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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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weit genesen, dass sie das Krankenhaus verlassen durfte. Sie hatte kaum Schmerzen, da Dr. Larch kurz zuvor mit entschlossenem Gesichtsausdruck bei ihr aufgetaucht war und ihr ein paar Schmerztabletten gegeben hatte, damit es nicht zu schlimm für sie würde. Sie ging zwar noch gebückt wie ein altes Weib, aber ihre Augen waren klar, ihre Stimmung gut.
    Sherlock hatte bei Dr. Larch nachhaken wollen, was es damit auf sich hatte, dass Lilys Schmerzmitteldosis auf Anweisung von Dr. Frasier drastisch gesenkt worden war, aber Savich hatte abgewinkt. »Nein, damit warten wir noch ein bisschen«, meinte er.
    »Nichts Brauchbares mehr auf dem Recorder«, beschwerte sich Sherlock, während sie die kleine Wanze unter der Bettkante entfernte. Lily war nebenan und nahm ein Bad. »Nicht mal irgendwelcher Krankenhausklatsch.«
    Zehn Minuten später sagte Savich, während er seine Schwester im Rollstuhl zum Aufzug schob: »Ich habe Tennyson gesagt, dass Sherlock und ich dich zu deiner neuen Psychiaterin bringen. Er war gar nicht glücklich darüber, meinte, er kenne die Frau doch gar nicht, wer weiß, ob sie überhaupt etwas taugt. Vielleicht würde er bloß sein Geld zum Fenster rauswerfen und du würdest noch depressiver werden. Hab ihn schwafeln lassen und ihm dann mein ganz spezielles Lächeln verpasst.«
    »Dieses Lächeln«, warf Sherlock ein, »heißt übersetzt so viel wie Folgendes: Wenn du dich mit mir anlegst, Bürschchen, werden dir anschließend sogar die Zehennägel wehtun«.
    »Na, jedenfalls hat ihm sein ganzes Gejammer nix genützt, denn am Ende konnte er doch nichts dagegen tun. Hat noch mal versucht, mich davon zu überzeugen, dass du unbedingt zu diesem Dr. Rossetti gehen solltest. Ich frage mich wirklich, warum er diesen Kerl für den absoluten King hält.«
    »Ganz meine Meinung. Er ist einfach schrecklich.« Lily schüttelte sich. »Heute Vormittag ist er noch mal aufgetaucht. Die Schwester hatte mir gerade die Haare gewaschen, also war ich einigermaßen präsentabel und hab mich gut genug gefühlt, es mit ihm aufzunehmen.«
    »Und? Was hat er gesagt?«, fragte Sherlock gespannt. Sie trug Lilys kleine Reisetasche. Savich schob den Rollstuhl in den Aufzug und drückte auf den Knopf. Sie waren die Einzigen im Lift.
    Lily erschauderte abermals. »Ich denke, er hat vorher mit Tennyson geredet, denn er hat’s plötzlich mit einer anderen Taktik versucht. Hat sich regelrecht angebiedert, zumindest anfangs. Als er sich reinschlich – ja, er hat sich wirklich zu mir reingeschlichen –, hat mir Schwester Carla Brunswick gerade die Haare gefönt.«
    Schwester Brunswick sah ihn an und sagte einfach nur: ›Doktor.‹
    ›Lassen Sie uns einen Moment allein, Schwester, ich danke Ihnen‹, meinte er dann.
    Und ich sagte darauf: ›Ich will nicht, dass Schwester Brunswick geht, Dr. Rossetti. Ich will, dass Sie gehen.‹
    ›Ich bitte Sie nur um eine Minute, Mrs. Frasier, nicht mehr. Ich fürchte, wir haben auf dem falschen Fuß angefangen, als ich das erste Mal hier war. Sie kamen gerade aus dem OP, es war einfach noch zu früh für ein Gespräch. Ich bitte Sie nur um ein paar Minuten Ihrer Zeit.‹
    Schwester Brunswick lächelte mich an, tätschelte meine Hand und verließ das Zimmer.
    ›Wie ich sehe, habe ich wohl kaum eine Wahl, Russell. Was wollen Sie?‹
    Falls es ihn ärgerte, dass ich ihn erneut beim Vornamen nannte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Lächelnd trat er zu mir ans Bett, stand dann dort und blickte auf mich herunter. Ich sah seine Hände an; an den dicken weißen Wurstfingern steckte nun ein fetter Ring – ein protziger Diamant, an seinem kleinen Finger! Ich wünschte, ich hätte Kraft genug gehabt, ihn rauszuwerfen.
    Und sogleich fing er wieder an mit seiner Litanei: ›Ich wollte nur mit Ihnen reden, Mrs. Frasier – Lily. Vielleicht kommen wir ja besser miteinander aus, vielleicht könnten Sie mir doch noch Ihr Vertrauen schenken, sich von mir helfen lassen.‹
    ›Nein.‹
    ›Haben Sie Schmerzen, Lily?‹
    ›Ja, Russell, ich hab Schmerzen.‹
    ›Möchten Sie, dass ich Ihnen ein leichtes Antidepressivum gebe?‹
    ›Mir tun die Rippen weh, und mir wurde die Milz rausgenommen, das reicht ja wohl.‹
    ›Ja, ohne Zweifel werden diese Schmerzen Ihre anderen noch ein Weilchen länger überdecken.‹
    ›Das will ich doch hoffen.‹
    ›Mrs. Frasier – Lily –, möchten Sie nicht einmal zu mir in die Sprechstunde kommen, vielleicht nächsten Montag? Dann hätten Sie noch eine

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