Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
glauben etwas wiederzuerkennen oder etwas erscheint uns vertraut, obwohl wir es noch nie gesehen haben. Es gibt viele Erklärungsmodelle für dieses Phänomen, mit der Synchronisation lässt es sich am leichtesten erklären: Reize aus der Umgebung gelangen in das Gehirn und es kommt zu einer Mustervervollständigung, obwohl das betreffende Objekt noch nie zuvor gesehen wurde, die Hebbsche Lernregel – vom Zustandekommen des Lernens in neuronalen Netzwerken – auf dieses Objekt also nicht zutrifft. Eigentlich sollte es zu keiner Synchronisation kommen. Warum es trotzdem zu einer Synchronisatin kommt, ist eine Frage der Statistik. Im menschlichen Gehirn werden täglich so viele Verbindungen verstärkt, dass es auch einmal zu einer Fehlschaltung kommen kann. Interessanterweise tritt gerade bei Personen mit Psychosen, Neurosen oder Personen mit Drogenmissbrauch dieses Phänomen häufig auf.
Gehirn
Das menschliche Gehirn wiegt ungefähr 1300 Gramm, es besteht aus 100 Milliarden Neuronen mit rund 100 Billionen Verbindungen. 90 Prozent des Gehirns bestehen aus Gliazellen, die vor allem für die Energieversorgung der Neuronen verantwortlich sind.
Das menschliche Gehirn kann in zwei wesentliche Strukturen unterschieden werden: in die Großhirnrinde und in die Kerne. In der Großhirnrinde werden die Signale der Rezeptoren (Augen, Haut und Ohren) verarbeitet und gespeichert. Dort werden auch Entscheidungen getroffen. Die Kerne, die sich im Inneren des Gehirns befinden und nur ein paar Millimeter groß sind, können die Großhirnrinde beeinflussen. So sorgen sie für Aufmerksamkeit oder auch eine emotionale Tönung des Erlebens.
Abb. 9: Eine MRT-Aufnahme des Gehirns.
Kerne können ebenfalls die Synchronisation beeinflussen, also unterbinden oder erleichtern. Manche Gedanken können dann leichter gedacht werden als andere. Beeinflusst wird aber nur die Bildung von Mustern und nicht der Inhalt des Gedankens.
Ob Sie sich mit dem Gedanken „Die Raumzeit ist gekrümmt“ leichter tun als mit „Geh scheißen!“, hängt nicht von diesen Kernen ab, sondern von der Gedankenwelt, in der Sie sich bewegen. Ein Astrophysiker wie Heinz Oberhummer, der sich sein ganzes Berufsleben mit dem Universum beschäftigt hat, wird sich mit der Raumzeit eventuell leichter tun. Wetten würde ich aber nicht drauf.
Wenn das Gehirn nicht funktioniert, muss es aber natürlich nicht immer Epilepsie sein. Es kann auch Schizophrenie sein, auf die wir in Kapitel 5 näher eingehen werden, und vieles andere mehr. In unseren Breiten ist mit steigender Lebenserwartung sehr oft Alzheimer schuld. Genauer die Alzheimer-Krankheit, noch genauer Demenz. Alzheimer kann man nämlich erst post mortem feststellen, und da greift dann in der Regel keine Therapie mehr.
Es gibt viele verschiedene Formen von Demenz, ziemlich alle haben aber gemeinsam, dass wesentliche Funktionen des Gehirns wie Gedächtnis, Denken, Orientierung, Lernfähigkeit und Urteilsvermögen mehr oder weniger stark beeinträchtigt sind.
Demenz ist nach wie vor nicht heilbar, oft nicht einmal behandelbar – es gibt im Moment noch keine wirklich funktionierende Therapie. Die Forschung auf dem Gebiet läuft auf Hochtouren, und eine Zeitlang hat es so ausgesehen, als ob ausgerechnet Suchtgifte die Rettung sein könnten. Koffein und Nikotin schienen sich gut für die Behandlung zu eignen. Das hätte geheißen, Kaffeejunkies und Kettenraucher wären vor Alzheimer sicher gewesen. Aber, so einfach ist es leider nicht. Die gute Nachricht ist, Koffein scheint Alzheimer nicht nur vorzubeugen, sondern sogar Gedächtnisprobleme rückgängig machen zu können. Koffein stoppt die Produktion von Beta-Amyloid im Gehirn. Beta-Amyloid ist ein Eiweißfragment, das im Gehirn die Plaques bildet, die typischen Alzheimer-Ablagerungen. Wenn man viel Kaffee trinkt, hört die Plaquebildung auf, oder bereits entstandene Ablagerungen verschwinden wieder. Rund fünf Tassen täglich – je nachdem, wie stark gebraut – sollten für die notwendige Koffeinmenge genügen.
Das heißt: zum Frühstück ein, zwei Tassen Kaffee trinken, dann schnell eine rauchen, und dann kann man sich freuen, dass man nie Alzheimer bekommen wird? Leider nein, das ist die schlechte Nachricht, vor allem für Raucherinnen und Raucher: Bei Nikotin weiß man nicht genau, ob es gegen Alzheimer hilft oder nicht, da kann man diesbezüglich momentan noch gar nichts Sicheres sagen. In der Schule heimlich aufs Klo rauchen gehen wird also auch
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