das tun. Wir haben gewettet. Einen Zehner.«
    »Einen Zehner?«
    Verdammt. Ein Zehner war vielleicht gar nichts mehr wert in diesen Zeiten.
    »Tausend Pfund. Wir haben um tausend Pfund gewettet«, stotterte ich, und ihre Augenbrauen wuchsen zusammen.
    »Sie meinen Euro?«
    »Ach so, natürlich. Hundert … tausend Euro.«
    »Einhunderttausend Euro.« Die Furchen in ihrer Stirn wurden tiefer. »Das ist ja wahnsinnig viel Geld, Miss …?«
    »Clayton … Treadwell.« Innerlich stöhnte ich.
    »Miss Clayton-Treadwell.« Sie fuhr mit dem Finger über eine Liste. »Die Feier der Treadwells ist im Mehrzwecksaal am Ende des Gangs«, sagte sie und verlor schlagartig das Interesse an mir. »Vivienne ist heute gut drauf.« Das klang nach einer versteckten Warnung.
    In dem dringenden Bedürfnis, so schnell wie möglich wieder von hier fortzukommen, eilte ich den Gang hinunter und öffnete die Tür an dessen Ende. Musik dröhnte mir entgegen – eine ohrenbetäubende Mischung aus Dudelsäcken und Steel Drums. Niemand schaute sich nach mir um, also schlüpfte ich schnell hinein und stellte mich mit dem Rücken zur Wand hinter eine Säule. Sollte mich irgendjemand sehen, könnte ich mit voller Berechtigung behaupten, dass ich zur Familie gehörte.
    »… und ihre Haut hat sich wie Tapete abgelöst«, sagte jemand. Gelächter erfüllte den Raum, der erstaunlich stilvoll eingerichtet und mit blauen und weißen Luftballons geschmückt war. Jenseits der mit Tellern übersäten Tische befand sich eine erhöhte Tanzfläche. Dort standen die Gäste in Grüppchen zusammen und hielten Gläser in der Hand.
    Als ich meinen Blick schweifen ließ, erkannte ich Mum. Sie saß am Fenster und wirkte verloren. Irgendwie schien sie geschrumpft zu sein. Ihre Kleider schlackerten um sie herum, als wäre sie selbst beim Waschen eingelaufen. Jetzt fiel bei mir der Groschen, und ich schaute mich nach Dad um, konnte ihn

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