Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
passiert.«
»Du hast meine Dahlien niedergemäht.«
»Du hast mich gebeten, sie zu stutzen.«
»Meine Damen«, sagte Pete und fuchtelte herum, als die Tür aufgerissen wurde. Alle hielten die Luft an.
»Tut uns leid, dass wir zu spät sind.« Rosie schneite herein und drückte ein Baby mit einem braunen Haarschopf an die Schulter. Mein Herz zog sich zusammen. Sie sah übertrieben gelackt aus mit ihrem karamellfarben gesträhnten Haar und den glänzend roten Zehennägeln, die aus hochhackigen Sandalen herausschauten. Und dann trug sie auch noch einen knielangen Wildlederrock und eine klobige goldene Kette, mit der sie sich früher im Traum nicht hätte blicken lassen.
»Glen saß in einem Gespräch mit den Produzenten fest, um einen neuen Vertrag auszuhandeln. Ich dachte, wir würden überhaupt nicht mehr wegkommen.« Sie beugte sich vor, hauchte Küsschen auf Viviennes Wangen und musste husten, als ihr eigenes schweres Parfüm dabei aufstieg. »Aber wir haben es geschafft, nicht wahr, mein Liebling?«
Glen, der ihr gefolgt war, sah in Anzug und Krawatte ziemlich weltmännisch aus. Sein schütteres Haar war gekonnt aufgebauscht. Darunter saß eine rote Trinkernase. »Zwanzig Uhr – Rosie daheim in Ihrer Küche .« Er lehnte sich zurück, um die Reaktion des Publikums abzuwarten. Alle klatschten. » BBC 12.«
Anerkennendes Gemurmel.
»Schätzchen, ich habe es schon immer gewusst, dass du ganz groß rauskommen würdest«, säuselte Vivienne und war plötzlich wie verwandelt. »Vor allem seit du nicht mehr mit – du weißt schon, wem – zusammenarbeitest.« Sie nickte zu meinem zukünftigen Selbst hinüber.
»Nun, ich versuche immer noch, sie mit an Bord zu holen, nicht wahr, Sash?«, sagte Rosie und setzte das Baby auf ihre schmale Hüfte. »Sie ist Steinbock. Nicht wild auf Scheinwerferlicht, die Glückliche.«
»Darf ich Paprika mal halten?«, fragte mein zukünftiges Ich, das Rosies herablassenden Tonfall gar nicht beachtete. Der sehnsüchtige Blick trieb mir die Tränen in die Augen.
»Natürlich, meine Liebe.« Sie drückte mir das Baby in den Arm, und ich hielt es ganz fest, schaute ihm in die tiefbraunen Augen. »Nächste Woche fahren wir übrigens nach Kroatien, um die Leihmutter zu besuchen, nicht wahr, Glen?«
»Mhm?« Glen hatte den Mund voll Kuchen und schaute sich um. Extrem bei der Sache schien er nicht zu sein.
»Hast du schon ein Loch in die Kondome gestochen?«, fragte sie und nickte zu Pete hinüber, der schleunigst wieder zu Becky zurückgekehrt war.
Ich schaute mich um und entdeckte die beiden auf der Tanzfläche. Die Musik hatte gewechselt, und Pete wirbelte Becky herum wie einen Kreisel. Selbst bei Britain’s Got Talent würden sie eine gute Figur machen, und ich wurde von Eifersucht zerfressen.
Mich hatte Pete nie so herumgewirbelt. Okay, mein Tanzstil sah auch eher so aus, dass ich still in der Ecke der Tanzfläche stand, aber er hätte es wenigstens mal versuchen können. »Dieses altmodische Zeug ist nichts für mich«, sagte er und schwang die Hüften. »Macht mal ein bisschen Crango!« Crango?
»Wir haben gar keinen Sex mehr«, sagte mein zukünftiges Ich, reichte Rosie das Baby sichtlich widerstrebend zurück und rülpste in die Faust. »Jetzt ist es sowieso zu spät.«
»Dann versuch es doch auch über die Adoptionsschiene, wie wir.« Sie lächelte Glen an. Der beglückte gerade Vivienne mit einer Geschichte von einem Promi, der einen Affen adoptiert hatte und ihm das Schreiben beibringen wollte. Dass Rosie etwas zu ihm gesagt hatte, schien er gar nicht wahrzunehmen. »Das ist eine solche Bereicherung. Und lass ihn nicht immer mit diesem Becky-Biest herumhängen.« Irgendetwas an der zukünftigen Rosie gefiel mir nicht. Sie war anders, härter. Das war nicht die Rosie, die ich kannte.
Ich schaute mich nach Mum um und war mit einem Mal wahnsinnig wütend. Sie saß immer noch auf ihrem Stuhl am Fenster und hielt einen Teller in der Hand. Aus ihrem Haarknoten hatten sich ein paar Strähnen gelöst, als würde sie von oben angefangen allmählich aufribbeln. Dad konnte ich immer noch nicht entdecken.
Pete flirtete jetzt heftig mit Becky, beide Hände auf ihrem Hintern. Als sie ihre Hand hob und sein Gesicht berührte, nahm er ihre Finger und drückte sie an seine Wange.
Er wirkte glücklich. Seine Augen leuchteten, als er sie anschaute. Mehr als glücklich.
War er verliebt?
Ein elendes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit.
»Ich muss hier weg«, sagte ich,
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